"Haus aus Glas": Eine schrecklich kaputte Familie

"Haus aus Glas": Eine schrecklich kaputte Familie
Die sechsteilige Serie zeigt die Selbstzerlegung einer Unternehmerfamilie. Ab Dienstag in der ARD.

Auf den ersten Blick fehlt es an nichts: Der Kühlschrank ist voll geräumt mit edlen Speisen und sündteuren Champagnerflaschen. Der großzügige Park vor der luxuriösen Familien-Villa bildet die Traumkulisse für die Hochzeit von Emily (Sarah Mahita), Tochter des erfolgreichen wie unsympathischen Unternehmers Richard Schwarz (Götz Schubert), die nach einer Entführung von Panikattacken verfolgt wird.

Als Ehemann will sich Chris (Aram Arami), Typ: Lieblingsschwiegersohn, beweisen. Den Segen seines zukünftigen Schwiegervaters hat er längst, denn mit Chris hat der Geschäftsmann einen potenziellen Nachfolger für seine Firma gefunden.

Alles super also? Keineswegs! Denn der Rest der Familie fühlt sich übergangen – allen voran Eva (Stefanie Reinsperger), die seit Jahren ihre Energie ins Unternehmen steckt, vieles über sich ergehen lässt und sich selbst als legitime Nachfolgerin des Vaters sieht. Dann wäre da noch ihre Schwester Leo (Morgane Ferru), alleinerziehende Mutter von Linus, die ihre tägliche Überforderung, ihre Schlafstörungen mit Tabletten bekämpft und es allen recht machen will. Eine Kombi, die nicht gut ausgehen kann. Das weiß auch ihr Bruder Felix (Marlin Rose), der der kaputten Familie schon lange den Rücken gekehrt hat und nach Kanada ausgewandert ist. Damit wäre die Familienaufstellung fast abgeschlossen. Fehlt nur noch Mama Barbara (Juliane Köhler), die ihren Frust und Ekel gerne in Schaumwein ertränkt.

"Haus aus Glas": Eine schrecklich kaputte Familie

Scherbenhaufen

Ein Psychologe allein wäre mit dieser toxischen Familiengeschichte wohl heillos überfordert. Entworfen haben die sechsteilige Miniserie „Haus aus Glas“ Autorin Esther Bernstorf und Regisseur Alain Gsponer. Das Duo lässt nach und nach die hochherrschaftliche Kulisse wie ein Kartenhaus zusammenbrechen.

Erbfolgestreit

Das Familientreffen, das schließlich in einem offenen Erbfolgestreit mündet, ist so lebensnah geschrieben, geerdet inszeniert und gut gespielt, dass sich viele Menschen, denen familiäre Konflikte nicht fremd sind, wiederfinden werden. Das war auch die Absicht der Autorin, die sich mit dem Thema, wie stark unsere Lebensgeschichten von den Erlebnissen in unserer Kindheit geprägt sind, schon auf unterschiedliche Weise auseinandergesetzt hat. „Ich bin inzwischen der Überzeugung, dass die Rollen, die wir als Kinder innerhalb unserer Familien annehmen – Rebellin, Tröster, Lastenträgerin, Lichtbringer – der zentrale Motor sind für unser späteres Handeln“, sagt Esther Bernstorf.

Das ganze Ausmaß der verworrenen Familiensituation wird dann Folge für Folge freigelegt: So bald die über die Jahre gewachsene Schutzschicht abgetragen ist, kommen alte, aber immer noch nässende Seelenwunden ans Tageslicht.

„Haus aus Glas“ ist bereits in den Mediatheken von Arte und ARD abrufbar. Die lineare Ausstrahlung der ersten zwei Folgen erfolgt heute, Dienstag, ab 20.15, im ARD. Am Mittwoch und Freitag folgen jeweils zwei weitere Folgen.

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