ORF-Gremienreform: Für Doskozil nur ein "Minimalkompromiss"

ORF-Gremienreform: Für Doskozil nur ein "Minimalkompromiss"
Mit der Entscheidung des VfGH "wurde dem Gesetzgeber ein Spielraum geöffnet, der jetzt nicht annähernd ausgeschöpft wird".

Für den burgenländischen Landeshauptmann Hans Peter Doskozil, der seinem Gang vor den Verfassungsgerichtshof die heute von der Regierung vorgelegte Gremienreform im ORF angestoßen hat, ist die nunmehrige Lösung nur ein "Minimalkompromiss". Mit der Entscheidung des VfGH "wurde dem Gesetzgeber ein Spielraum geöffnet, der jetzt nicht annähernd ausgeschöpft wird", hieß es aus dem Büro des Landeshauptmanns zum KURIER.

"Die nun vorliegende Novelle erfüllt lediglich die verfassungsrechtlichen Mindestanforderungen" und "kann nur der Einstieg in eine grundlegende, große ORF-Reform sein, die zu einer nachhaltigen Entpolitisierung führen muss", hieß es weiter. Man werde "den Umgang der Regierung mit diesem Thema daher weiter genau beobachten". Fairerweise müsse man sagen, dass die neue Bundesregierung nur "sehr wenig Zeit hatte, die Entscheidung des VfGH innerhalb der vorgegebenen Frist umzusetzen - ein großer Wurf war daher nicht zu erwarten. Dass 17 Monate ungenutzt verstrichen sind, ist vor allem der Vorgängerregierung anzulasten – und da wieder der ÖVP, die offenbar aus rein taktischen Gründen abwarten wollte, in welcher Koalitionsoption sie dieses heiße Eisen anpacken kann." 

Man erneuerte die Kritik an dem bisherigen Umgang mit dem ORF: "Es darf nicht vergessen werden, dass der Auslöser unserer Klage die Sideletter der von Sebastian Kurz geführten Regierungen waren, die zurecht als Angriffe auf die Unabhängigkeit des ORF kritisiert wurden." Der vom Burgenland entsandte Stiftungsrat Christian Kolonovits  gehöre keinem „Freundeskreis“ an.

Viel Kritik

Naturgemäß kritisch sieht die Opposition die Einigung in der Koalition. FPÖ-Mediensprecher Christian Hafenecker sprach in einer Aussendung von einem "Freifahrtschein" für ein "'Weiter wie bisher' in der Systempropagandaanstalt" und Grünen-Mediensprecherin Sigrid Maurer von einem "Minimalkompromiss ohne echte Reformen". 

Hafenecker vermisste Einsparungen, Reformen "in Richtung Objektivität" und eine ersatzlose Abschaffung der "ORF-'Zwangssteuer'". Mit den Änderungen der Neubestellungsmöglichkeiten im Stiftungsrat versuche die "Verlierer-Ampel" außerdem ihre Mehrheit auch nach einem allfälligen Regierungswechsel "einzuzementieren". Der FPÖ-Generalsekretär spielt hier darauf an, dass künftig Stiftungsräte nach Wahlen nicht mehr einfach ausgetauscht werden können - tatsächlich ist es aber eine Forderung des Verfassungsgerichtshofs in seinem Erkenntnis. Änderungsmöglichkeiten nach Wahlen gibt es künftig deshalb nur für Stiftungsräte der Parteien und des ORF-Zentralbetriebsrats.   

Maurer kritisierte wiederum, dass der politische Einfluss der Bundesregierung im neuen Gesetz nicht zurückgedrängt, sondern nur in Richtung Publikumsrat verlagert werde. Der Stiftungsrat bleibe weiter viel zu groß für effektives Arbeiten, wichtige Reformen wie öffentliche Hearings vor der Bestellung der Gremienmitglieder oder geheime Abstimmungen würden weiter fehlen. "Was die Bundesregierung jetzt vorlegt, ist nicht mehr als ein weiteres Symptom für die Untätigkeit und das Fehlen eines echten Reformwillens." Immerhin schafft die Dreier-Koalition in nur drei Wochen, was den Grünen in der Regierungszeit mit der ÖVP nicht gelungen ist. Mit Ende März läuft die vom Verfassungsgerichtshof gesetzte Frist ab.

“Diese Reform ist bestenfalls ein erster kleiner Schritt zur Entpolitisierung”, erklärte zudem Christian Haslinger, Leiter der zivilgesellschaftlichen Organisation #aufstehn. "Das Vertrauen in den ORF lässt sich nur dann wiederherstellen, wenn die Regierung ihre Worte in Taten umsetzt. Sie hätte jetzt die Chance, den ORF zu entpolitisieren und das Vertrauen wiederherzustellen. Dass sie die Gelegenheit nicht am Schopf gepackt hat, ist enttäuschend."

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