"Medee" in Salzburg: Das Festspielhaus wird zum Kino
Die zweite szenische Opernproduktion bei den Salzburger Festspielen – eine sehr durchwachsene Angelegenheit.
Simon Stone, der gefeierte Jungregisseur, inszenierte Luigi Cherubinis „Médée“ im Großen Festspielhaus als aktuelles Eifersuchtsdrama. Reicher Ministersohn betrügt seine Frau, will eine andere heiraten, seine Ex dreht durch, darf am Flughafen zunächst nicht einreisen und soll abgeschoben werden. Dann gibt die Regierung nach, die Titelfigur ersticht ihre Rivalin und den ehemaligen Schwiegervater, vergiftet ihre Kinder (oder gibt ihnen Schlaftabletten) und verbrennt dann mit ihnen an der Tankstelle im Auto.
Kann man alles machen, Aktualisierung durchaus erwünscht. Aber diese Version bleibt distanziert, manches ist überinszeniert, hier ein bissl nackte Haut, dort eine
Playstation, alles im megaeleganten Ambiente. Diese Kälte ist bestimmt Kalkül – sie lässt einen aber auch kalt. Was hier an Oper zu sehen ist, hat nur beim Finale Emotion.
Am besten ist die Produktion, wenn Simon Stone Filme zeigt oder eine Stimme von Médée (gesprochen von Amira Casar) am Anrufbeantworter ertönt. Das ist aber auch nicht Sinn der Sache, dass man gemeinsam ins
Festspielhaus zum Streamen kommt. Man hat das Gefühl, dass hier dem Werk nicht ausreichend vertraut wird. Durch die vielen Ablenkungen, etwa ein riesiges TV-Gerät im Zentrum mit Liveübertragungen, weiß man nicht, wohin man zuerst schauen sollen. Hier fehlt der Fokus.
SALZBURGER FESTSPIELE 2019: "MEDEE"
SALZBURGER FESTSPIELE 2019: "MEDEE"
SALZBURGER FESTSPIELE 2019: "MEDEE"
SALZBURGER FESTSPIELE 2019: "MEDEE"
Leider auch musikalisch.
Thomas Hengelbrock am Pult der Wiener Philharmoniker ist zwar hörbar um einen zarten, transparenten Klang bemüht, bleibt dabei aber einiges an Dramatik und Gestaltung schuldig. Dieses Orchester könnte wesentlich mehr gefordert werden.
Sängerisch ist die Protagonistin die mit Abstand beste: Elena Stikhina als lyrische, aber durchaus schon dramatische Médée. Pavel Černoch ist als Jason stimmlich dünn besetzt, auch Vitalij Kowaljow könnte als Créon kraftvoller agieren, Rosa Feola (Dircé) hat einen schönen Sopran mit guter Höhe. Applaus, wenig Einspruch. Nächstes Mal nur bitte im Kino statt im Festspielhaus.
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