"Laim und der letzte Schuldige“: Kindesmissbrauch in der Oper
Der Opernstar ist ein Kinderschänder. Diesen Hinweis bekommt die Münchner LKA-Beamtin Sandra Rutkowski (Sophie von Kessel) von einem anonymen Anrufer, der den Startenor Ammersfeld (Dieter Fischer) der Kinderschändung bezichtigt. Er soll in seiner Garderobe ein Kind versteckt halten. Das wird natürlich überprüft. Und siehe da, man findet tatsächlich einen eingeschüchterten Buben im Schrank. Der unter Verdacht stehende Sänger wird - begleitet vom Beifall der nichtsahnenden Opernbesucher - abgeführt.
Dieses dem Tenor sichtlich peinliche Szenario wird durch Schüsse beendet: Ammersfeld sinkt leblos auf den Stufen der Bayerischen Staatsoper in München zusammen. Es ist das Ergebnis eines Präzisionsgewehrs - vom Schützen fehlt jede Spur. Glücklicherweise ist die Mordkommission bereits am Tatort: Kommissar Lukas Laim (Max Simonischek) hat seine Tante Valerie (Marie Anne Fliegel) nämlich in die Oper begleitet.
Maximal einen Fall pro Jahr
„Laim und der letzte Schuldige“ ist der dritte Fall der noch jungen ZDF-Krimireihe, deren vierter Fall unter dem Arbeitstitel "Laim und die Tote im Teppich" noch vor dem Corona-Lockdown abgedreht werden konnte. „In neun Jahren vier Fälle. Damit schießt man quantitativ nicht gerade den Vogel ab“, weiß Max Simonischek im KURIER-Interview. Diese geringe Präsenz im Fernsehprogramm sei auch der Grund, warum die Reihe bei vielen noch unter dem Radar laufe. „Aber da halte ich es gerne mit dem Sprichwort: Gut Ding braucht Weile. Außerdem gilt für uns die Prämisse: Wenn wir noch eine Folge drehen, muss diese besser sein als die letzte. Bis man ein gutes Drehbuch hat, dauert das eben. Daher drehen wir auch in Zukunft maximal einen Fall pro Jahr.“
Es sei ein großes Glück, dass das Team der „Laim“-Krimis sich seit Anfang nicht großartig verändert hat, sagt Simonischek. „Ich arbeite seit dem ersten Fall mit dem gleichen Regisseur und Kameramann zusammen. Wir entwickeln die Krimis gemeinsam mit den Drehbuchautoren und werden in der Erzählweise immer konsequenter. Es ist so ein kleines Biotop entstanden, dass ein bisschen von den herkömmlichen Erzählweisen im Hauptabendprogramm weggeht, zum Reflektieren anregt“, schwärmt der 37-jährige Wahl-Berliner mit österreichischen Wurzeln.
Die Handlung im aktuellen Fall mit den Missbrauchsvorwürfen in der Opernwelt und die Internatsgeschichte basiert dann auch auf einer Idee des Schauspielers. „Ich war selbst lange Zeit in einem Internat. Und verbringe viel Zeit am Theater. In Summe sind es zwei Welten, die ich gut kenne“, sagt Max Simonischek, der 2019 sein Opern-Debüt feierte. Im Römersteinbruch St. Margarethen gab er in der „Zauberflöte“ den Papageno. Für ihn war es ein lehrreicher Ausflug in unbekannte Gefilde. Wiederholung nicht ausgeschlossen, aber eher unwahrscheinlich.
Einen Krimi mit dem Thema Kindesmissbauch zu machen, sei natürlich ein heikles Thema. „Deshalb bin ich auch auf die Reaktionen nach der TV-Ausstrahlung gespannt“, sagt der Sohn der Schauspieler Peter Simonischek und Charlotte Schwab. Ihm seien zwar keine Fälle von Missbrauch in der Opernwelt bekannt, aber wenn es das in der Filmwelt und in anderen gesellschaftlichen Bereichen gibt, warum sollte es so etwas nicht auch in der Opernwelt geben.“
Es sei auch immer noch so, dass Missbrauchsvorwürfe in Künstlerkreisen wie etwa im Falle Roman Polanskis immer noch kleingeredet und runtergespielt werden würden. „Roman Polanski wird immer noch mit renommierten Preisen ausgezeichnet und bei Filmfestivals bejubelt“, sagt Max Simonischek. Ein ähnliches Bild zeichnet der Krimi „Laim und der letzte Schuldige“: Der Startenor wird posthum von Kollegen und Fans in Schutz genommen. Kindesmissbrauch? Unmöglich!
Der Zuschauer wird durch die Münchner Opern-Schickeria geführt, blickt in traurige Internatssäle samt Heim für unbegleitete Flüchtlingskinder. Keiner der Beteiligten will etwas gesehen oder gehört haben. Es wird vertuscht, verheimlicht und gelogen. Das nimmt zwar auch den sonst so emotionslosen Laim etwas mit, aber es hindert ihn nicht daran, seine Ermittlungskollegin Sandra Rutkowski zu bezirzen.
Max Simonischek dreht wieder
Was ist der Lukas Laim für ein Typ? „Er ist ein Sinnsuchender, kommt aus gutem Hause mit Nazi-Vergangenheit. Er hat Geld, das er für Prostituierte, teure Autos, gute Klamotten und im vierten Fall auch für Drogen ausgibt. Das einzige, was ihm aber wirklich etwas bedeutet, ist sein Job. Er lässt ihn nämlich das Leben spüren.“
Diese Gefühls-Amplituden von Laim, sind für den Schauspieler Max Simonischek ein Geschenk. Deswegen fühle ich mich auch am Theater so wohl. Dort kann man die inneren und äußeren Konflikte nämlich noch größer aufblaßen.
Aktuell steht in der Film- und Theaterwelt aber erst einmal Vieles still. Das Jahr 2020 scheint ein eher ruhiges Jahr für Max Simonischek zu werden. „Der Dreh eines neuen Falls der „Sarah Kohr-Reihe, wo ich einen Bösewicht spiele, wurde Corona-bedingt unterbrochen, aber wir drehen seit dieser Woche wieder. Verschoben wurde auch eine Theaterproduktion am Deutschen Theater Berlin.
„Ich versuche das Beste aus dieser Auszeit zu machen, sehe es als Möglichkeit zum Runterkommen. Die Natur erholt sich. Das ewige Fliegen fällt flach. Ich bin ganz lange an einem Ort und habe viel Zeit für meine Familie. Das sind sicherlich die positiven Seiten des schrecklichen Coronavirus.“
INFO: Montagsfilm im ZDF (20.15): Ein Star-Tenor gastiert an der Bayerischen Staatsoper und bekommt nach seinem umjubelten Auftritt überraschenden Besuch vom LKA. Kurz darauf fallen Schüsse. Der Tenor wird erschossen.
Neben Max Simonischek als Kommissar Lukas Laim ermitteln Gerhard Wittmann und Sophie von Kessel. Regie führte Michael Schneider, das Drehbuch für den dritten Film der Krimi-Reihe stammt von Christoph Darnstädt. „Laim und der letzte Schuldige“ ist heute, Montag, um 20.15 im ZDF zu sehen und steht in der ZDFmediathek zum Abruf bereit.
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