Martin Traxl: "Da kann etwas nicht stimmen"

Martin Traxl: "Da kann etwas nicht stimmen"
Zu wenig Kultur im ORF, sagt die Medienbehörde. ORF-Kulturchef Martin Traxl, sagt, wie weit sein Kulturbegriff reicht.

Laut Medienbehörde zeigen ORF eins und ORF 2 zusammen nur 3,1 Prozent Kultur. Was sagt der ORF-Kulturchef dazu?

KURIER: Wie erklären Sie sich die Vorwürfe der Behörde?
Martin Traxl:
Deren Berechnungsgrundlagen erscheinen mir fragwürdig. Man huldigt da einem Kulturbegriff aus dem 19. Jahrhundert.

Was meinen Sie damit?
Für mich ist dieser Kulturbegriff zu eng, es geht offensichtlich nur um Hochkultur im klassischen Sinn. Am absurdesten wird es, wenn Filme, die auf ORF eins oder ORF 2 laufen, als Unterhaltung eingestuft werden, wenn sie aber auf ORF III laufen, als Kultur. Das ist nicht zu akzeptieren. Und ich halte Produktionen wie "Braunschlag" durchaus für kulturelle Leistungen.

Der ORF weist auch "Liebesg’schichten und Heiratssachen" als Kultur aus.
Filmische Aufarbeitung von gesellschaftlichen Vorgängen fällt sehr wohl unter dem Begriff "Kultur". Es kommt nicht von ungefähr, dass die "Liebesg’schichten" von der Kulturabteilung produziert werden.

Ist der Kulturbegriff unendlich dehnbar? Wo ist die Grenze?
Sicher nicht unendlich. Eine amerikanische Daily-Soap hat wahrscheinlich wenig mit Kultur zu tun.

Martin Traxl: "Da kann etwas nicht stimmen"

Auf ORFeins gibt es gar keine Kultur.
Was ist mit der Berichterstattung in den "ZiBs"? Mit österreichischer Filmkunst, mit Kabarett, der Popmusik? Oder mit Kinderprogramm? Pädagogisch gemachtes, intelligentes Kinderprogramm wird automatisch der Unterhaltung zugerechnet. Man muss sich genauer anschauen, auf welche Fakten sich die Behörde da stützt.

Arbeitet die Behörde schlampig?
Man sollte die Gegendarstellungen des ORF berücksichtigen, bevor man mit Zahlen an die Öffentlichkeit geht, die nicht der Realität entsprechen. Wenn man Hanekes "Klavierspielerin" der Unterhaltung zuordnet, kann etwas nicht stimmen.

Könnten Sie sich als Kulturchef nicht freuen über die Forderung: Bitte, mehr Kultur?
Eh, grundsätzlich können wir nicht genug Kultur haben. Aber man muss das, was es gibt, anerkennen. Allein die tägliche Berichterstattung.

Die es in der "ZiB" nicht gibt.
Doch. Täglich bis zu sechs Mal. Es gibt nur keinen eigenen Moderator mehr. Selbst, wenn ich den engeren Kulturbegriff anwende, liefert ORF 2 mehr Kultur als ARD und ZDF zusammen. Dass ich immer mehr produzieren will, ist klar.

Sie freuen sich also nicht, wenn andere Kulturjournalisten noch mehr Kultur von Ihnen sehen wollen?
Ich freue mich nicht, wenn andere Kulturjournalisten nicht wahrnehmen, was wir machen, weil sie selber jeden Abend im Theater sitzen und die "ZiB 1" gar nicht sehen.

Heißt das, Sie sind wunschlos glücklich?
Verbesserungspotenzial gibt es immer. Ich glaube auch, dass wir in ORF eins noch mehr tun können.

Mehr zum Thema

  • Hauptartikel

  • Kommentar

  • Hintergrund

  • Kommentar

  • Hintergrund

Kommentare