Antonia Rados: "Ohne Angst hätte es nicht geklappt“

Antonia Rados
Antonia Rados berichtete jahrzehntelang aus Kriegs- und Krisengebieten. „Wir leben in einer Zeit, wo sich die Karten neu mischen, das ist immer bedrohlich“, sagt sie.

Antonia Rados wird der Hugo-Portisch-Preis für ihr Lebenswerk verliehen. Ein Gespräch über die arabische Welt, über Kairo, Wien, ihre Vorbilder und Förderer, und was sie Frauen geraten hat.

KURIER: Krieg in der Ukraine und im Nahen Osten, Huthi-Rebellen, die Schiffe terrorisieren: Ist die Welt unsicherer geworden?

Antonia Rados: Es scheint eine Wiederkehr der großen Mächte zu geben: Amerikaner, Russen, Chinesen – dazu ein sehr verunsichertes Europa. Beide Kriege – Ukraine und Naher Osten – betreffen uns besonders. Die USA halten sich zurück und wollen hauptsächlich ihre Vormachtstellung als Supermacht behalten, die sie durch die Chinesen bedroht sehen. Wir leben in einer Zeit, wo sich die Karten neu mischen, das ist immer bedrohlich.

Es gibt da einen chinesischen Fluch: „Mögest du in spannenden Zeiten leben.“

Dieses Sprichwort gibt es auch im Nahen Osten, wo man sagt: „Besser 99 Jahre Diktatur, als einen Tag Anarchie“. Nach dem Mauer-Fall und dem Zusammenbruch der Sowjetunion hoffte man, dass jetzt die größten Probleme erledigt seien. Aber es kommen immer wieder neue.

Sie wohnen zeitweise in Kairo. Ägypten ist eine Diktatur. Wie lebt es sich dort als Journalistin?

Während des arabischen Frühlings war ich beruflich oft dort, doch vor einem Jahr bin ich in meine verdiente Rente gegangen. Kairo ist eine hochinteressante Stadt, in der 50 Prozent der Bevölkerung unter 18 sind. Man könnte sagen: Da geht die Post ab. Es gibt hier einerseits eine mittelalterliche Welt mit Repressionen. Andererseits hat selbst die Bäuerin, die nicht lesen und schreiben kann, ein Handy. Und vieles, das merkt man auch in Afghanistan, geht über die Sprache des 21. Jahrhunderts, die Bildsprache. Das ist auch die Sprengkraft der Kriege heute: Sie bestehen aus Bildern, die ungefiltert übers Handy gehen. Was mich immer faszinierte: Man kann in Konflikten den nächsten Tag nicht voraussehen. Das ist so eine Krankheit der Journalisten: Wir spielen Propheten.

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