Dreh im verlassenen Hochhaus: "Zwischen Begeisterung und Depression"

Es ist kalt in dem verlassenen Bürohochhaus. Auch Michael Ostrowski trägt ein Paar der massiven Moonboots, die in größeren Mengen aufgestellt sind. Die neue ServusTV-Krimireihe „Trost & Rath“ ist zwar in Graz angesiedelt. Aber der Dreh für den zweiten Teil („Das große Schlachten“) begann Anfang April in Wien. Eine ehemalige Versicherungszentrale am Hietzinger Kai steht Pate für die Grazer Uni. Dort regiert ein Professor, der in seinen Büchern die schlimmsten Verbrechen der Steiermark sammelt.

Es ermitteln Ostrowski als Trost und Bea Brocks als Rath. „Meine Figur versucht, auf intuitive Art die Fälle zu lösen und meine deutsche Kollegin ist quasi die rationale, strukturiertere Ermittlerin“, sagt Ostrowski. „Die beiden ergänzen sich sehr gut“, sagt Bea Brocks, „weil sie so unterschiedlich sind. Der Trost ermittelt aus dem Bauch heraus und schlägt auch kreative Wege ein. Die Rath ist eher der Kopf von den beiden und sehr darauf bedacht, nach Indizien zu schauen.“ Rath habe als Kind CSI-Serien geschaut. Die habe sie sich vor dem Dreh auch angesehen, sagt Brocks.
Ostrowski hat zur Vorbereitung auf die Rolle mit echten Grazer Mordermittlern gesprochen. „Ich hab davor tatsächlich noch nie einen Polizisten gespielt“, sagt er. „Ich habe mich schon gefragt, ob ich das überhaupt kann, bin dann aber draufgekommen, dass das ein interessanter Beruf ist. Es ist kein Wunder, dass es diese deutsche Krimiflut gibt.“
Dreh in Wien und Graz
„Trost und Rath – Das große Schlachten“ ist der Auftakt für zahlreiche Spielfilm-Drehs von ServusTV in diesem Jahr. Am 5. April begannen die Dreharbeiten in Wien. Seit Dienstag ist das Filmteam in Graz, wo die Krimireihe auch angesiedelt ist. Das Drehbuch nach Motiven des Kriminalromans „Der Engel von Graz“ von Robert Preis stammt von Nikolaus Leytner und Anton Maria Aigner. Regie führt, wie bereits bei Teil 1, Leytner („Der Trafikant“). Produktionsfirma ist die Epo Film („Der Pass“). „Trost und Rath – Tanz mit dem Teufel“ wird dieses Jahr ausgestrahlt, Teil 2 im kommenden Jahr.
Besetzung
Das ungleiche Polizei-Duo wendet zum Teil unkonventionelle Ermittlungsmethoden an und treibt damit nicht nur ihren aufbrausenden Vorgesetzten Gierack (Robert Reinagl) und den anstrengenden Kollegen Hinterher (Dominik Warta), sondern auch so manche Tatverdächtige zur Verzweiflung.
Im ersten Fall, der die beiden ins Grazer Uni-Milieu führt, sind in weiteren Rollen u. a. Joseph Lorenz, Cosima Lehninger, Christian Strasser, Mercedes Echerer und Karl Fischer zu sehen.
Bea Brocks
Geboren 1989 in Kleve (D), Ausbildung in Leipzig. Gastengagements an mehreren Bühnen, arbeitete mehrfach mit der Regisseurin Anna Bergmann zusammen, so auch am Theater in der Josefstadt in Wien in „Fräulein Julie“ und „Madame Bovary“.
Zahlreiche Arbeiten für Film, Fernsehen und Kino, etwa in Nony Geffens israelischem Kinofilm „Everything is Broken up and Dances“ oder in Malte Wirtz’ „Nur ein Tag in Berlin“; zahlreiche Gastrollen in TV-Krimis
Am Beginn von Teil 1, der heuer ausgestrahlt wird, werden Trosts unübliche Methoden gleich eingeführt. „Mein erster Auftritt ist als Clown bei einer Kinderparty. Trost ermittelt auf eigene Faust und schleust sich dort ein. Da hab ich mir gleich gesagt beim Drehbuch lesen: Das ist nicht schlecht, das passt!“ (lacht)
Nicht ganz bierernst
Als Komödie würde er die Krimireihe zwar nicht bezeichnen, „aber es hat durchaus humoristische Elemente. Und das finde ich eigentlich ganz gut. Es ist kein kompletter Zufall, dass sie mich für die Rolle besetzt haben. Weil es vielleicht interessant ist, jemand zu haben, der das nicht ganz bierernst runterspielt“.
Gleich in Folge 1 wird Trost auch suspendiert, weil er auf etwas gefährliche Art und Weise eigenständig ermittelt. „Mein Berater von der Kripo mir gesagt: Für so etwas wirst du niemals suspendiert. Meistens wird man kurz strafversetzt und dann bist du in der Wäscheabteilung. Wäsche zusammenlegen als Bestrafung. Das würde ich gern aufgreifen.“
Demnächst geht es nach Graz für die Außenaufnahmen. „Mir macht es mehr Spaß, draußen zu drehen“, sagt Brocks. „Manchmal ist es dann natürlich kalt oder heiß oder windig, aber man erlebt mehr, als wenn man den ganzen Tag in einem Büro dreht.“

Südliches Flair
Das Grazer Flair empfinde sie als „sehr südlich“. Sie freue sich „schon wieder auf den Dreh in Graz, das hat für mich noch mal etwas Besonderes. Vielleicht liegt es auch daran, dass dort das Team von woanders herkommen musste. Dadurch haben wir in Graz viel mehr zusammen unternommen und ich habe die Stadt intensiver erlebt.“
Für Ostrowski, der in beiden Städten lebt, ist der Dreh in Graz ein Heimspiel, das sei für ihn „ein riesiges Privileg und voll schön.“ Er hoffe, „dass sich Graz, was die Kulturszene angeht, die Leichtigkeit und Anarchie bewahrt.“ Er ist ein Kind dieser Szene (z.B. Theater im Bahnhof) und habe es genossen, dort „frei zu sein in seinem Ausdruck.“
Sinnbild unserer Zeit
Der verlassene Bürotempel sei für ihn aber „ein traumhaftes, großartiges Motiv.“ Wir sprechen in einem großen Konferenzraum. Alle Möbel sind noch da, sogar ein Gemälde. „Ich bewege mich zwischen Begeisterung und Depression in diesem Gebäude“, sagt Ostrowski. „Dieser riesige Protzbau ist spitze eingerichtet und steht einfach leer. Eine Ressourcenverschwendung! Unser Tonmann ist herumgegangen und hat angefangen alle Pflanzen zu gießen, die wurden einfach stehengelassen. Es ist ein Sinnbild unserer Zeit, oder?“
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