Formel 1 in Spielberg: Große Nähe und journalistische Distanz

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Die Königsklasse des Motorsport ist für Fernsehsender und Journalisten eine Herausforderung. Ein Besuch bei Sky vor Ort beim GP von Österreich.

Für Formel1-Fans in Österreich ist der Grand Prix in Spielberg der Saison-Höhepunkt. Das Heimrennen des Red Bull-Rennstalls darf heute der ORF (und nicht ServusTV) live im FreeTV zeigen. 

Anders als in Deutschland, wo Sky Exklusivrechte hält, greift der Abo-Sender hierzulande aus der zweiten Start-Reihe ins Renngeschehen ein. Das garantiert jedenfalls einen ausgiebigen Motorsport-Sonntag mit u. a. auch Formel 3, Formel 2, MotoGP sowie Vorberichten, Rennanalysen und Interviews. 

AUTO-PRIX-F1-AUT-QUALIFYING

„Die Formel 1 ist für uns ein wichtiger Bestandteil unseres vielfältigen und hochwertigen Sportportfolios, gerade in einem Land, das mit Jochen Rindt, Niki Lauda oder Gerhard Berger Legenden dieses Sports hervorgebracht hat“, unterstreicht Sky Österreich-Chef Michael Radelsberger. „Die Formel 1 ist kein bloßes ,Nice-to-have', sondern ein integraler Bestandteil unseres Anspruchs, Sport auf höchstem Niveau zu präsentieren“, so Radelsberger. Wie sich der am Freitag bekannt gegebene Kauf durch RTL auswirkt, zeigt sich erst in ein, zwei Jahren.

Großer Aufwand

Der Aufwand der TV-Stationen bei der F1 ist enorm, wie ein Blick hinter die Kulissen zeigt, den Sky vor Ort ermöglicht hat. Der Pay-Sender setzt in Spielberg  30 Mitarbeiter ein. Moderator Peter Hardenacke: „Formel 1 ist Faszination und Emotionen, aber natürlich braucht es auch journalistische Distanz, um Dinge so zu berichten, wie sie sind. Klar haben wir ab und  an ein bisschen die deutsche Brille auf und hoffen auf ein gutes Abschneiden von Nico Hülkenberg.“ 

Thema des Wochenendes ist aber das beginnende Fahrerkarussell mit Mercedes und Max Verstappen im Mittelpunkt. „Da versuchen wir natürlich Informationen einzuholen, die wir uns dann auch auf Sendung bestätigen lassen. Wir fragen da nicht einfach aus einem Gefühl heraus, das hat Hand und Fuß", sagt Hardenacke. „Und wenn man die Protagonisten kennt, kann man auch die Nuancen in ihren Antworten bewerten, wie auch bei Dr. Helmut Marko.“

200 Millisekunden

Für alle Sender gleich ist, dass die F1 selbst die Bilder liefert. Seit der Pandemie produziert man remote im Medien- und Technologiezentrum (M&TC) in Biggin Hill bei London. Bilder von zahlreichen Kameras werden in nur 200 Millisekunden nach Großbritannien übertragen. Dort arbeiten etwa 150 Personen und KI-Programme am Worldfeed, das in etwa 180 F1-Gebiete ausgespielt wird. Pro Rennwochenende laufen im M&TC über 90 Video- und 150 Audio-Feeds zusammen, was über 500 TB Daten entspricht.

Den Blick aufs Rennen vor Ort hat für Sky wieder Sascha Roos: „Grundsätzlich ist es in Spielberg super – eine tolle Betreuung, freundliche Leute und die Sicht aus der Kommentatoren-Kabine ist auch ziemlich gut.“ Allerdings seien die Wege dorthin ziemlich lang, „weshalb man sich durch all die frenetischen Fans hindurch bewegen muss – zumeist sehr zügig, statt gemütlich.“ Das größte Manko für die Kommentatoren? Roos: „Es gibt leider keine separaten Toiletten! Wenn man kurz vor der Sendung nochmal muss, heißt es, sich in die Schlange der öffentlichen Toiletten einzureihen und dann höflich darum bitten, vorzugehen. Das ist, sagen wir mal, nicht das Highlight des Arbeitstags.“ 

Bei Formel-1-Übertragungen sind für die Fans inzwischen Zusatzinhalte entscheidend, besonders Daten und Grafiken. Etwas für das Sky-Expertenteam. Hardenacke: „Ralf Schumacher, Timo Glock und Nico Rosberg bringen durch ihre Zeit in der Formel 1 ein tiefes Verständnis für den Sport und seine komplexen Abläufe mit. Ihr erstklassiges Netzwerk in der Motorsport-Szene liefert unseren Zuschauern zudem exklusive Informationen und Einblicke.“ 

Sky-Reporter Peter Hardenacke (links) in Gespräch mit Helmut Marko, (Aut, Oracle Red Bull Racing, Motorsportchef) USA, F

Zum Job von Sky-Moderator Peter Hardenacke (links) und Experten Timo Glock gehört auch bei Dr. Helmut Marko jüngste Gerüchte abzuklären

Stress trifft Spaß

Am Spielberg-Wochenende ist Glock zusätzlich Co-Kommentator: „Ich haben großen Spaß an so einem Wochenende, weil man ständig im Thema bleibt – vom Vorlauf über Qualifying und Rennen bis zur Analyse danach. Klar ist das auch für den Kopf irgendwann anstrengend. Aber das ist Spaß pur.“

Herausfordernd am Kommentieren seien die vielen Informationen, die über fünf Bildschirme hereinkommen, während man „zuhause nur das TV-Bild hat und denkt, wieso hat der das  und das nicht angesprochen“, schildert Glock. Man bekomme dann auch noch Ansagen von der Regie aufs Ohr, und müsse natürlich auch da zuhören. „Wenn wir zu zweit vor Ort sind als Experten, wenn also Ralf auch dabei ist (der wegen seines 50. Geburtstags nicht dabei ist), dann passt das einfach sehr gut.“

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Sky-Moderator Peter Hardenacke sowie F1-Experte und DTM-Fahrer Timo Glock im KURIER-Gespräch

Was aber auch diesmal nicht fehlt, ist die Rubrik „Stop the Glock“: „Nico Hülkenberg wollte eine Revanche, weil er das Torwand-Schießen in Kanada verloren hatte. Sein Vorschlag diesmal waren Formel1-Autos von Lego zu bauen, die sind, glaube ich, auch ein persönlicher Sponsor von ihm. Wie es ausgeht? Er hatte bei dem Vorschlag wahrscheinlich nicht daran gedacht, dass ich zu Hause auch kleine Kinder habe“, schmunzelt Glock, der im Herbst als Fahrer mit der DTM zurückkehrt nach Spielberg. „Ich freue mich immer hierherzukommen. Spielberg hat einfach ein besonderes Flair, man fühlt sich wohl hier. Das ist nicht nur Arbeit, das ist auch wie ein bisschen Urlaub nebenbei.

Bewegungsspielraum

Im Paddock, gleich hinter den Boxen, herrscht gespannte Ruhe. Das ist auch in Spielberg so. Es ist eine eigene abgeschottete Welt, wo sich die Wege der F1-Teammitglieder, von Beratern und einigen Journalisten, vornehmlich von TV-Sendern, die hier ihre Live-Einstiege produzieren, kreuzen. 

Die Formel 1 ist da sehr strikt organisiert, niemand taucht hier irgendwo zufällig auf.  „Dennoch genießen wir einen weitgehend uneingeschränkten Bewegungsspielraum, der unsere journalistische Arbeit in vollem Umfang unterstützt“, heißt es bei Sky. 

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Bei der Formel 1 gibt es genaue Regeln für die Presse - aber auch für die Fahrer, wann sie zur Verfügung zu stehen haben

Ständiger Austausch

Experten dürfen etwa während der Trainings direkt an der Strecke das Fahrverhalten analysieren oder in der Boxengasse technische Änderungen erklären. Am Rennsonntag gibt es Interviews mit Fahrern und Teamverantwortlichen bis kurz vor dem Start. Nach Qualifying und Rennen sind Fahrer zu Interviews in der Mixed Zone verpflichtet, exklusive Interviews werden individuell vereinbart.

Die Sender sind mit der Formel 1 im ständigen Austausch. Dean Locke, Director of Broadcast & Media der Formel 1, stellt vor jeder Saison die geplanten Neuerungen vor – „gleichzeitig haben wir die Möglichkeit, eigene Ideen und Anregungen einzubringen. Auch während der laufenden Saison sind wir regelmäßig im Kontakt“, erklärt Sky. 

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Sky Österreich-Chef Michael Radelsberger: „Die Formel 1 ist kein bloßes ,Nice-to-have', sondern ein integraler Bestandteil unseres Anspruchs, Sport auf höchstem Niveau zu präsentieren.“Wie sich der am Freitag bekannt gegebene Kauf durch RTL auswirkt, zeigt sich erst in ein, zwei Jahren.

Umwelt und Politik als Dauerthema

Wie viele großen Sport-Events gastiert auch die Formel 1 in Ländern mit fragwürdigen demokratischen Standards. „Grundsätzlich beleuchten wir in unserer Berichterstattung Missstände generell kritisch und greifen diese journalistisch auf – unabhängig davon, um welches Land es sich handelt“, sagt Hardenacke. Diese Inhalte biete man auch im digitalen Sky Sport F1-Angebot. Er persönlich nutze die Reisen, „um mit Menschen vor Ort ins Gespräch zu kommen und mir ein eigenes Bild zu machen, wie beispielsweise zuletzt in Jeddah, Saudi-Arabien.“ 

Ein weiterer Aspekt der Formel 1 ist zudem der Umweltfaktor. Hier sieht Sky eine massive Weiterentwicklung: „Ab 2026 wird der Elektroanteil in den Hybridantrieben auf bis zu 50 % erhöht, und es werden Technologien wie Wasserstoff oder synthetische Kraftstoffe geprüft. Die Formel 1 fungiert dabei quasi als Testlabor für Innovationen.“ 

Ein kritischerer Punkt ist der Rennkalender. DHL transportiert pro Rennen bis zu 1.200 Tonnen Fracht, darunter Rennwagen, Motoren, Ersatzteile sowie Ausrüstung für Übertragungen. Dafür arbeiten 100 Logistik-Spezialisten, von denen etwa die Hälfte vor Ort im Einsatz ist. Für die Europa-Rennen sind 51 mit Biokraftstoff betriebene Lkw ein, darunter 14, die speziell für die Lieferung den Bereich erneuerbare Energie vorgesehen sind. Die Rennen geografisch zu bündeln, sieht man bei Sky als „Schritt in die richtige Richtung“, der „noch optimiert werden könnte.“

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