"Böhmi brutzelt": Fett am Kochen mit Gangsta-Rapper
*Disclaimer: Das TV-Tagebuch ist eine streng subjektive Zusammenfassung des TV-Abends.*
Jan Böhmermann macht eine Kochshow, die im Grunde nach dem Prinzip von Alfred Bioleks legendärer Kochsendung „alfredissimo“ läuft, und an dem Morgen, bevor die erste Aufzeichnung von „Böhmi brutzelt“ auf der ZDF mediathek freigeschaltet wird, stirbt Alfred Biolek. Was soll man dazu sagen?
Besser nichts.
Aber der ZDF-Satiriker hat kürzlich zugegeben, sich alte Biolek-Folgen auf Youtube angesehen zu haben. „Die sind fantastisch“, sagte Böhmermann. „Schlechtes Zeichen für Gäste war immer, wenn sich Biolek räusperte und ans Waschbecken zurückzog, um Sachen zu spülen, die er gar nicht spülen musste.“
Biolek hatte „viele komische Fernsehmomente“, sagte Böhmermann.
Aber wie sieht es nun mit der Komik in „Böhmi brutzelt“ aus?
Zunächst denkt man ja, Böhmermann macht eine Kochshow, um sich über Kochshows lustig zu machen. Im Interview kündigte er an, „sehr viel mit Schweinemett“ kochen zu wollen, „sehr AfD-mäßige deutsche Volksküche. Wenig Twists.“ Das klingt eher nach doppelbödiger Verarsche.
"Why not a Kochshow?"
Zu Beginn von „Böhmi brutzelt“ (1. Sendung am 24. Juli, 19:45 Uhr, auf ZDFneo) verkündet der Satiriker ohne Umschweife sein Konzept, als ob er gleich erklären müsse, warum er sich dem drögen Genre Kochshow zuwendet: „Ich mache eine Kochshow, um alle Leute, die Kochshows lieben und alle Leute, die Kochshows hassen gleichermaßen zur Weißglut zu bringen. Und die kurze Antwort ist: Why not a Kochshow?“
Die kurze Antwort Ihres Tagebuchschreibers ist: Böhmi dürfte das tatsächlich gelingen. Denn einerseits nimmt er das mit dem Fernsehkochen total ernst. Er erklärt die Zutaten, die einzelnen Arbeitsschritte, kredenzt antialkoholische Essensbegleiter, weil er selbst keinen Alkohol trinkt.
Andererseits kocht er in der Studioküche Marke "Raumschiff Enterprise“ eben viel mit Schweinemett, Kohl, Kasseler Fleisch, fetten Würsten. Das ist nicht gerade das, was Liebhaber von Kochshows mit der Zunge schnalzen lässt.
Köfte vs. Rouladen
Achja, einen Gast hat er auch, den iranischstämmigen Rapper, Producer und Gastronom Xatar. Der setzt auch auf Fleischberge und grillt Köftespieße nach Omas Rezept.
Der laut Welt „einzige deutsche Gangsta-Rapper, der wirklich zum Gangster wurde“ gibt eher einsilbige, trockene Antworten, wirkt aber nicht unsympathisch. Man lernt sogar etwas dabei. „In Süddeutschland ist der Knast richtig scheiße, aber das Essen ist unfassbar gut“, sagt er. Im nördlichen Deutschland sei der Knast „eher entspannt“, dafür sei die Knast-Küche schlecht.
Beim Verkosten des Kakao und Zimt aromatisierten Ayrans, den Böhmermann im Weinglas serviert, schauen beide ein bisschen skeptisch. "Schmeckt nach Weihnachten", findet Böhmermann.
Wenig Scherze
Böhmermann geht in Köln gern ins Kebabland, sagt er, trotz seines berühmten „Vorfalls mit Erdogan“ habe er dort kein Lokalverbot. Das habe ihn gewundert, bis er gemerkt habe: „kurdischer Betrieb.“
Es ist einer der wenigen Scherze Böhmermanns, der ansonsten ziemlich konzentriert zu Werke geht.
Der Polizistensohn lenkt das Gespräch noch auf seinen Vater, der bei MEK, SEK, Mordkommission war, also „richtig ernstzunehmen“.
Das ringt auch Xatar Respekt ab, der über Wohnungserstürmungen zu Hause berichtet, als wäre es tägliche Routine („aus irgendeinem Grund müssen’s die immer übertreiben“). Er spricht über den Weg zur kriminellen Karriere, schlechte Vorbilder, letztlich „lohnt es sich nicht“, „wovon alle rappen“, rät er den Zuschauern.
"Fusion!"
Inzwischen sind die beiden Gerichte fertig, Böhmermann hat natürlich stilecht „schon was vorbereitet“.
Beim gemeinsamen Verkosten sagt er feierlich: „Orient trifft Okzident.“
„Fusion!“ ergänzt Xatar (englisch ausgesprochen, Anm.).
Böhmermann zerreißt es fast vor Lachen bei dem trockenen Kommentar. Es sieht unheimlich ehrlich aus. Ihm scheint das alles tatsächlich Spaß zu machen.
Am Beginn der zweiten Folge, mit „Let’s Dance“-Jurorin Motsi Mabuse (ab 30. Juli), liefert er dann ein weiteres Motiv, eine Kochshow zu machen: „Um ein kleines bisschen seelischen Ausgleich zu finden“.
Und etwas später bekennt er: „Ich koch total gerne. Ich musste den Sender überreden, eine Kochsendung zu machen. Normal sagt man, beim ZDF kriegt jeder eine Kochsendung, der nicht bei drei auf den Bäumen ist.“
Etwas skeptisch scheint das ZDF tatsächlich gewesen zu sein. Die sechs vorproduzierten Folgen laufen beim Nebensender ZDFneo, jeweils am Samstag um 19:45 Uhr. Vorab sind sie jeweils ab Freitag, 10 Uhr, in der ZDF mediathek zu sehen.
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