Mariss Jansons bringt die Seele zum Klingen

Mariss Jansons bringt die Seele zum Klingen
Der Stardirigent leitet zum zweiten Mal das Neujahrskonzert und wünscht sich vor allem Gesundheit. Ein Interview.

Im Jahr 2006 hat Mariss Jansons das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker erstmals dirigiert. Ein Sensationserfolg für Dirigent und Orchester. 2012 steht Jansons wieder am Pult des Orchesters. Ein Gespräch über Erwartungen, Hoffnungen, Freude und die Kraft der Musik.

KURIER: Sie dirigieren das Neujahrskonzert zum zweiten Mal. Macht das die Sache leichter oder schwerer?

Mariss Jansons: (lacht) Beides zugleich. Auf der einen Seite kennt mich das Orchester jetzt noch besser. Und auch ich weiß noch mehr um die Qualitäten der Musiker Bescheid. Auf der anderen Seite sind die Erwartungen der Menschen natürlich hoch. Wir werden uns also sehr anstrengen müssen, um das Publikum in aller Welt glücklich zu machen. Aber ich bin da zuversichtlich. Die Wiener Philharmoniker sind so, so gut. Und ich werde mir die größte Mühe geben, auch so gut wie möglich zu sein. Ich freue mich jedenfalls sehr.

Wann haben Sie mit den Vorbereitungen begonnen?

Ab dem Moment, als mich das Orchester gefragt hat, ob ich das Neujahrskonzert dirigieren möchte, haben Philharmoniker-Vorstand Clemens Hellsberg und ich begonnen, über das Programm nachzudenken. Es gibt ja ein paar Fixpunkte, aber wir wollten auch das eine oder andere neue Werk bringen. Beim Neujahrskonzert kann man gar nicht früh genug mit den Vorbereitungen beginnen. Es ist einfach ein besonderes Konzert.

Was macht dieses Konzert für Sie so besonders?

Alles. Das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker ist eine Botschaft, ein Gruß an die ganze Menschheit. Es wird rund um den Erdball gesehen und gehört. Diese wundervolle Musik der Strauß-Dynastie soll allen Menschen Freude bringen und Hoffnung geben.

Was bedeuten Strauß und Kollegen für Sie?

Wenn ich Johann Strauß höre, werden auch viele Erinnerungen wach. Ich denke unwillkürlich an den einen oder anderen Ball, an die eine oder andere junge Liebe, mit der ich zu dieser Musik getanzt habe. Da kommen wunderschöne Stimmungen auf, da schwingt auch ein bisschen Nostalgie mit. Vor allem aber: Diese Musik berührt die Seele, bringt die Seele zum Klingen.

Inwiefern?

Natürlich kann man sagen: Ich höre jetzt einen Walzer oder eine Polka und genieße das einfach. Das soll auch so sein. Aber wenn man sich wirklich mit den einzelnen Stücken auseinandersetzt, merkt man, wie sehr etwa Johann Strauß da in die Tiefe geht. Die Oberfläche mag gut klingen. Aber wenn man es zulässt, dann versetzt einen diese Musik in einen zutiefst emotional berührenden Zustand. Ich gebe aber auch zu, dass manche Strauß-Werke auch Unterhaltungsmusik sind. Aber auf höchstem, besser auf allerhöchstem Niveau.

Welche Botschaft wollen Sie den Menschen mit diesem Konzert vermitteln?

Freude, Hoffnung. Und den innigsten Wunsch, dass sich 2012 vieles zum Besseren entwickelt. Heuer gab und gibt es so viele Kriege, so viel Unglück und dann natürlich noch die Krise. Wenn man Nachrichten hört, kann man manchmal nur verzweifelt sein. Das Neujahrskonzert soll da auch sagen: Wir haben ein neues Jahr, wir können einen Neubeginn schaffen, wir können etwas Besseres für uns und alle Mitmenschen schaffen. Ich weiß, das ist ein frommer Wunsch, aber ich höre nicht auf, mir das zu wünschen.

Und was wünschen Sie sich persönlich für 2012?

Es gibt da einen ziemlich bösen Witz. Ein Mann sagt zu einem anderen: „2011 war ein schreckliches Jahr. 2012 wird noch schlimmer. Aber keine Angst: 2013 wird noch viel, viel schlimmer. Also wird 2012 ein gutes Jahr.“ Aber im Ernst: Ich wünsche mir vor allem Gesundheit. Ich hatte ja bekanntlich einige gesundheitliche Probleme und musste auch Konzerte absagen. Jetzt geht es mir wieder gut, und ich hoffe, das bleibt auch so.

Das hoffe ich auch ...

Danke. Die Hoffnung, die in der Musik liegt, macht das Neujahrskonzert ja zu etwas ganz Besonderem. Für mich ist es wirklich eine Ehre, wieder die Philharmoniker dirigieren zu dürfen. Ich mache das mit größter Demut.

Mariss Jansons: Bescheidener Star

Biografie: Mariss Jansons wurde 1943 in Riga/Lettland geboren. Sein Vater war der Dirigent Arvids Jansons; seine Mutter war Sängerin. Jansons studierte Violine, Klavier und Dirigieren im damaligen Leningrad, u. a. bei Jewgeni Mrawinski, in Wien bei Hans Swarowsky und Herbert von Karajan. Zu Beginn seiner Karriere war er (wie einst sein Vater) stellvertretender Dirigent der Leningrader Philharmoniker.

Stationen: Von 1979 bis 2002 war Jansons Chefdirigent des Osloer Philharmonie Orchesters, das er an die Weltspitze führte. 1997 wurde er Chefdirigent des Pittsburgh Symphony Orchestra. Seit 2003 leitet er das Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks als Chef, seit 2004 auch das Concertgebouw Orchester Amsterdam. Zudem ist Jansons regelmäßiger Gast am Pult der Wiener Philharmoniker.

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