Früherer ORF-Generalintendant Gerhard Weis verstorben

Früherer ORF-Generalintendant Gerhard Weis verstorben
Er starb am Freitag im Alter von 80 Jahren nach kurzer schwerer Krankheit.

Nach kurzer schwerer Krankheit ist der ehemalige Generalintendant des ORF, Gerhard Weis, am Freitag im Kreis seiner Familie verstorben. Das gab der ORF am Samstag bekannt.

ORF-Chef Alexander Wrabetz würdigte den Verstorbenen als einen "der großen Architekten eines modernen, vielfältigen und relevanten ORF. Er hat nicht nur die Regionalisierung und ,Verösterreicherung' vorangetrieben, sondern den ORF auch als Fenster zur Welt etwa mit der Teilnahme an 3sat aufgebaut. Er hat Info-, Kultur- und Wissenschaftssäulen errichtet, auf denen das ORF-Programm heutzutage noch ruht. Und er hat in einer Zeit der schnell wachsenden Konkurrenz die Grundsteine für die erfolgreiche Flottenstrategie des Unternehmens gelegt."

Weis wurde am 1. Oktober 1938 in Wien-Brigittenau geboren. Seine journalistische Karriere startete er 1958 als Zeitungsjournalist. 1967 kam der "strukturelle Frühaufsteher" zum ORF - zunächst als innenpolitischer Redakteur, später als Ressortleiter Innenpolitik. Ab 1973 leitete Weis die ORF-Hauptabteilung Öffentlichkeitsarbeit, von 1974 bis 1978 war er Intendant für das erste Fernsehprogramm. Es entstanden Serien wie die "Alpensaga" sowie die Magazine "Schilling" und "Land der Berge". Ab 1979 leitete er im ORF die Öffentlichkeitsarbeit und war auch Chefredakteur in der Generalintendanz. Die Verwirklichung des Gemeinschaftsprojekts 3sat, die Gründung des Teletexts und der Minderheitenredaktion sowie die Einführungvon "Bundesland heute" fielen in diese Periode.

Im März 1992 wurde Weis zum Intendanten des Landesstudios Wien bestellt. Dort wurde das Regional-Radio zum “Neuen Radio Wien" und auf den Wettbewerb mit den Privatradios vorbereitet.


Reformen bei Ö1 und Ö3

Ab Oktober 1994 war Weis als Hörfunkintendant. In diese Ära fallen Reformen von Ö1 und Ö3, um sich mit den Privatradios messen zu können. Ab Februar 1997 war er darüber hinaus Generalsekretär.

1998 wurde er schließlich zum ORF-Generalintendant gewählt, was er bis 2001 - bis zur ORF-Gesetzesreform durch Schwarz-Blau - blieb. Mit dem von ihm initiierten Neubau des Newsroom-Trakts wurde eine zeitgemäße Heimstätte für alle ZiB-Sendungen geschaffen und das Prinzip der “ereignisbezogenen Information" umgesetzt - egal ob Lawinenkatastrophe in Galtür, Tauerntunnelbrand, oder die Terroranschläge des 11. September. Darüber hinaus wurden Wissenschaft und Kultur im Fernsehen ausgebaut, und die Marktanteile gehalten. Dazu trugen Programme bei wie "Millionenshow", "Taxi Orange" oder "Barbara Karlich", die in dieser Zeit umgesetzt wurden bei. Im Radio blieben die Marktanteile trotz privater Konkurrenz ebenfalls auf hohem Niveau, und mit FM4 wurde ein neues, teilweise fremdsprachiges Jugendkulturradio geschaffen.

Dem Bildungsbürger Weis waren Kunst und Kultur und deren Vermittlung ein besonderes Anliegen war: Bis zuletzt hatte er bei den Vereinigten Bühnen Wien den Aufsichtsratsvorsitz inne und war er Vorsitzender des Kulturbeirats von ORF III.

Würdigung über Partei-Grenzen hinweg

Tiefe Betroffenheit über alle Parteigrenzen hinweg hat am Samstag der Tod des früheren ORF-Generaldirektors Gerhard Weis ausgelöst. Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat den verstorbenen früheren ORF-Generalintendanten Gerhard Weis als "eine bedeutende Persönlichkeit der österreichischen Medienlandschaft“ gewürdigt. Weis sei "ein aufrechter Mensch, ein guter Journalist und ein innovativer ORF-Generalintendant gewesen", schrieb Van der Bellen auf Twitter. Medienminister Alexander Schallenberg würdigte Weis als "großen Vordenker", der "maßgeblich an der stetigen Weiterentwicklung des österreichischen Rundfunks beteiligt" gewesen sei.

Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) erklärte, Weis habe über Jahrzehnte hinweg den ORF und seine wichtige Rolle in der Gesellschaft geprägt. Er habe eine Vorreiterrolle bei der Entwicklung innovativer Formate des ORF eingenommen und somit die österreichische Medienlandschaft entscheidend mitgeprägt. Für den früheren Medienminister Gernot Blümel (ÖVP) war Weis "gleichermaßen Fernsehmacher und Medienmanager. Eine Kombination, die nicht nur neue, innovative Sendeformate hervorgebracht hat sondern auch den ORF modernisiert und in das 21. Jahrhundert geführt hat."

SPÖ-Medien- und Kultursprecher Thomas Drozda nannte Weis "einen der innovativsten Medienmacher des Landes“, der sich große Verdienste um die Weiterentwicklung des ORF erworben habe. "Die österreichische Medienlandschaft verliert einen großen Medienmacher, aber auch eine große Persönlichkeit“, so Drozda. Der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ), den eine persönliche Freundschaft mit Weis verband, bezeichnete ihn als "Architekten und Baumeister des modernen ORF". "Wir verlieren mit Gerhard Weis einen großen Bürger unserer Stadt."

Auch FPÖ-Obmann Norbert Hofer würdigte Weis als "großen Medienmanager", der die Entwicklung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks maßgeblich geprägt habe. Ein großer Verdienst sei die Modernisierung des Unternehmens und die Entwicklung von mutigen und erfolgreichen TV-Formaten. Für FPÖ-Mediensprecher Hans-Jörg Jenewein war Weis "eine der bedeutendsten Persönlichkeiten in der Geschichte des ORF".

„Wir verlieren nicht nur einen innovativen Medienmanager, sondern einen engagierten Bürger, dem die Unabhängigkeit des Rundfunks und die Vermittlung von Kunst und Kultur ein großes Anliegen waren", erklärte NEOS-Klubobfrau und Mediensprecherin Beate Meinl-Reisinger zum Ableben von Weis.

Kardinal Christoph Schönborn hat Weis als "leidenschaftlichen Journalisten" gewürdigt, der "aus seiner christlichen Überzeugung nie einen Hehl gemacht" habe. "Gerhard Weis stand für Journalismus mit Haltung", unterstrich Schönborn am Samstag gegenüber "Kathpress".

Die Vereinigten Bühnen Wien, für die Weis mehr als zwei Jahrzehnte als Vorsitzender des Aufsichtsrates fungierte, bezeichneten ihn als "herausragenden Medien- und Kulturmanager und Wegbegleiter“. Franz Patay, Geschäftsführer der Vereinigten Bühnen, nannte Weis einen "außergewöhnlichen Kulturmanager", der in seiner Funktion als Aufsichtsratsvorsitzender das Unternehmen immer verlässlich begleitet habe. Auch Kurt Gollowitzer, Geschäftsführer der Wien Holding und stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der Vereinigten Bühnen, sagte, Weis sei dem Unternehmen fachkundig und mit Herzblut stets sehr verbunden gewesen.

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