Vanessa versucht auf eigene Faust, den Täter zu finden – und sucht daher relativ intensiv die Nähe zu Sascha Bergmann. „Von den Frauen lässt er sich blenden“, sagt Hary Prinz im Gespräch mit dem KURIER, „da denkt er wahrscheinlich mehr mit dem Teil da unten als mit dem Kopf. Aber wer will es ihm schon verübeln?“
Der Kriminalpolizist, mit dem Prinz sich öfter über Realitätsnähe unterhält, habe gesagt, ihm sei einmal etwas Ähnliches passiert, aber solange es – wie hier – nur die Schwester des Opfers ist, sei es „nicht so tragisch“. Wobei: „Über den Stand der Ermittlungen darf er nichts sagen.“
Tut Bergmann auch nicht. Aber Vanessa gelingt es dennoch, an Infos zu kommen. „Sie versucht, herauszufinden, was mit ihrer Schwester passiert ist, und dafür benutzt sie ihn schon sehr, da ist irgendwann der Spaß vorbei“, sagt Prinz.
Dramatik
Auch Kollegin Anni Sulmtaler zeigt sich wenig amused. Der elfte Krimi aus der beliebten ORF/ARD-Reihe legt mehr Gewicht auf Dramatik – was den lakonischen Humor in den Hintergrund drängt. Viel zu dem Sog, in den man vor allem in der zweiten Hälfte gezogen wird, trägt Julia Koschitz bei. „Ich finde, dass sie diese verlorene Seele meisterlich spielt“, sagt Prinz. „Sie ist für mich eine der großen Charakterdarstellerinnen im deutschen Sprachraum, sympathisch, lustig, immer wach, auch immer auf der Suche nach Neuem.“
Vanessa habe als ältere Schwester eine Art Mutterrolle eingenommen. „Die jüngere Schwester hat sich aber auch distanziert. Da prasseln auf sie nach ihrem Tod hunderttausend Gefühle ein, zum Beispiel, dass sie zu wenig aufgepasst hat. Das haben die Murnbergers sehr schön geschrieben.“
Der Krimi thematisiert freilich ein besonders übles Delikt – die fürchterliche Praxis, unter Einsatz von Betäubungsmitteln Frauen zu vergewaltigen. Bei den Jugendschutzhinweisen (12+) liest sich das unter dem Stichwort „Desorientierung“ so: Ein Risiko besteht auch bei Inhalten, die Einstellungen und Verhaltensweisen als normal darstellen, die in Widerspruch zu den allgemeinen Grundhaltungen und Grundwerten der Gesellschaft in Österreich stehen.
Wobei die Tat in dem Krimi ganz und gar nicht als „normal“ dargestellt wird. Prinz erinnert daran, dass das Thema zuletzt „tragischerweise ziemliche Aktivität bekommen hat“. In Frankreich steht seit Mitte September ein Mann vor Gericht, der seine eigene Ehefrau in rund zweihundert Fällen betäubt und sexuell missbraucht sowie Dutzenden anderen Männern zugeführt hat.
„Die Seele ist ein weites Land“, sagt Prinz unter Berufung auf Arthur Schnitzler.
Burschenschafter
In „Steirergift“ führt eine Spur rasch in die örtliche rechte Burschenschafterszene rund um die Montanuni Leoben. Julias Ex-Freund Max (Noah L. Perktold) ist dort ebenso verankert wie seine Freunde. Max hatte die Trennung von Julia nicht akzeptieren wollen. Doch seine Freunde Leonard (Gustav Schmidt) und Fritz (Julian Waldner) geben ihm – und damit auch sich – ein Alibi. Die Ermittlungen stecken fest. Aber da ist noch Vanessa, die durch ihre unlauteren Nebenermittlungen ein weiteres Vergewaltigungsopfer ausfindig macht.
Auch das Mensur schlagen und andere Männlichkeitsrituale werden thematisiert. „Ich fand es bei der Vorrecherche arg, dass es dieses gegenseitige Verletzen immer noch gibt“, sagt Prinz. Die Dreharbeiten fand er dennoch schön – mit Burschenschaften kam er dabei nicht in Berührung. „Es gibt zwar lauschigere Plätze als Leoben City“, sagt Prinz, „aber die Leute sind total nett.“ Das habe sich auch bei der obligaten Voraufführung vor Ort gezeigt.
Die steirischen Landkrimis – zwei neue wurden diesen Herbst gedreht – machen im weiterhin Spaß, vor allem, „weil sie so pointiert geschrieben sind. Es gibt manchmal moralische Einwände von den Redaktionen. Ob wir manches nicht anders sagen können. Das versuchen wir immer zu umschiffen“, sagt Prinz mit einem Schmunzeln.
Fernsehdeutsch
Ein paar Stunden stehe er bei jedem neuen Krimi im Synchronisationsstudio, weil manches für den deutschen Markt noch etwas „fernsehdeutscher“ eingesprochen werden müsse. Zuletzt stand plötzlich ein „Hallo“ im Synchro-Textbuch, erzählt Prinz. „Ich dachte mir, ,Hallo? Warum Hallo?‘ Ich hätte ,Hallooooo‘ sagen sollen. Aber das sag ich nicht, weil sonst flieg’ ich aus der Rolle raus. Der Bergmann würde nie ,Hallooooo‘ sagen.“
Die Lösung: „Ich habe es dann einfach so synchronisiert, wie es vorher war, und dann hat es gepasst.“
Der Erfolg der Serie auch in Deutschland gibt Prinz ohnehin recht. Und selbst der vorher erwähnte Kriminalpolizist hole sich manchmal – im Scherz – von ihm Tipps. Prinz: „Wir haben halt eine hundertprozentige Aufklärungsquote.“
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