Szenisch verortet Goerden die „Medea“ irgendwo im Süden. Auf der sonst leeren Bühne (Silvia Merlo, Ulf Stengl) gibt es ein Pappkartonhäuschen, ein paar Schilfpflanzen und eine Dusche, aus der neben Wasser immer auch Blut spritzt.
König Kreon – wir sind sicher nicht in Korinth, sondern im Hier und Jetzt – kommt als eine Art Sugardaddy mit Sonnenbrille und Hawaiihemd (Kostüme: Lydia Kirchleitner) daher. Kreons Tochter Kreusa ist ein klassisches Püppchen mit Blondhaarperücke, Jason wiederum trägt Anzug.
Medeas Amme Gora ist in Tracht (und mit Zöpfchen!) gewandet und wird hier von einem Mann (Michael König) gespielt. Warum dem so ist, bleibt offen, neue Erkenntniswerte bringt dieser Geschlechtertausch auch nicht wirklich.
Ganz klassisch als Fremde, als Barbarin ist Medea gezeichnet. In Schwarz und mit Kopftuch kämpft sie um ihre Kinder und anfangs noch um Jason, den sie liebt, der Medea aber problemlos für das eigene Fortkommen opfert.
Joseph Lorenz gibt diesen Opportunisten als Mann am Rande des Nervenzusammenbruchs; immer wieder kommt es zwischen diesem Paar zu bösen Szenen einer (längst gescheiterten) Ehe. Dank des virtuosen Joseph Lorenz und der alle Emotionen in die Waagschale werfenden Sandra Cervik als Medea sind dies stärksten Momente der Aufführung.
Dass Goerden nebenbei noch große Themen wie Schuld und Sühne, #MeToo oder Menschen mit Handicaps (eines der Kinder sitzt im Rollstuhl) anschneidet, stört nicht.
Denn dank der exzellenten Darsteller (auch Katharina Klar als Kreusa und Wolfgang Hübsch als Kreon) geht sich dieser Spagat zwischen allen Ebenen ganz gut aus. Eines ist nämlich klar: Goerden wertet nicht, bei ihm gibt es keine Sympathieträger, da regiert die emotionale Kälte. Das ist stringent, macht aber die Party-Schlussszene noch läppischer.
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