Deutscher Rundfunkskandal: Besteht der ORF den RBB-Elchtest?

Es ist der Alptraum jedes Lobbyisten für gebührenfinanzierten Rundfunk: Die Intendantin des Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB), Patricia Schlesinger, wurde am Montag fristlos entlassen. Ein tiefer Fall – Anfang August hatte sie noch den Posten der ARD-Vorsitzenden bekleidet. Es geht um angebliche Freunderlwirtschaft und auffällige Privilegien für die 61-Jährige. Und einen womöglich zu laxen Umgang beim beruflichen und privaten Verhältnis zu Senderchefkontrolleur Wolf-Dieter Wolf.
Das Ganze kleideten Medien mit Details aus: Massagesitze im luxuriösen Audi A8, für den es einen hohen „Regierungsrabatt“ gab samt Privat-Chauffeur. Eine für 650.000 Euro mit Parkett und schicken Möbeln aufgemotzte Chefetage im RBB. 16 Prozent Gehaltserhöhung auf 303.000 Euro. Dazu kam ein vorher nicht bekannter Bonus. Und: Ihr Ehemann bekam einen gut honorierten Beratervertrag im Unternehmen des Senderchefkontrolleurs Wolf.

ORF-Generaldirektor Roland Weißmann.
Und der ORF?
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Deutschland steckt in der Krise. Aber würde die ORF-Führung den RBB-Elchtest bestehen?
Seit Jänner ist am Küniglberg eine neue Geschäftsführung im Amt. Generaldirektor Roland Weißmann und sein Direktorium haben sich keine Gehaltssteigerung verschafft – im Gegenteil: „Die seit heuer amtierende ORF-Geschäftsführung hat um zirka 10 Prozent niedrigere Gehälter (und erhält wie auch schon bisher keine Bonuszahlungen) und günstigere Dienstfahrzeuge als die vorangegangene Geschäftsführung“, hält Kommunikationschef Martin Biedermann fest.
Im Klartext heißt das: Auch Weißmann, der eigentlich Anspruch auf die Luxuskategorie hätte, fährt im Gegensatz zu seinem Vorgänger Alexander Wrabetz einen Audi A6. Ihm steht ein Chauffeur zu – für Dienstfahrten. Die anderen Mitglieder von Direktorium und Geschäftsführungen fahren VW oder Skoda. Premium: Ja. Luxus? Nein. Einziger Ausreißer ist der Baubeauftragte Pius Strobl, der einen teuren Audi E-Tron fahren soll.
Teure Berater?
Was Beraterverträge angeht, sticht Strobl auch ins Auge: Er war im November 2010 als Kommunikationschef zurückgetreten, weil ihm eine „Abhöraffäre“ zur Last gelegt wurde. Eine Mitarbeiterin hatte auf seine Anweisung Aufzeichnungen bei einer Stiftungsratssitzung erstellt.
Der Wrabetz-Intimus kehrte aber wieder zurück: Zunächst als Song-Contest-Organisator, dann als Manager für den ORF-Bau, auch für Humanitarian Broadcasting („Licht ins Dunkel“) und Sicherheit. Freunderlwirtschaft? Nennen wir es Vertrauensbasis. Beide Jobs macht Strobl tadellos.
Stichwort Umbau: Das Büro des ORF-Generaldirektors wurde unter Wrabetz im Zuge einer Gesamtsanierung vor fünf Jahren umgebaut. Eine genaue Bezifferung ist für die Kosten des Chefbüros nicht überliefert, die Inneneinrichtung darf aber als zweckmäßig durchgehen, extravagantes Interior-Design sucht man vergeblich. Schlesingers 650.000 Euro teures Büro mit nagelneuem Parkett überflügelt die Wiener Rundfunkmanager bei weitem.
Immer wieder kursieren auch Gerüchte, dass der abgewählte Ex-General Wrabetz als Konsulent beim ORF tätig wäre. Das weist man im Unternehmen zurück: Er habe „keinerlei Beratungsmandat im ORF, weder direkt noch über eine Beratungsfirma“, heißt es.
Der RBB ist ein Stück kleiner als der ORF – 3500 Mitarbeiter sind es in der ARD-Landesanstalt, im ORF rund 4000. Schlesinger bekam dafür 303.000 Euro plus Bonus. Weißmanns Gehalt ist nicht öffentlich, aber dürfte sich darüber bewegen.
Was Deutschland und Österreich dennoch unterscheidet: Die Maßstäbe ans öffentlich-rechtliche Management sind im Nachbarland exorbitant strenger. Dass man über Massagesitze in Dienstwagen debattiert, ist doch einigermaßen erstaunlich. Dafür herrscht in Deutschland deutlich mehr Transparenz: Die Gehälter der ARD-Intendanten werden öffentlich gemacht und können so nachvollzogen werden.
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