Große TV-Produktionen warten auf Geld: "Besorgniserregende Lage"

Dreh für „SOKO Linz“: Neue heimische TV- und Streamingproduktionen warten derzeit auf frisches Geld
Mit dem Stopp bei der Förderschiene FISA+ kommen nun auch namhafte Fernsehproduktionen in eine Risikosituation. Drei Ministerien schieben den Ball hin und her.

Der „Bergdoktor“ wurde zuletzt zum Symbol für künftig allenfalls gefährdete TV-Produktionen.  Doch durch die volatile politische Lage kommen schon jetzt Film- und Serienproduktionen konkret unter Druck.  

Vor zwei Jahren wurde mit FISA+ dem Sinn nach unbürokratische Förderschiene geschaffen, die von der Politik als Erfolgsmodell gepriesen wurde. Doch seit Wochen nimmt das vom Wirtschaftsministerium beauftragte AWS keine neuen Anträge an. Grund ist laut Auskunft des Ministeriums: Anträge konnten nur nach den  Richtlinien, die bis 31.12.2024 Gültigkeit hatten, eingereicht werden. Bisher konnten keine neuen Richtlinien erlassen werden. „Die Verzögerung bei der Einvernehmensherstellung mit dem Finanzministerium“ sei dem Budgetprovisorium geschuldet, heißt es auf Anfrage.

Derzeit warten aber noch Anträge aus 2024 mit einem Volumen von insgesamt 34 Millionen Euro auf Förderzusagen. Eine der betroffenen Produktionsfirmen ist Gebhardt Productions, Hersteller namhafter ORF-Produktionen wie „SOKO Linz“ oder „Wir sind Kaiser“. Florian Gebhardt spricht von einer „besorgniserregenden Unsicherheitslage. Wir haben wie andere Kollegen auch 2024 eingereicht, sind auch  fertig geprüft  und daher eigentlich so weit, dass man einen Vertrag ausstellen könnte, bekommen derzeit aber keinen Vertrag und müssen warten.“ Wie lange, sei ungewiss. Das bedeute: „Dass wir die Vorproduktion auf eigenes Risiko vorfinanzieren müssen.“

Verfahrensfragen

Das Wirtschaftsministerium beruft sich  auf Verfahrensfragen: „Bei dem offenen Antragsvolumen handelt es sich um Anträge, die zwar noch 2024 nach der damals gültigen Richtlinie eingebracht wurden, allerdings nicht vollständig waren.“ Daher seien Nachfristen gesetzt worden, das sei „gelebte Praxis“.

Aber auch Allegro-Chef Helmut Grasser betont, dass man „routinemäßig und völlig normal“, wie jedes Jahr im Dezember zum Beispiel für neue „Steirerkrimis“  (ORF/ARD) eingereicht habe.

Ein Indiz dafür, dass es beim Finanziellen hakt. Dabei war es das Ansinnen des neuen Fördermodells,  finanzielle Sorgen möglichst beiseitezuschaffen. Im Budget 2024 waren für FISA+ satte 94 Mio. Euro veranschlagt. Im provisorischen Budget 2025 seien rund 60 Mio. Euro eingestellt, erklärt das Finanzministerium, was dem Bundesfinanzrahmengesetz 2024–2027 entspreche.

Auf die Frage, warum diese Mittel offenbar noch nicht zur Verfügung stehen, heißt es lediglich: „Die Durchführungsbestimmungen zum Budgetprovisorium besagen, dass eine Präjudizierung der fiskalpolitischen Disposition der neuen Bundesregierung generell vermieden werden soll.“ 

Stopp bei Kinofilmen

Dies verwundert, weil bei der für Kinofilme zuständigen, ebenfalls von einem Antragsstopp betroffenen Förderschiene ÖFI+ das Budget für 2025 (37,5 Mio. Euro) schon beinahe ausgeschöpft ist. Sieben Mio. Euro davon sind bisher aber noch nicht freigegeben. Davon hängen auch große internationale Kino-Koproduktionen wie Stefan Ruzowitzkys Film „Der Wachtmeister“ ab, für den schon ab März gedreht werden soll. Produzent Danny Krausz  (Dor Film) sprach  im KURIER von einer Frist bis kommenden Dienstag, andernfalls könnte es bis zu einem Ausfall  des Wien-Drehs gehen.

Um alle bis 15. Jänner bei ÖFI+ eingereichten Anträge bedecken zu können, seien insgesamt rund 15 Mio. Euro vonnöten, wie WKÖ-Fachverbandschef Alexander Dumreicher-Ivanceanu es beziffert. Er erinnert die Politik daran: „Beim Beschluss im Ministerrat im Juli 2022 wurde klar festgehalten, dass das Filmanreizmodell keine Deckelung vorsieht, um ein Höchstmaß an Verlässlichkeit zu bieten. Genau deswegen braucht es jetzt das schnelle Handeln von Kultur- und Finanzministerium, damit alle eingereichten Projekte bedeckt werden können.“
 

"Frisches Geld"

Das Finanzministerium gab dazu folgende Auskunft: „Die Disposition über die Freigabe der über das für 2025 veranschlagte Budget hinausgehenden sieben Mio. Euro obliegt dem zuständigen Ministerium für Kunst- und Kultur (BMKÖS).“ Dies sei sogenanntes „frisches Geld“. Und: „Angesichts des Budgetprovisoriums sowie der herausfordernden budgetären Situation wird es hier noch weitere Abstimmung mit dem BMKÖS brauchen.“
Dort wiederum wird der Ball zurückgespielt: Man sei mit dem Finanzministerium „in konstruktiven Gesprächen und wir peilen eine baldige Lösung an.“

Systemrelevant

Zurück zu TV und Streaming: Produzent Gebhardt bezeichnet FISA+ als „systemrelevant für das Filmschaffen in dem Land. Wir sind konkurrenzfähig geworden. Es hat zu großen Investitionen in die Infrastruktur geführt, was  eine Internationalisierung und Professionalisierung vorangetrieben hat. Jeder FISA+-Euro generiert in unserem Land zirka drei Euro Wertschöpfung. Warum es nicht auf diesem Erfolgsweg weitergehen soll, ist mir eigentlich unbegreiflich.“

Das Finanzministerium sagt, man sei sich „des Erfolgs von FISA+ bewusst“ und sei bemüht, gemeinsam mit dem Wirtschaftsministerium „eine Lösung im Sinne der Kontinuität“ zu finden.

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