FM4 als junges Ö3? Ein weiteres Formatradio also von öffentlich-rechtlichem Zuschnitt? Seit den Äußerungen von Hörfunkdirektorin Ingrid Thurnher steht die heimische Kulturbranche Kopf. Und mancher österreichische Privatradiomacher versucht sich, einen Reim auf das Gesagte zu machen. Will der gebührenfinanzierte Platzhirsch etwa mit Ansage noch kommerzieller werden?
Möglich wäre es, denn das ORF-Gesetz gibt dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk im Wesentlichen nur einen Auftrag, was den alternativen Popsender angeht: „Das dritte österreichweit empfangbare Hörfunkprogramm hat in seinem Wortanteil vorwiegend fremdsprachig zu sein“, steht in Paragraf 5 unter „Weitere besondere Aufträge“. Ein Erbe aus den Zeiten des englischsprachigen Blue Danube Radio, dessen Frequenz FM4 Mitte der 90er zugeschlagen bekam. Die Bedingung: Es muss weiter Englisch geredet werden. Dass FM4 ein Sender mit hohem Wortanteil und spitzer Zielgruppe geworden ist, steht im Gesetz nirgendwo. Auch nicht, dass man sich der Hege und Pflege der österreichischen Popszene abseits von Gabalier und Co. verschrieben hat.
Der ORF könnte also, wie Thurnher das angekündigt hat, über ein weiteres, jüngeres Formatradio nachdenken. Ob dort englisch, BKS oder französisch geredet wird, wäre einerlei.
Kein Aufschrei, aber ...
Der erwartete Aufschrei der Privatradios bleibt vorerst aus. Corinna Drumm, Geschäftsführerin des Verbandes Österreichischer Privatsender (VÖP), nimmt die Debatte jedoch zum Anlass, auf ein gesetzliches Ungleichgewicht hinzuweisen: „Wir privaten Radiostationen haben mit unseren Formatvorgaben sehr klare Definitionen und Grenzen auferlegt bekommen. Besonders bei einem öffentlich-rechtlichen Programmangebot wäre zu erwarten, dass man nicht beliebig die Formate ändern kann.“ Nachsatz: „Das insbesondere vor dem Hintergrund, dass Ö3 ohnehin nicht den öffentlich-rechtlichen Auftrag erfüllt.“
Tatsächlich herrscht großes Ungleichgewicht bei den Zulassungsbestimmungen für Privatradios. Wie eng so ein Korsett ist, zeigt ein Auszug aus den Zulassungsbestimmungen, etwa von Radio Arabella Oberösterreich. Dieses ist „ein 24-Stunden Vollprogramm mit hohem Lokal- und Regionalbezug. Das Musikformat stellt zum einen auf englischsprachige Oldies aus den 60er-, 70er- und 80er-Jahren, zum anderen auf Austro-Pop und Austro-Alpen-Pop ab, wobei auch romantische italienische Musik und sanfte Hits der letzten 20 Jahre im ,Soft-AC Format‘ einen Bestandteil des Musikprogramms bilden. Das Wortprogramm beinhaltet im Wesentlichen Welt- und Österreichnachrichten, lokale Nachrichten, Wetterservice und Verkehrsservice. Das Verhältnis zwischen Musik- und Wortanteil beträgt etwa 70:30. Das Programm wird zu 95 % der Gesamtsendezeit eigengestaltet.“ Hielte Arabella Oberösterreich sich nicht an diese Vorgaben, weil es „ein Radio Oberösterreich für Junge“ werden will, hat es Pech gehabt: Die Sendelizenz würde wackeln.
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