ORF-Schwerpunkt: Gedenken an Novemberpogrome 1938 und „Das jüdische Wien“
            
            Danielle Spera führt in ORF III auf sehr persönliche, unaufgeregte Weise durch „Das jüdische Wien“
Zum Gedenken an die Pogrome in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 zeigt der ORF diese Woche einen großen multimedialen Programmschwerpunkt. ORF 2, ORF III, Ö1 und ORF ON widmen sich in teils neu produzierten Dokumentationen sowie Spielfilmen den Opfern des Nazi-Terrors sowie den Ursachen und Folgen des Antisemitismus – bis in die Gegenwart.
Ein besonderes Augenmerk gilt dabei, ab Dienstag auch der jüdischen Geschichte der Bundeshauptstadt. „Wien war immer schon auch eine jüdische Stadt. Vieles davon ist heute sehr lebendig, vieles aber für immer verloren“, sagt Danielle Spera im Zweiteiler Das jüdische Wien. Die frühere „ZIB“-Moderatorin und ehemalige Direktorin des Jüdischen Museums erzählt vom facettenreichen Leben der jüdischen Community. Die von Susanne Pleisnitzer gestaltete Produktion öffnet dafür Türen, die vielen sonst verschlossen bleiben, und räumt unaufgeregt auch mit antisemitischen Klischees auf. Die Premiere des Zweiteilers findet am 4. November 2025 (Teil 1) und 11. November 2025 (Teil 2) jeweils um 20.15 Uhr in ORF III statt.
            
            
            „Wien war immer auch schon eine jüdische Stadt", sagt Danielle Spera, die frühere Direktorin des Jüdischen Museums
Zusammenhänge zeigen
„Rund um den Jahrestag der ,Reichspogromnacht‘ wollen wir historische Zusammenhänge sichtbar machen und den Dialog über unsere gemeinsame Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft lebendig halten“, sagt ORF III-Programmgeschäftsführer Peter Schöber. „Gerade in einer Zeit, in der antisemitische Haltungen wieder spürbar zunehmen, ist es unsere Verantwortung als öffentlich-rechtlicher Sender, Zeichen gegen Ausgrenzung, Hass und insbesondere Antisemitismus zu setzen sowie für Respekt und Zusammenhalt einzutreten.“ Diese Produktion, zu der Spera ihr Fachwissen eingebracht habe, sei daher „weit mehr als eine historische Dokumentation, sie ist ein Beitrag zur Bewusstseinsbildung und ein klares Bekenntnis zur historischen Verantwortung."
- Teil 1 (4. November): Fokussiert auf jüdisches Hochzeits- und Familienleben, religiöse Praxis (insbesondere in der Leopoldstadt), Wirtschaft und Mäzenatentum (Zedakah) sowie Große Töchter und Söhne Wiens (u.a. Sigmund Freud, Arthur Schnitzler, Hedy Lamarr).
 - Teil 2 (11. November): Behandelt Jüdische Festtage, die Jüdischen Speisegesetze (Kaschrut), die Rolle der Frau (Salonnièren), die Diaspora und die Jüdische Gedenkkultur in Wien (Steine der Erinnerung).
 
Zu weiteren ORF III-Premieren bei dem umfangreichen Schwerpunkt zählt etwa heute ein Besuch von Karl Hohenlohe im Jüdischen Museum Wien in der Reihe Aus dem Rahmen (22.40) und eine Folge von Geschichte Heute – Österreichs vertriebene Genies (Samstag, 19.50). Darin sprechen Expertinnen und Experten über den gezielten Angriff des Nationalsozialismus auf die Universitäten, die Biografien der Opfer und was die Vertreibung des Wissens später für das Land bedeutete.
            
            
            Ebenfalls am Dienstag arbeitet in ORF 2 (23.05, ORF2) der Wiener Filmemacher Peter Mahler in einer Erstausstrahlung seine komplexe Famliengeschichte ab. Hier zeigten „sich die Widersprüchlichkeiten vieler Familien nach dem Zweiten Weltkrieg, die sich hinter einer Mauer des Schweigens verbargen. Eben diese Mauer möchte ich mit dem Film durchbrechen“, meint Mahler.
Doku-Premieren in ORF2
„kreuz & quer: Eine Familie – Zwei Welten“
- Sendedatum und -zeit: Dienstag, 4. November 2025, 23.05 Uhr, ORF 2 und ORF ON
 - Inhalt: Filmemacher Peter Mahler sucht nach Spuren in seiner Familiengeschichte, die zwei extreme Pole vereint: Ein jüdischer Großvater (Peter), der als Kind in die USA flüchten musste, und ein anderer Großvater (Joachim), der als SS-Mann aktiver nationalsozialistischer Judenverfolger war.
 - Thema: Der Film konfrontiert Verwandte in Österreich und Deutschland mit der Frage, wie der SS-Mann ein sympathisch wirkender Opa sein konnte, und beleuchtet die Mauer des Schweigens nach dem Zweiten Weltkrieg. Emotionale Momente sind Auszüge aus Briefen der Urgroßmutter über Angst und Terror auf der Flucht.
 
„Der Passfälscher – Widerstand im Untergrund“
- Sendedatum und -zeit: Freitag, 7. November, 22.35 Uhr, ORF 2
 - Inhalt: Erzählt die Geschichte des jungen deutschen Juden Cioma Schönhaus, der 1943 im Berliner Untergrund lebte und Ausweise für verfolgte Juden fälschte. Der Film nutzt Original-Tonaufnahmen von Schönhaus.
 - Thema: Der jüdischer Widerstand und das Überleben im NS-Untergrund.
 
„Die Hüterin der Erinnerung – Daliah Hindler“
- Sendedatum und -zeit: Sonntag, 9. November, 12.30 Uhr, ORF 2
 - Inhalt: Daliah Hindler bei ihrer Gedenk- und Erinnerungsarbeit in Wien, insbesondere bei der Verlegung der „Steine der Erinnerung“ (Gedenksteine für die Opfer des Holocaust).
 - Thema Das Nie-Vergessen der Opfer der NS-Verfolgung und jener die Wien an den Holocaust verloren hat.
 
            
            
            Oscar-gekröntes Werk: Der deutsche Industrielle Oskar Schindler versucht mit Hilfe einer Liste seines Buchhalters Itzhak Stern "seine" Zwangsarbeiter vor ihrem Schicksal im Konzentrationslager zu bewahren. Im Bild: Liam Neeson (Oskar Schindler), Ben Kingsley (Itzhak Stern).
Weitere Produktionen
Der Antisemitismus durchzieht die Jahrhunderte wie eine Seuche, das zeigen Robert Gokls Produktionen in ORF2: Er zeigt in Menschen & Mächte: Alter Hass, neuer Wahn – Antisemitismus – Geschichte eines tödlichen Vorurteils (Freitag, 23.20) sowie in der Dokumentation Alter Hass, neuer Wahn – Antisemitismus nach 1945 (Sonntag, 23.05) Ursachen und Folgen des gewalttätigen Antisemitismus und dokumentiert, wie antisemitische Vorurteile und Judenhass nach 1945 weiterwirkten. Erschreckende Aktualität erhält das Thema Antisemitismus durch die heftigen Diskussionen rund um den Angriff der Hamas auf Israel im Oktober 2023 und den folgenden Krieg Israels gegen die Hamas im Gazastreifen.
Zu den fiktionalen Klassikern im Rahmen des Programmschwerpunkts gehören der Fernsehfilm Martha Liebermann – Ein gestohlenes Leben (Mittwoch, 0.10 Uhr) von Marco Rossi über die Witwe des Malers Max Liebermann mit Thekla Carola Wied als jüdische Titelheldin. In Steven Spielbergs Oscar-gekröntem Meisterwerk Schindlers Liste (Freitag, 7. November, 0.10 Uhr) ist Liam Neeson in der Rolle des deutschen Industriellen Oskar Schindler zu sehen, der in der NS-Zeit seine Position und guten Beziehungen zum Militär dazu nützte, mit Hilfe seines Buchhalters Itzhak Stern (Ben Kingsley) mehr als 1.000 jüdische Arbeiterinnen und Arbeiter vor dem sicheren Tod im Konzentrationslager zu bewahren.
Ö1 hinterfragt u. a. die Erinnerungsarbeit ohne Zeitzeugen in Punkt eins: Wie kann man nach 80 Jahren über den Holocaust sprechen? (Freitag, 13.00) mit Patrick Siegele, Bereichsleiter „Holocaust Education“ bei OeAD – Österreichs Agentur für Bildung und Internationalisierung.
Am Samstag steht Operation Epsilon und die Mutter der Atombomben auf dem Programm der Hörbilder (9.05 Uhr). In dem Feature dokumentiert Susanne Ayoub die Internierung zehn deutscher Atomwissenschafter im April 1945, kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs.
Auch im Rahmen des ORF.at-Netzwerks und des ORF Teletext wird an die Novemberpogrome erinnert und über Gedenkveranstaltungen informiert. Sendungen des TV-Schwerpunkts werden auf ORF ON im Stream (inkl. Video-Kollektion) bereitgestellt, außerdem sind im Videoarchiv „Österreichs Zeitzeuginnen und Zeitzeugen“ zahlreiche historische Aufnahmen, Dokumentationen und persönliche Erinnerungen verfügbar.
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