"Crooks" als neuer Netflix-Hit - mit Bud Spencer als Inspiration
"Christoph Krutzler muss man gesehen haben, um ihn zu verstehen. Es gibt nur einen wie ihn." Das schreiben die Salzburger Festspiele über jenen Schauspieler, der heuer im „Jedermann“ die Rolle des Dicken Vetter spielen soll.
Als Fleischhauer Havlitschek zeigte er 2008 erstmals einem breiteren Publikum seine Einzigartigkeit, in Ödön von Horváths „Geschichten aus dem Wiener Wald“ am Wiener Volkstheater. 2014 folgte das Salzburg-Debüt in Karl Kraus‘ „Die letzten Tage der Menschheit“.
Bud Spencer und Terence Hill
Krutzler ist zum gefragten Gastdarsteller in Fernsehserien geworden, größere Rollen bekam er dann vor allem bei Regisseur Marvin Kren: In der Netflix-Serie „Freud“ (2020) oder im Fernsehfilm „Der weiße Kobold“ (2019).
Kren war es auch, der in ihm einen der beiden Hauptdarsteller für die Gaunerserie „Crooks“ sah. Krutzler erzählt mit einem Lachen: „Ganz am Anfang, als mir Marvin eine erste Buchversion gezeigt hat, hat er zu mir gesagt: Im Prinzip ist es wie Bud Spencer und Terence Hill in einem Film noir.“
Krutzler fiel dabei die Spencer-Rolle des Haudraufs zu. Er spielt den Wiener Unterwelt-Taxler Joseph. Als dieser in Berlin auf den Ex-Safeknacker Charly (Frederick Lau) trifft, beginnt eine actionreiche Verfolgungsjagd durch halb Europa.
Tschinn-Bumm und schwarze Seele
Krutzler fühlt sich dabei wohl. „Ich bin künstlerisch in den 1980er-Jahren sozialisiert worden, dazu zählen auch diese Actionfilme mit Stallone oder Schwarzenegger, die von der Geschichte her sehr flach waren und wo es hauptsächlich um "Tschinn-Bumm" gegangen ist.“
Die "Bud-Spencer-Signature-Moves" würden aber sparsam eingesetzt, sagt Krutzler, „damit es nicht wie eine schlechte Kopie wirkt. Den Dampfhammer gibt es aber ein Mal zu sehen, an einer nicht unwichtigen Stelle.“
100 Filmtitel habe ihm Kren als Referenz geschickt, darunter auch der Film noir "Der Panther wird gehetzt" (1960) mit Jean Paul Belmondo und Lino Ventura. „Da geht es um Männerfreundschaften in einem kriminellen Umfeld. Ich harmoniere ja sehr gut mit dem Freddy Lau, auch hinter der Kamera. Aber ich hab bei all dieser Bromance immer wieder gesagt: Bitte vergessen wir nicht - unsere Figuren sind Kriminelle. Das sind keine strahlenden, lupenreinen Helden. Ein bisschen eine schwarze Seele muss man da mitnehmen.“
Wiener Feeling
Der Humor kommt aber auch nicht zu kurz, nicht zuletzt durch die stark Wienerisch gefärbten Dialoge. „Das Wiener Feeling kommt gut rüber“, findet Krutzler.“ Das hat einen eigenen Groove in der Serie“.
Einmal spaziert er als Joseph herein und sagt zu einem ultrabrutalen Neonazi-Ganoven: "He, du Beidl".
Ob er da auch selbst mitgetextet hat?
Krutzler: „Da ist schon sehr viel von mir drin. Marvin besteht überhaupt nicht auf jedes Wort, das da geschrieben steht. Er sagt zurecht, dass ich meine Rolle viel besser kenne als er. Ich persönlich frage mich nicht, was ich sagen würde, sondern was Joseph jetzt sagen würde.“
Dass jede Gaunerpartie - also der Araber-Clan, genauso wie die Serbenbande - untereinander ihre eigene Sprache spricht, findet er „sehr gut und sehr heutig“.
Es riecht nach zweiter Staffel
Ein Prinzip, das auch international erfolgreich ist. Zwischen 4. und 21. April verzeichnete „Crooks“ weltweit 10,6 Millionen Views. In Woche zwei (8. bis 14. April) erreichte die achtteilige Serie sogar weltweit den zweiten Platz. Mit 5 Millionen Views lag man da etwa vor dem Megaprojekt „3 Body Problem“.
Eine zweite Staffel scheint da ziemlich realistisch, Serienschöpfer Kren hat auch schon jede Menge Ideen dafür. Netflix hält sich aber noch bedeckt. Was Krutzler für den Sommer in (angenehme) Planungsschwierigkeiten bringt. Denn es ruft der erwähnte Dicke Vetter in Salzburg.
Der einzige Komödiant beim "Metzger"
Davor freut sich Krutzler noch auf die Dreharbeiten für die zweite „Metzger“-Krimifolge für ServusTV (Mitte Mai bis Mitte Juni). Weil der erste Teil für ihn „ein künstlerischer Befreiungsschlag“ gewesen sei. Joseph von "Crooks" sei „kein einfacher Charakter“ gewesen. „Ein halbes Jahr mit dem Spazieren gehen, hat schon ein bissl an der Seele geknabbert“. Beim „Metzger“ habe er an der Seite von Simon Schwarz „den ärgsten Kasperl“ spielen können, obwohl die Kreativabteilung immer betont habe: "Wir machen keine Komödie!" – „Ich war offensichtlich der einzige, der dachte, dass er in einer super Komödie spielt.“ (lacht)
Seine komödiantische Ader kann er derzeit am Stadttheater Klagenfurt ausleben, in den beiden Nestroy-Einaktern „Frühere Verhältnisse“ und „Häuptling Abendwind“. Ein ziemlicher Kontrast zur knallharten Thriller-Serie "Crooks". „Wobei“, meint Krutzler schelmisch, „manche Figuren wie meine, oder die von Karl Welunschek, Georg Friedrich und Lukas Watzl haben schon wieder etwas Nestroyhaftes.“
Heimatliche Idylle
Einen netten Schmunzler liefert auch das Aufzählen der illustren Schauplätze von „Crooks“: Berlin, Wien, Genua, Marseille - und dann: Kemeten. Es ist Krutzlers Heimatort im Südburgenland. „Das finde ich würdig und recht“, sagt er mit einem Lachen. Regisseur Kren finde seit dem Landkrimi „Grenzland“ alles super, was aus dem Südburgenland kommt, „er empfindet es als heile Welt“. Auch in der Serie sei es ein (vermeintlicher) Safe Space zum kurzen Ausrasten. Gedreht wurde die kurzfristige Idylle aber im deutschen Brandenburg. Weil das neue österreichische Filmanreizmodell 2022 noch nicht in Kraft war, seien nur fünf von neunzig Drehtagen in Österreich absolviert worden.
Apfelsaft und Wein
Ebenfalls nicht aus Kemeten ist der Apfelsaft, den Joseph aufgrund seiner Alkoholabstinenz dauernd konsumiert. Für die Mengen, die bei der Produktion verbraucht wurden, „wäre mein wertvoller Apfelsaft zu schade gewesen“, sagt Krutzler mit einem Augenzwinkern. „Aber es stimmt schon, ich produziere selber Apfelsaft und neuerdings auch Wein. Seit knapp zwei Monaten habe ich eine eigene landwirtschaftlicher Betriebsnummer. Also für mich ist klar, wo's nach der Schauspielerei hingeht.“
Auch da schiebt er seinen kräftigen Signature-Lacher hinterher.
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