Matt Damon: "Man muss sehen, dass du leidest"
Matt Damon kehrt als "Jason Bourne" zurück. Lange Zeit sah es nicht so aus. Nach "Bourne Ultimatum" (2007), dem dritten Teil der Filmreihe, herrschte erst einmal Sendepause. Zwar gab es einen Ableger mit Jeremy Renner in "Das Bourne Vermächtnis"; doch von Matt Damon keine Spur. Erst knapp zehn Jahre später – unter der Regie von Paul Greengrass – ließ er sich zum Comeback überreden.
In "Jason Bourne" (Kinostart: Donnerstag, 11.8.) ) findet der Ex-CIA-Auftragskiller sein verlorenes Gedächtnis wieder. Matt Damon ist so stark auftrainiert, dass er im wirklichen Leben fast schon wieder füllig aussieht. Ein Gespräch über das Alter und die Veränderung der Welt.
KURIER: Mr. Damon, gleich in der ersten Szene sieht man Sie muskelbepackt in einen wüsten Boxkampf verwickelt. Wird Ihnen diese schwere Körperaction nicht langsam anstrengend?
Matt Damon: Oh ja! Im ersten "Bourne"-Film war ich 29, jetzt bin ich 45 – da wird alles immer schwieriger. Außerdem bin ich überhaupt nicht der Typ, der sich darum reißt, zwei Mal täglich im Fitness-Center zu trainieren. Im Gegenteil, ich fühle mich recht wohl in meiner Haut. Aber Paul Greengrass sagte gleich am Anfang zu mir: "Wenn wir wollen, dass dieser Film gelingt, muss man gleich in der ersten Szene sehen, dass du leidest. Denn wenn der Zuseher das Gefühl bekommt, du hättest in den letzten zehn Jahren ein nettes Leben geführt, ist es vorbei." Und das war meine Motivation. Ich wollte, dass man sieht, wie ernst wir diesen Film nehmen und wie sehr wir uns den Hintern aufreißen, um den bestmöglichen Film zu machen.
Lange Zeit sah es so aus, als würden Sie überhaupt nicht in dieser Rolle zurückkehren. Was hat Sie nun doch bewogen?
Na ja, ganz entschieden war die Sache nie und wir haben in den letzten Jahren immer wieder über einen weiteren Film nachgedacht. Aber so viele Leute haben auf eine Fortsetzung gedrängt, bis wir nicht mehr Nein sagen wollten. Außerdem ist es ein toller Gedanke, dass es ein loyales Publikum da draußen gibt, das auf diesen Film wartet. Ich weiß das wirklich zu schätzen, denn ich habe in meinem Leben genug Filme gemacht, die kein Mensch sehen wollte (lacht).
Warum hat dieser Prozess so lange gedauert?
Weil wir einfach keine gute Story, kein gutes Drehbuch hatten. Das Universal-Studio hatte einen Deal mit dem Estate von Robert Ludlum (dem Autor der "Bourne"-Thriller) und war verpflichtet, 2012 mit einem neuen "Bourne"-Film herauszukommen. Aber wir hatten keinen. Daher kam Tony Gilroy ("Bourne"-Drehbuchautor und Regisseur) auf die Idee, die "Bourne"-Filme wie beispielsweise die "X-Men"-Filme als Franchise zu erweitern. Er entwarf ein ganzes "Bourne"-Universum, innerhalb dessen dann ein "Spin-off" wie "Das Bourne Vermächtnis" mit Jeremy Renner entstehen konnte. Dadurch war das Studio nicht mehr abhängig davon, ob Paul Greengrass und ich eine gute Idee für den nächsten Film haben oder nicht. Mir leuchtet das ein. Aber trotzdem sah ich selbst "Bourne" nie als etwas wie die "Bond"-Filme, die über fünfzig Jahre ewig weitergehen konnten wie ein Evergreen.
Haben Sie das Gefühl, dass "Bourne" politisch kritischer und aktueller ist als "Bond"?
Es war uns immer wichtig, am Puls der Zeit zu sein. Klar, ein Film übersteigert die Realität, trotzdem wollten wir von der Welt erzählen, in der wir alle Leben. Die ersten drei "Bourne"-Filme verhandelten die Bush-Präsidentschaft und den Kampf gegen den Terror. Wir hatten Folterszenen mit "Waterboarding" und Actionsequenzen in Städten wie Madrid, London und New York, wo Terrorismusangst ganz besonders aktuell war.
Seit damals hat sich die Welt ziemlich verändert.
Das kann man so sagen! Es ist unglaublich, was seit 2007 – unserem letzten "Bourne"-Film – und heute alles anders ist. Und das in einem knappen Jahrzehnt! 2007 war Bush noch Präsident, alle machten auf High-Life mit geborgtem Geld, der große Börsenkrach hatte noch nicht stattgefunden und die Social-Media-Unternehmen waren noch kleine Fische. Heute sind es alles transnationale Großkonzerne mit unglaublicher Macht. Von Edward Snowdens Enthüllungen wusste noch niemand, und die Frage, wer aller Zugriff auf unser digitales Leben hat, war auch noch nicht Teil des Zeitgeists. So vieles hat sich geändert – und wir hatten das Gefühl, nun könnten wir Jason Bourne wieder durch diese neue tagesaktuelle Landschaft schicken. Deswegen beginnen wir diesmal an der griechisch-mazedonischen Grenze, wo all die Emigranten nach Europa kommen. Es gibt es eine Austerity-Demo in Athen; und natürlich ist die digitale Überwachung ein großes Thema des Films.
Tatsächlich kommt in "Jason Bourne" ein Hacker vor, der stark an Julian Assange angelehnt ist. Er wird aber ziemlich kritisch dargestellt. Warum?
Weil die Bourne-Figur immer jedem kritisch gegenüber steht, der institutionelle Macht hat – egal, ob es sich um die Regierung, einen Großkonzern oder auch einer Gegenmacht handelt.
Wenn Sie auf Ihre eigene Karriere zurückblicken: Macht Ihnen das Schauspiel noch genauso viel Spaß wie vor 20 Jahren? Oder könnten Sie sich auch vorstellen, nur zu produzieren?
Also, ich liebe den Prozess des Filmemachens und ich würde gerne Regie führen. Was das Schauspiel betrifft: Da fällt mir Clint Eastwood ein, der einmal zu mir sagte, er hätte es satt, sich selbst auf der Leinwand zu sehen (lacht). Deswegen spielt er nur noch hin und wieder in Filmen. Das kann ich mir für mich selbst auch vorstellen – einfach weniger zu spielen. Aber in das Filmemachen selbst bin ich verliebt. Das könnte ich nie aufgeben.
Wird es einen weiteren "Bourne"-Film geben?
Keine Ahnung. Das hängt von Paul Greengrass ab, der jetzt einmal mindestens zwei andere Filme in Planung hat. Dann werden wir weitersehen, wie es in der Welt aussieht – und ob wir Jason Bourne brauchen, um die Welt vor einem Präsident Trump (schaudert) zu retten.
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