WDR-Mitarbeiterin gab sich als Kundin aus: "Saublöder Fehler"

Raid at the residence of Cardinal Rainer Maria Woelki in Cologne
Radiomoderatorin lobte in der Tagesschau eine Preisaktion bei "Penny". Der deutsche TV-Sender spricht von einem "blöden Fehler", die BILD von einem "Schummel-Beitrag".

Der Rewe-Discounter "Penny" sorgte Anfang der Woche mit einer außergewöhnlichen Aktion für Aufregung in Deutschland: Um auf die Umweltschäden bei der Produktion beliebter Lebensmittel aufmerksam zu machen, erhöhte die Kette die Preise von neun ausgewählten Produkten um bis zu 94 Prozent.

Betroffen waren etwa Wiener Würstchen (Frankfurter), deren "wahre Kosten" - so der Name der Aktion - für eine Woche von 2,80 auf fast sechs Euro angehoben wurde.

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In der Tagesschau, der Hauptnachrichtensendung der ARD, wurde am Montag über die Preisaktion bei Penny berichtet. Den dazugehörigen Beitrag lieferte der ebenfalls öffentlich-rechtliche Westdeutsche Rundfunk (WDR) zu, dabei wurden auch Kundinnen und Kunden in einer Kölner Filiale zu ihrer Meinung befragt.

Penny-Kundin war Kollegin vom WDR-Radio

Neben einigen kritischen Stimmen spricht eine junge Frau in dem Beitrag lobend über die neuen Preise, weil diese "zum Nachdenken" anregen würden: "Normalerweise denkt man nicht darüber nach, dass Fleisch so und so viel Aufschlag hat."

Wie ein aufmerksamer Twitter-Nutzer erkannte, handelte es sich bei der befragten Kundin jedoch um die WDR-Radiomoderatorin Hannah Mertens. Die BILD-Zeitung titelte deshalb am Dienstag: "Tagesschau gibt eigene Moderatorin als Kundin aus".

Während in dem BILD-Bericht - mit viel Häme - darüber spekuliert wird, ob die Tagesschau wohl eine erfreute Stimme zur Klima-Aktion des Discounters brauchte, aber unter "gewöhnlichen Kunden" nicht fand", sprach der Sender selbst von einem "bedauernswerten Fehler".

WDR-Chefredakteur: "Glaubt ernsthaft jemand..."

In einer ersten Aussendung des WDR hieß es: "Die gezeigte O-Ton-Sequenz im von uns produzierten Beitrag hätte so nicht gesendet werden dürfen. Kolleginnen oder Kollegen zu interviewen entspricht nicht den journalistischen Standards.“

Am späten Dienstagabend erklärte WDR-Chefredakteur Stefan Brandenburg defensiv: "Glaubt ernsthaft jemand, gestern hätte kein Penny-Kunde die 'Wahre Preise' Aktion gut gefunden, so dass wir eine Mitarbeiterin als Schauspielerin hätten einsetzen müssen? Passiert ist ein saublöder Fehler."

Hannah Mertens sei nach ihrer Frühschicht "zufällig" in der Penny-Filiale angesprochen worden und habe den Kollegen gegenüber erklärt, dass sie gerade "vom WDR-Radio" komme. Der zuständige Redakteur, der sie nicht gekannt haben soll, habe dagegen verstanden, sie hätte "im WDR-Radio" von der Preisaktion Wind bekommen.

In Richtung all "derer, die überall Ideologie wittern", betonte Brandenburg, in dem Beitrag sei die Penny-Aktion zudem als "nicht viel mehr als eine leicht durchschaubare PR-Aktion" bezeichnet worden. "Wir haben über 'Wahre Preise' ausgewogen, kritisch und distanziert berichtet", so der Chefredakteur. "Das Versehen tut uns leid."

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