Als der ORF das Streamen lernte
Am Samstag wird die ORF-TVthek zehn Jahr alt. 2009 startete die Plattform mit rund 70 Sendungen. Heute sind 38 Prozent des gesamten ORF-TV-Angebots on Demand und das, wie es der Gesetzgeber vorschreibt, bis sieben Tage nach der Ausstrahlung verfügbar (7-days-catch-up-Regel ). Abrufbar sind Eigen-, Auftrags- und Koproduktionen des ORF, für er die Onlinerechte hält, sowie „hochwertige Kaufproduktionen“. Dazu kommen Livestreams sowie 33 zeit- und kulturhistorische Videoarchive mit insgesamt 3.300 Videos im Rahmen der Aktion „ORF-TVthek goes school“. Erst im Frühjahr ist die Plattform einem Relaunch unterzogen worden. Das am häufigsten abgerufene Video der vergangenen zwei Jahre war eine „Willkommen Österreich“-Folge mit einer Parodie des Ibiza-Videos.
Gegründet wurde die ORF-TVthek unter ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz vom damaligen Onlinedirektor, dem heutigen ORF-Onlinechef und stv. Technik-Direktor Thomas Prantner. Der spricht im Interview über Status-Quo und Zukunft der TVthek, des geplanten ORF-Players und seiner Person im ORF.
KURIER: Der TVthek hing jedenfalls bis zum Relaunch der Ruf nach, etwas für ORF-Konsumenten zu sein, die etwas Bestimmtes übersehen haben, aber nichts für die wachsende Zahl der Streamer im engeren Sinn, jene die Surfen. Hat sich das durch den Relaunch geändert?
Thomas Prantner: Die ORF-TVthek ist die größte österreichische Videoplattform und ein unverzichtbares digitales Informationsmedium für die ÖsterreicherInnen geworden. Sie hat inzwischen 1,7 Mio. Userinnen und User pro Monat. Das sind jene, die eine Sendung im TV verpasst haben und sie nun im Web, via App oder am Smart-TV „nachsehen“ wollen. Diese Funktion der ORF-TVthek war und ist essenziell als Ergänzung und Unterstützung des linearen TVs. Das breitgefächerte, mehr als 220 Livestreams und Video-on-Demand-Sendungen aller Genres umfassende Angebot wird aber genauso von Menschen genutzt, die ganz einfach hochwertigen österreichischen TV-Content orts- und zeitunabhängig streamen wollen. Die ORF-TVthek bietet Interessante Inhalte, Services und Features für das gesamte Publikum und für alle Zielgruppen.
Was fehlt noch von der Bedienung her - lässt sich aus Reaktionen oder Markttests etwas ableiten?
Mit dem großen Relaunch im heurigen Frühjahr haben wir Design, Usability und Technik auf den neuesten Stand gebracht und die Publikumsreaktionen sind sehr positiv. Auch zahlreiche neue Features, wie erste Personalisierungsmöglichkeiten wurden implementiert. 2020 werden wir alle vier ORF-TV-Programme rund um die Uhr als Livestream anbieten.
Wo steht die Gesetzeslage im Wege?
In erster Linie sollen die antiquierte 7-days-catch-up-Regel und die mobilen Beschränkungen fallen, sowie die Bereitstellung von „Online first“ und „Online only“ ermöglicht werden. Eine entsprechende Modernisierung des öffentlich-rechtlichen Auftrages im Digitalbereich würde entscheidend dazu beitragen, diesen auch mittel- und langfristig optimal erfüllen zu können.
Muss der nächste Entwicklungsschritt schon im Rahmen des ORF-Players gesetzt werden?
Der ORF-Player steht im Zentrum der Digitalisierungsstrategie des ORF, wird der wichtigste Kanal im medialen Angebot des ORF werden und die Zukunft des ORF als modernes Multimedia-Unternehmen sichern. Die ORF-TVthek als wichtiges, aber gleichzeitig eigenständiges Modul des ORF-Players soll dabei einen wesentlichen Beitrag zu seinem Erfolg leisten.
Es wird nun ein neuer (dritter) Geschäftsführer der ORF-Online-Tochter gesucht: Welche Erwartungen haben Sie als Aufsichtsrat?
Als Aufsichtsratsvorsitzender der ORF Online & Teletext GmbH. freue ich mich, dass der ORF-Player nunmehr fix in der ORF ON angesiedelt wird. Der/die weitere Geschäftsführer/in wird mit seinem/ihrem Team für die Umsetzung des ORF-Players und weitere multimediale Online-Projekte zuständig sein. Ich erwarte, dass wir 2020 wesentliche Schritte beim Aufbau des ORF-Players schaffen werden.
Sie gelten als Verbindungsmann des ORF zur FPÖ. Rechnen Sie mit vorzeitigen Änderungen bei Ihrer Funktion als stv. Technik-Direktor, sollte es in absehbarer Zeit tatsächlich zu einer türkis-grünen Regierung kommen?
ORF-Online ist eine Erfolgsstory. ORF.at hat neue Rekordwerte, ist klarer Marktführer und die ORF-TVthek, die ich vor 10 Jahren gemeinsam mit Generaldirektor Wrabetz gegründet habe, ist die größte österreichische Videoplattform. Ich habe einen Vertrag als stv. Direktor für Technik, Online und neue Medien bis Ende 2021 und werde diesen erfüllen. Was danach ist, werden wir sehen. Der ORF wird mit jeder Regierung professionell zusammenarbeiten, unabhängig aus welchen Parteien sie zusammengesetzt ist.
Danke für das Gespräch.
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