Der Blick auf die dem KURIER vorliegenden Zahlen für den Monat Juli (bis inklusive Sonntag, 28. 7., siehe Grafik) zeigt: ORF1 kommt bei seiner jungen Zielgruppe auf 9,2 Prozent und liegt damit erstmals auch auf Monatsbasis nur noch im einstelligen Bereich. Damit unterbietet man nicht nur in einem dramatisch wirkenden Ausmaß die Vorjahreswerte – minus 8,8 Prozentpunkte, also fast eine Halbierung –, die aber durch die Endphase der Fußball-Weltmeisterschaft im Vorjahr verfälscht sind. Allerdings: Im Juli 2017 waren es 13,3 Prozent, also ebenfalls erheblich mehr, gewesen.
ORF1 liegt im Monat Juli auch massiv unter dem bisherigen Halbjahresschnitt.
Was darüber hinaus überrascht: ORF1 reiht sich nun auch auf Monatsbasis in der jungen Zielgruppe hinter dem sehertechnisch „alten“ Sender ORF2 ein, der hier auf einen Marktanteil von 9,3 Prozent kommt. Zudem ist die ORF-Gruppe als Ganzes daran, die Schmerzgrenze von 20 Prozent bei den Jungen nach unten zu durchbrechen. Ein Alarmzeichen für den von Generaldirektor Alexander Wrabetz geführten ORF-Konzern, der ja nicht nur von den Gebühreneinnahmen, sondern auch von Werbung lebt. Von dessen Schwäche bei den Sehern profitieren die Puls4/ATV-Gruppe, die RTL-Sender aber auch ServusTV.
Im Juli setzt sich somit fort, was bereits das erste Halbjahr 2019 für ORF1 zeigt: Die von Channel-Managerin Lisa Totzauer und ihrem Team gesetzten Reform-Maßnahmen wie die Einführung einer „ZiB“ um 18 Uhr und vom „Magazin 1“ funktionieren beim Publikum bisher nicht.
Dem „Magazin 1“, intern ob der Machart als „ZiB2 um 18 Uhr“ bezeichnet, fehlt es an der Anziehungskraft des Originals auf ORF2 (das nur am Freitag wegen „Vera“ schwächelt). Da waren im früheren ORF1-Vorabendschema die viel geschmähten „Simpsons“, „The Big Bang Theory“ und das eingestellte „ZiB-Magazin“ erfolgreicher.
Die Verschiebung der „Dok1“-Leiste auf den Donnerstag, geschenkt. Die „Moskitos“ vergangene Woche machten wie schon anderes davor gegen die „Rosenheim Cops“ keinen Stich – auch nicht bei den jungen Zusehern, die da lieber bayerischen Krimi schauen.
Nichts geht mehr.
Fast nichts.
Denn einige wenige Ausnahmen lagen im ersten Halbjahr in ORF1 noch im Bereich der eigenen Vorgaben oder darüber: breite österreichische Fiktion etwa, wenn nicht die „Vorstadtweiber“ zum x-ten Mal wiederholt werden; US-Marken wie „Grey’s Anatomy“, Shows wie „Dancing Stars“ oder die Late-Night mit den „Langläufern“ von „Willkommen Österreich“ und „Was gibt es Neues?“ oder auch mal Film.
Was ORF1 im Herbst braucht, sind frische Ideen. Budget sollte vorhanden sein. Um auf Zeit zu spielen, fehlt ORF1 die Zeit. Wer immer weniger Seher hat, braucht sich über deren Lebenswelten keine Gedanken machen.
Kommentare