"Herrschaftszeiten" als Buch: Wie aus einem Piloten viel mehr wurde
Der herrschaftlich getäfelte Repräsentationsraum des Amalthea Verlags in Wien bot am Montag kaum genug Platz für alle geladenen Gäste der Präsentation des Buchs zur ORF-Reihe „Herrschaftszeiten“. Rund um das Sendungsteam und die bereits aufgesuchten Schlösser scheint eine richtige Community entstanden zu sein. Gleich mehrere Schlossbesitzer aus den Sendungen waren zugegen.
Sendungsmoderator Johann-Philipp Spiegelfeld bestätigt den Eindruck im KURIER-Gespräch: „Ich glaube, man merkt, dass die Leute gerne bei der Sendung mitgemacht haben. Natürlich war am Anfang vielleicht da und dort ein ungutes Gefühl da, weil man nicht gewusst hat, wer da auf Besuch kommt. Aber es ist ein tolles, lustiges Team, wir schauen, dass wir nichts kaputtmachen. Die Stimmung ist immer gut. Wir sind am Abend dann immer noch bei einem Bier zusammengesessen und haben den Tag Revue passieren lassen. Und das schweißt irgendwie zusammen.“
Ihm sei auch wichtig gewesen, zu zeigen, „dass diese Leute – wenngleich man kein Mitleid mit ihnen haben muss – mit Kreativität Geld verdienen müssen, damit das Schloss nicht zusammenbricht.“
Backstage-Storys
Nun kann das alles auch in Buchform nachgelesen werden. „Wir wollten die Geschichte dieser Familien und der Schlösser noch einmal schreiben“, sagt Spiegelfeld, „aber wir wollten dazu auch ein ,Behind the Scenes’ liefern, mit vielleicht ganz lustigen Backstage-Storys“.
Einmal sieht man etwa, wie der Sendungsgestalter und Erfinder der Reihe, Martin S. Pusch, mithilfe eines Föhns bei Spiegelfelds Hemd Schweißflecken trocknet. Pusch, Co-Autor des Buchs, wählt auch den Großteil der Musik für die Sendungen aus. Ein nettes Detail im Buch: Zu jeder vorgestellten Folge gibt es einen QR-Code, über den man direkt zu einer Playlist der verwendeten Songs kommt (siehe unten).
Spiegelfeld selbst steuert in den Sendungen stets eine windschiefe Version des Beatles-Evergreens „Yesterday“ bei. Hierzu vermerkt Pusch im Buch, dass es zwar auch darum gehe, das „Gestern“ der alten Gemäuer zu thematisieren, aber: „Yesterday ist das einzige Klavierstück, das unser Starpianist mehr schlecht als recht auf die Tasten bringt.“
Dass Spiegelfeld als Airline-Pilot auch einen exotischen Brotberuf mitbringt, sei ein Grund dafür gewesen, sich für ihn zu entscheiden, sagte ORF-Sendungsverantwortliche und „Seitenblicke“-Chefin Ines Schwandner bei der Präsentation. Auch, dass Spiegelfeld als Spross einer ehemaligen adeligen Familie gut auf seine Gastgeber eingehen kann, sei ein Atout gewesen. Dennoch musste er zum Casting, aber da habe es, so Schwandner, geheißen: „Er kam, sah und siegte.“
Die verlegte Burg Clam
Die Sendung sei tatsächlich ein Überraschungs-Hit gewesen. Ursprünglich zum Stopfen des Sommerlochs gedacht, wurde auf der Burg Clam eine kürzere Pilot-Sendung gedreht. Diese 25-30 Minuten überzeugten die Verantwortlichen, fünf Folgen wurden in Auftrag gegeben.
Als klar war, dass die Quoten überhaupt nicht „sommerlich“ sind, sondern mehr als konkurrenzfähig, sollte „Burg Clam“ noch als „Draufgabe“ gesendet werden. Um auf 45 Minuten zu kommen, musste im August nachgedreht werden. Die Folge sei dann als großes Staffelfinale gesendet worden, schreibt Spiegelfeld im Buch. Dass ein paar Frisuren und Schuhe vielleicht etwas anders aussahen, sei nicht weiter aufgefallen. Auch, dass es die mittlerweile zu einem Kultgegenstand avancierte rote Tasche noch nicht gab - sondern nur eine braune -, habe offenbar nicht wirklich gestört.
Mit Selbstironie vermerkt Spiegelfeld: „Alle meinten, wie sehr ich mich im Laufe der Staffel entwickelt hätte, wie sicher und locker ich geworden wäre. Nun waren das aber tatsächlich die allerersten Minuten, die ich vor einer Kamera gestanden bin.“
Zur Person
Spiegelfeld ist AUA-Pilot, studierter Historiker, ehrenamtlicher Malteser-Rettungssanitäter. Seit 2020 Moderator von „Herrschaftszeiten!“ – Johann-Philipps Schlossbesuche“
Quoten
497.000 Zuseher erreichte die erste Staffel im Sommer 2021 im Schnitt, Besuche in Staffel 4: Die Schlösser Kohfidisch (Bgld.), Prugg (NÖ) und Frauental (Stmk.)
Playlist
Im Buch gibt es QR-Codes zu Playlists mit Songs aus den Sendungen.
Hier als Kostprobe: „Kaiservilla Bad Ischl“
Staffel 4 – und dann?
Diesen August steht bereits die Ausstrahlung von Staffel 4 an, olympiabedingt allerdings nur mit drei neuen Folgen. Diese werden zu den Schlössern Kohfidisch (Bgld.), Prugg (NÖ) und Frauental (Stmk.) führen.
Gefragt danach, ob es dann mit Staffel 5 weitergehe, sagte Schwandner: „Das ist ein großer Wunsch, allein, im Moment fehlt uns im ORF ein bissl das Geld. Aber die Absicht ist da.“
Allzu große Sorgen sollten sich Fans aber nicht machen müssen. Denn Spiegelfeld und Pusch planen bereits einen weiteren "Piloten" – zum möglicherweise neuen Format „Herrgottszeiten!“
Hierfür will man Klöster besuchen. Zunächst einmal Stift Herzogenburg (NÖ).
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