Ja, natürlich. Es hat schon seinen Reiz, wenn man bohrt. Ich interviewe Politikerinnen und Politiker sehr gerne, sonst würde ich das ja nicht machen. Aber es hat auch etwas Erholsames, wenn man eine Frage stellt und eine Antwort bekommt. Das Publikum schätzt das auch sehr, das haben wir schon mitbekommen. Die Corona-Situation ist aber natürlich für alle schwierig, auch für die, die Entscheidungen zu treffen haben.
Es gibt Studien, die zeigen, dass in der Corona-Berichterstattung generell mehr Männer zu Wort gekommen sind als Frauen. Wie handhaben Sie das bei der „ZiB 2“? Achten Sie darauf, speziell Frauen einzuladen?
Ja, das ist uns wirklich sehr wichtig. Und die Pandemie hat ja schon sehr viele erfolgreiche Wissenschafterinnen vor den Vorhang geholt. Die Wissenschafterin des Jahres, Elisabeth Puchhammer-Stöckl, ist eine Vorzeige-Forscherin, die sich sehr prägnant ausdrückt. Es gibt auch andere wie Monika Redlberger-Fritz, Ursula Wiedermann-Schmidt oder Eva Schernhammer. Sie alle sind regelmäßig bei uns in der „ZiB 2“ zu Gast. Ich finde das wirklich toll, dass jetzt so viele Frauen in Österreich Position beziehen und ihre Expertise zeigen.
Ist es also einfacher geworden, Frauen dazu zu motivieren, im TV aufzutreten?
Insgesamt ist es immer noch so, dass Frauen viel häufiger sagen: „Ach, da bin ich nicht so gut“ oder „Fragen Sie doch lieber meinen Kollegen“. Das kommt vor allem im juristischen Bereich vor. Wenn wir uns bemühen, Frauen in die Sendung, in die erste Reihe zu bringen, scheitern wir schon oft. Aber bei den Virologinnen sehe ich das eigentlich nicht.
Was kann man tun, damit es in anderen Bereichen auch so wird?
Wann immer ich bei Podiumsdiskussionen bin oder in größeren Runden diskutiere, erzähle ich, wie schwer das für uns ist. Ich rede auch viel mit Frauen, die in Top-Positionen sind, in der Wirtschaft, der Wissenschaft, der Justiz. Dann sage ich immer: Ihr müsst schon auch kommen, wenn wir euch einladen. Ihr müsst bereit sein, eure Expertise in der Öffentlichkeit auszutragen, sonst werden das immer nur die Männer machen. Das anzusprechen und ein bisschen Bewusstseinsbildung zu schaffen, bringt zum Teil schon etwas.
Sie haben sich in Ihrem Buch "Der Preis der Macht" (Residenz Verlag) mit Frauen in der Spitzenpolitik beschäftigt. Ganz so im Zentrum der Macht scheinen Frauen aktuell aber nicht zu sein, bei den Pressekonferenzen sieht man meistens Männer.
Ja, das berühmte virologische Quartett besteht aus vier Männern und auch bei den Pressekonferenzen mit den Bundesländern, die jetzt häufig waren, sind immer vier Männer aufgetreten. In der Bundesregierung sind allerdings an sich sehr viele Frauen vertreten, auch in höheren Positionen, im Justizministerium zum Beispiel. Und es tut sich was. Es ist zwar nicht leicht für die Betroffenen, aber es ist fast schon üblich, dass Ministerinnen Kinder bekommen, dann kurz zu Hause sind und wieder zurückkommen. Dass das in der Öffentlichkeit nicht immer geschätzt wird, steht auf einem anderen Blatt. Aber als ich als Journalistin begonnen habe, war das vollkommen undenkbar. Da sehe ich schon einen Fortschritt.
2020 haben Sie Ihr 10-Jahr-Jubiläum in der „ZiB 2“ gefeiert. Wie hat sich Ihr Job in den vergangenen Jahren verändert?
Es ist alles schneller geworden. Wir versuchen, rascher auf Dinge zu reagieren, und haben zum Teil auch sehr viele Gäste und Schaltungen. Was sich verändert hat, ist auch die Art und Weise, wie Politiker kommunizieren. Das ist noch professioneller geworden und sie sind auch auf die jeweiligen Interviewer geschult. Sie kennen uns jetzt schon relativ lange und wissen, wie sie mit uns umgehen müssen. Wir wissen es von ihnen und so ist das ein ständiges Lernen und Adaptieren der Interviewstruktur. Und natürlich ist durch Social Media das Feedback viel breiter geworden.
Negativer?
Es gibt mehr negative Kommentare, aber auch viel mehr positive. Früher hat man den Kundendienst angerufen, wenn einem etwas nicht gepasst hat. Jetzt schreibt man das auf Twitter oder Facebook. Man hat aber selten angerufen und gesagt: „Das war jetzt aber total super!“ Da bekommt man auf Social Media schon auch viel Positives.
Lesen Sie die Kommentare?
Sicher nicht alle. Wenn Gäste kommen, die stark polarisieren, weiß man schon, dass man sich beim Lesen ein bisschen zurückhalten muss. Da sind viele Emotionen dabei. Das hat rund um die Flüchtlingskrise angefangen, dann kam der polarisierende Präsidentschaftswahlkampf, danach Ibiza. Die Gesellschaft ist in gewissen Bereichen politisch geteilt und da kann man es nicht allen recht machen. Grundsätzlich ist man gut beraten, wenn man einen kleinen Kreis von Menschen hat, denen man vertraut, und die einem sagen dürfen und müssen, wenn etwas nicht gelungen ist. Ich zähle meine Bestätigung nicht in Likes und Dislikes, sondern versuche, gute Arbeit zu machen. Ich bin offen für Kritik, aber bemühe mich auch, mich abzukapseln, was Hass anbelangt. Da lerne ich mit jedem Jahr dazu.
Sie haben in einem Interview gesagt, dass Sie sich schwertun, das Handy wegzulegen ...
Naja (lacht), es gehört halt zum Alltag dazu und es hilft, wenn man eine heranwachsende Tochter hat, die man selbst dazu ermahnt, das Handy wegzulegen. Meine Tochter ermahnt mich dann auch, und so ermahnen wir uns gegenseitig. Es gab schon Zeiten, wo es mir schwergefallen ist. Aber gerade dieses belastende letzte Jahr hat dazu geführt, dass man eine Auszeit braucht und dann geht das schon, das Handy wegzulegen. Man kann sich nicht immer mit Infektionskurven, Reproduktionszahlen und Inzidenzen auseinandersetzen, sonst wird man wahnsinnig.
Für Ihre Arbeit in diesem schwierigen Jahr sind Sie jetzt für eine ROMY nominiert. Wohin käme die Statuette denn?
Die ROMY würde an einen Platz kommen, wo ich sie immer sehe. Lars Eidinger (heuer als beliebtester Schauspieler nominiert, Anm.) hat letztens gesagt, er darf seine Preise nicht aufstellen und dürfte die ROMY gar nicht zu Hause haben, weil seine Frau das nicht erlaubt. Sie möchte die Preise im Keller haben und die stehen da in Kisten, hat er gesagt. So wäre das bei mir sicher nicht (lacht).
Also haben Sie das mit Ihrem Mann schon ausgehandelt?
Nein, das brauchen wir gar nicht aushandeln, das ist so (lacht). Er würde sich ja auch freuen. Ich bin nicht unrealistisch, ich weiß, wer in meiner Kategorie nominiert ist. Und das sind wirklich ganz besonders tolle Kolleginnen und Kollegen. Aber natürlich ist es eine große Ehre und wirklich eine Freude, dass ich nominiert bin.
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