Mit Jennifer Aniston, Reese Witherspoon und
Steve Carrell ist die Produktion hochkarätig besetzt, dass hier viel Geld geflossen ist, sieht man der Serie auch an. Allerdings braucht man ein wenig, um sich in die Story einzufinden. Dass die Protagonisten regelmäßig in sorgfältig ausformulierte Monologe ausbrechen, ist wenig realistisch. Etwas fragwürdig ist auch die Tatsache, dass der gefeuerte Moderator in den ersten Folgen als Opfer falscher Anschuldigungen dargestellt wird. Wie im weiteren Verlauf der Serie mit dem Thema #MeToo umgegangen wird, bleibt abzuwarten (aktuell sind erst drei Episoden verfügbar, wöchentlich gibt es Nachschub). Die TV-Branche bietet aber durchaus Boden für spannende Geschichten.
Das zweite Mammutprojekt von
Apple ist „See“: Die Serie spielt zwar in der Zukunft, das Umfeld erinnert jedoch eher ans Mittelalter. Durch einen Virus wurde ein Großteil der Menschheit dezimiert, die wenigen Überlebenden sind blind und leben in primitven Verhältnissen. Als zwei Kinder mit Augenlicht geboren werden, ist die Angst der Eltern groß: Denn die Fähigkeit zu sehen wird als Hexerei erachtet. Das ist durchaus ein spannendes Gedankenexperiment, allerdings bleibt so manche praktische Frage unbeantwortet (etwa wie die sehenden Kinder lesen lernen) und man braucht eine gewisse Toleranz für die schräge Serien-Realität: Gebetet wird hier per Selbstbefriedigung.
Eine fiktive Zeitreise gibt es auch bei „For All Mankind“: Hier hat nicht
Amerika, sondern die Sowjetunion den Wettlauf zum Mond für sich entschieden, eine Crew von Austronautinnen soll das – aus US-Sicht – Debakel richten. Es braucht ganze zwei Folgen (und damit zwei Stunden), um diese Vorgeschichte zu erzählen, was viel Sitzfleisch abverlangt. In US-Medien wurde „For All Mankind“ besser bewertet als die anderen Apple-Serien, die pathosschwangere Heldengeschichte ist für europäische Zuseher aber etwas dick aufgetragen.
Erfrischend kommt hingegen „Dickinson“ daher, eine Biografie der US-Dichterin Emily Dickinson, die trotz des historischen Settings mit moderner Musik (u. a. Billie Eilish) und salopper Sprache ausgestattet ist. Das ist durchaus witzig, wenngleich gewöhnungsbedürftig.
Das Angebot von
AppleTV+ ist bisher noch ausgeprochen klein – neben den vier Serien gibt es derzeit nur noch fünf weitere Produktionen. „The Morning Show“, „See“ und „For All Mankind“ sind mit Episodenlängen von circa einer Stunde sehr ambitioniert. Was noch fehlt, ist leichte Kost für zwischendurch wie „Friends“ oder „
The Big Bang Theory“. Bis sich ein Abo wirklich lohnt, dürfte es noch dauern. Die ersten Episoden kann man aber immerhin aktuell kostenfrei testen.
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