Gerichtspsychiater Reinhard Haller: "Künstler laufen nicht Amok“

Gerichtspsychiater Reinhard Haller: "Künstler laufen nicht Amok“
„Macht der Kränkung“. Zum Finale der sechsteiligen TV-Serie spricht Haller über Verbrechen, Männer und was Künstler mit ihrem Frust machen.

Von Gabriele Flossmann

Familientragödien, Terror und Mord: Der Gerichtspsychiater Reinhard Haller analysiert die unterschiedlichsten Verbrechen. Eines haben alle gemeinsam – das Erlebnis einer Kränkung.

Kränkungen sind für ihn Angriffe auf Selbstachtung, Ehrgefühl und Werte. Oft stehen sie am Anfang eines Verbrechens. Ein immer noch weitgehend unterschätztes Motiv, das in Corona-Zeiten Konjunktur hat. Auf Hallers Buch „Die Macht der Kränkung“ basiert die sechsteilige Dramaserie, die nun am Sonntag mit zwei neuen Folgen (ab 20.15 Uhr, ORF 2) und einem „Thema spezial“ mit einer Expertendiskussion mit u. a. Haller zu Ende geht.

KURIER: Sie sagen, dass Sie auch Kränkungen erlebt haben. Ich nehme aber nicht an, dass sie Kollegen, die Ihnen vorgezogen wurden, quasi aus dem Weg geräumt haben. Wie kann man als Psychiater bei sich und bei den Patienten solche Kränkungen behandeln, damit sie nicht zu Motiven von Verbrechen werden?

Reinhard Haller: Ich stamme aus dem Bregenzerwald, bin also im Sinne des Wortes ein „Hinterwäldler“. Als Kind wurde ich ins Internat gesteckt, weil es damals keinen anderen Weg zur Matura gab. Ich wurde also entrissen von zu Hause in eine völlig fremde Umgebung. Damals habe ich noch einen sehr breiten Dialekt gesprochen und bin deshalb furchtbar gehänselt und nachgeäfft worden. Das hat mich wahnsinnig gekränkt und wenn man mir heute sagt, dass ich relativ gut reden kann, dann war das eine Kompensation meiner Kränkungen.

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