Medienminister Babler: Eiszeit bei ORF-Beitrag und Regierungsinseraten

Andreas Babler
Dreier-Koalition beschließt am Donnerstag Einfrieren der Haushaltsabgabe und Reform der ORF-Gremien. FM4 bleibt. Keine Wiener Zeitung als Printprodukt

Zusammenfassung

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  • Haushaltsabgabe bleibt bis 2029 bei 15,30 Euro monatlich, was weitere Einsparungen im ORF erfordert
  • Babler betont Entpolitisierung des ORF durch Gremienreform 
  • Regierung plant Kürzungen bei Regierungsinseraten sowie Förderung unabhängigen Journalismus unter verschärften Kriterien

Nach nur drei Wochen im Amt setzt die neue Koalition aus ÖVP, SPÖ und NEOS einen ersten medienpolitischen Eckstein. Am Donnerstag wird im Nationalrat die Reform der ORF-Gremien beschlossen. Ebenfalls auf der Agenda: das Einfrieren des ORF-Beitrags bei monatlich 15,30 Euro bis ins Jahr 2029. Das kündigte Vizekanzler und Medienminister Andreas Babler (SPÖ) in einem Gespräch mit Journalisten an. 

Diese Nicht-Valorisierung bei der Haushaltsabgabe bringt „für den ORF, so wie für uns alle, eine sehr große Sparnotwendigkeit“, sagt Babler. Im ORF rechnet man mit zusätzlich 220 Millionen Mindereinnahmen bis 2031. Was dort dafür gestrichen werden muss, „soll auf Effizienz und nicht auf Leistungskürzung rauslaufen“, sagt Babler. Er habe darüber schon mit Generaldirektor Roland Weißmann gesprochen. 

Mit diesem weiteren Einschnitt beim ORF-Budget ist die Dreier-Koalition nahe beim Minus von 15 Prozent, das von FPÖ-Seite in deren gescheiteren Regierungsverhandlungen ventiliert wurde. Das gilt als untere Grenze dessen, was vom Verfassungsgerichthof noch als „ausreichend finanziert“ akzeptiert werden könnte. Anders als bei der Budgetfinanzierung bleiben nun 400.000 Haushalte befreit von einem Beitrag und der ORF muss nicht zur Regierung pilgern.  

Für Babler steht die Gremienreform unter der Überschrift „Entpolitisierung des ORF“. Er nennt sie „ein Herzstück“ des Medienkapitels im Regierungsübereinkommens. Sie drängt, wie vom Verfassungsgerichtshof seit 2023 gefordert, den Einfluss einer Regierung im 35-köpfigen Stiftungsrat jedenfalls formal zurück. Der neue Stiftungsrat wird 2026 die nächste ORF-Geschäftsführung bestellen. 

Weniger Regierungssitze

Künftig besetzt eine Regierung sechs statt zuvor neun Sitze im Stiftungsrat. Deren Aufteilung ist im Koalitionsabkommen festgeschrieben. Mehr Gewicht erhält ein auf 28 Mitglieder verkleinerter Publikumsrat. Der Publikumsrat entsendet künftig neun Stiftungsräte, übrigens ein Ehrenamt.

Der Publikumsrat wird von Institutionen wie Arbeiterkammer, Kirchen oder - von der Bundesregierung „repräsentativ ausgewählt“ - von Verbänden beschickt. Die Kriterien dafür werden verschärft.  

Eine große Reform der ORF-Gremien samt Verkleinerung kommt also vorerst nicht. Sie wäre auch in der Frist des Verfassungsgerichtshofs mit Ende März auch nicht zu schaffen gewesen. Bleibt das nun auf immer und ewig so? „Ich würde nie sagen, irgendwas ist für immer und ewig. Da muss man immer zwei, drei Tage warten, bis die Excel-Tabelle da ist", spielt Babler auf seine Kür zum SPÖ-Chef an. 

Wesentlich ist für Babler, dass die Stiftungsräte nach Wahlen nicht mehr einfach ausgetauscht werden können. „Das war ja auch eine Kritik“, verweist Babler aufs VfGH-Erkenntnis. Eine Ausnahme bilden die fünf Sitze des Zentralbetriebsrats und die sechs der Parlamentsparteien. 

Bei der Neukonstituierung des Stiftungsrats im Juni wird die FPÖ aufgrund der Nationalratswahl einen zweiten Sitz (von der ÖVP) erhalten und mit der Steiermark in Summe jedenfalls drei Räte stellen. Wer den SPÖ-Freundeskreis leiten wird, ist laut Babler noch nicht fixiert.

„Ein wichtiges Anliegen“ sei ihm der Erhalt von FM4, sagt der Vizekanzler. Beim ORF Radio-Symphonieorchester, das gesetzlich nicht verpflichtend festgeschrieben, sei noch ein wenig Zeit, weil es bis 2026 finanziell abgesichert ist. Es geht dabei um ein Budget von etwa 10 Millionen. Bei einer Milliarde Umsatz des ORF, „da geht es schon um den Willen auch.“ 

Weitere ORF-Themen wie die Konkretisierung des öffentlich-rechtlichen Auftrags sollen in einer „zweiten Welle“ abgearbeitet werden. Dazu gehört laut Koalitionsvereinbarung auch die „Nachschärfung des Objektivitätsgebots“. Berichtet der ORF nicht objektiv genug? „Doch“, sagt Babler. Es habe aber eine Diskussion darüber in den Regierungsverhandlungen im Zusammenhang mit Selbstdarstellungen in sozialen Medien gegeben.

Diskussion um blaue Seite „nicht zufriedenstellend"

Babler will zudem das Dauerstreitthema zwischen ORF und Verlegern angehen: die sogenannte blaue Seite orf.at und ihre zeitungsähnlichen Inhalte: „Das gehört geklärt. Es ist nicht zufriedenstellend, wie da diskutiert wurde.“ 

Zu „spürbaren" Kürzungen von jeweils zehn Prozent in den nächsten zwei Jahren wird es bei den Regierungsinseraten, kumuliert derzeit 35 Millionen, kommen. „Ein grundsätzliches Bekenntnis“ gibt es zur Förderung der Medienhäuser und Verlage, um den Vertrieb österreichweit sicherzustellen. Über Summen will Babler noch nicht reden, weil er noch vor den Gesprächen mit dem Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ, zuvor Chefökonom der Arbeiterkammer) steht. 

Ein „Symbol-Projekt“ der SPÖ im Koalitionsvertrag ist ein Meine-Zeitung-Abo, um den Zugang junger Menschen zu unabhängigem Journalismus und Medienbildung zu ermöglichen. „Das werden aber nicht nur die Printzeitungen sein“, erklärt Babler. 30 Millionen sind dafür laut Koalitionsvertrag veranschlagt. Ein Umsetzungsmodell müsse zuvor erst noch ausgearbeitet werden. Auch die digitale Transformation und Qualitätsjournalismus sollen weiter gefördert werden, wobei die Kriterien nachgeschärft werden. 

Kein Comeback der Wiener Zeitung in Print

Eine Rückkehr der Wiener Zeitung als Printprodukt hatte die SPÖ immer wieder gefordert. „Ich finde es wahnsinnig schade, dass es sie nicht mehr gibt, aber es ist nicht Teil des Regierungsübereinkommens. Das ist kein hundertprozentiges SPÖ-Programm“, so Babler, der darauf verweist, dass u. a. deren Print-Logistik mit der Einstellung 2023 weggebrochen ist. „Es ist sehr unwahrscheinlich geworden.“

Keine Hoffnung macht der Vizekanzler der Branche auf Zweckwidmung der gesamten Einnahmen aus der Digitalsteuer auf Online-Werbung für den Medienbereich. „Am Ende hat Geld kein Mascherl und es gibt eine budgetäre Gesamtsituation“, stellt der Vizekanzler klar. Für den Fall, dass die USA die österreichische Digitalsteuer aufs Korn nehmen, hat man noch keine Überlegungen angestellt. Im Umgang mit Google, TikTok und Co und in Bezug auf Fake News und Radikalisierung setzt man auch auf die europäische Karte. 

Als Medienminister (wie als Vizekanzler) ist Babler seit 3. März im Amt. „Ich würde blenden, wenn ich sage, ich habe schon alles intus, was konkrete Arbeitsabläufe, Erfolgsbilanzen oder Nicht-Erfolgsbilanzen betrifft.“ Und weiter meint er: „Ich habe ein großes Pensum, was ich jeden Tag lernen muss. Dazu bin ich bereit.“ 

Einsparungsdruck auch in der Kultur

In der ORF-"Pressestunde“ nahm Babler auch kurz zu seiner Funktion als Kulturminister Stellung. Er betont die Relevanz von Kultur in Österreich. „Wir haben über 300.000 Menschen in Österreich, die in der Kreativwirtschaft arbeiten. Es ist auch volkswirtschaftlich ein Riesenfaktor in Milliardenhöhe, was die Kreativwirtschaft beiträgt.“ Nicht nur Kulturschaffende, sondern auch Kulturarbeiterinnen und Kulturarbeiter bis hin zum Beleuchter sozial- und arbeitsrechtlich gut absichern, hob Babler als einen Schwerpunkt seiner kommenden Arbeit hervor. „Fair Pay“ solle auch in Hinblick auf Förderkriterien eine wichtige Rolle spielen.

Trotz der massiven Budgetkürzungen von 15 Prozent will Babler als Kulturminister „schon garantieren, dass wir so gut es geht, das breite Angebot vom Laientheater bis hin zur Hochkultur und den großen Häusern gewährleisten. Das ist mir wahnsinnig wichtig.“

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