ORF-Stiftungsrat: Verfassungsdienst teilt Armin Wolfs Meinung nicht

Armin Wolf
ORF-Journalisten kritisierten Bestellungsprozedere. Verfassungsjuristen winken ab

Überlegungen von ZiB2-Moderator Armin Wolf zur Besetzung des ORF-Stiftungsrates als „offenkundig verfassungswidrig“ werden vom Verfassungsdienst im Bundeskanzleramt überhaupt nicht geteilt. Das machte der Journalist nun auf seinem Blog öffentlich.

Wolf und tags darauf die ORF-Redakteursräte hatten jüngst das Bestellungsprozedere für den 35-köpfigen Stiftungsrat heftig kritisiert. Die Mitglieder des obersten ORF-Aufsichtsorgans werden von der Regierung (9), Parlamentsparteien (6), Bundesländern (9), dem Publikumsrat (6) und dem ORF-Zentralbetriebsrat (5) beschickt und Mitte Mai, nach Ablauf der vierjährigen Amtsperiode, neu bestellt. Eine Mehrheit von Stiftungsräten, die der aktuellen grün-türkisen Koalition zurechenbar sind, wird gegeben sein. Das Prozedere ist im Wesentlichen seit dem Rundfunkgesetz von 1974 gleich.

Wolf und die Redakteursräte stützten ihre Einschätzung auf ein Zitat des jetzigen Präsidenten des Verfassungsgerichtshofs (VfGH), Christoph Grabenwarter. Dieser hielt in einem gut 200 Seiten umfassenden wissenschaftlichen Kommentar zum deutschen Grundgesetz vor einigen Jahren fest, dass nach Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) - die in Österreich im Verfassungsrang steht - verschiedene politische Strömungen möglichst vielfältig in den Rundfunkorganen vertreten sein müssen. „Herrscht in den Organen eine zu große Mehrheit von Vertretern der Regierungspartei(en), wird Artikel 10 EMRK verletzt". Grabenwarter bezog sich, wie aus der Fußnote erkennbar ist, auf die Rechtssache Manole gegen Moldawien von 2009. In dem Verfahren vor dem Europäischen Menschenrechtsgerichtshof ging es um den unmittelbaren Einfluss der damals alleinregierenden kommunistischen Partei auf die redaktionelle Arbeit der Journalisten im staatlichen Fernsehen TRM.

Die Juristen des Verfassungsdienstes kommen nun in einer „Information für die Bundesministerin“ (Susanne Raab, Anm.) zu dem Schluss, „dass das aus dem Gesamt­zusammenhang herausgerissene Zitat dem Autor des Gesetzeskommentars eine Rechtauffassung zum ORF‑Gesetz unterstellt, die dieser gar nicht geäußert hat.“ Die österreichische Situation sei „in keiner Weise vergleichbar“. Kanzler-Sprecher Daniel Kosak hatte die Stellungnahme dem ORF-Journalisten auf dessen Anfrage hin zur Verfügung gestellt.

Schon zuvor hatte Klaus Poier, steirischer Stiftungsrat und Verfassungsjurist, in den SN die Ausführungen Wolfs als "Fehlinterpretation" bezeichnet.

Der Politologe Wolf findet in dieser Rechtsfrage die Einschätzung der Verfassungsjuristen übrigens „nicht sehr überzeugend“.

Seitens des Verfassungsgerichtshofes gibt es keine Stellungnahme.

Quelle: Blog Armin Wolf

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