Schwarz und Rubey: "Das geht einigen Leuten auf die Nerven"
Während Manuel Rubey bereits mit Thomas Stipsits und solo auf Kabarettbühnen unterwegs war, wird es für Simon Schwarz am 10. Jänner 2024 das erste Mal sein. An diesem Tag gilt es bei der Premiere von „Das Restaurant“ im Wiener Stadtsaal abzuliefern. Angst vorm Scheitern habe Schwarz aber nicht, wie er im KURIER-Interview sagt. Denn er könne sich auf Manuel verlassen – und das seit mehr als fünfzehn Jahre.
So lange sind die beiden Wiener nämlich befreundet. Diese Freundschaft hat sich in den vergangenen Monaten intensiviert, denn Rubey und Schwarz machen jetzt nicht nur gemeinsam Kabarett, sondern betreiben auch einen Podcast. So lautet der Deal, wie sie im Interview sagen.
KURIER: Viele machen einen Podcast, wenige verdienen damit Geld …
Simon Schwarz: Das ist vollkommen richtig.
Warum machen Sie es dann?
Manuel Rubey: Das ist eine gute Frage. Denn bis jetzt kostet uns das nur Geld – und sehr viel Zeit. Es ist wie ein teures Hobby. Klar gäbe es die Möglichkeit, ein bisschen Werbung zu schalten. Das können wir uns zwar auch vorstellen, aber bislang haben wir uns dagegen entschieden.
Wie viele Menschen erreichen Sie bereits?
Rubey: Genau Zahlen nennen wir nicht. Aber es sind viele. Also viel mehr, als wir uns erträumt haben. In Deutschland gibt es noch Luft nach oben. In Österreich funktioniert das aber schon sehr gut.
Hören Ihnen eher Männer oder Frauen zu?
Schwarz: Frauen. Aber zunehmend auch mehr Männer. Die holen auf. Was wir noch gerne hätten, wären mehr Jugendliche.
Was unterscheidet Ihren Podcast von den anderen?
Rubey: Was uns sicherlich von der klassischen „Zwei Männer machen einen Podcast“-Liga unterscheidet, ist, dass wir nicht recht behalten müssen.
Schwarz: Deshalb haben wir am Anfang des Podcast auch die Fehler-Rubrik ins Leben gerufen, weil man erstens Fehler machen darf. Und zweitens Fehler auch ansprechen und zugeben sollte, was viele leider nicht machen.
Wo nehmen Sie den Podcast auf?
Schwarz: Entweder bei mir oder beim Manuel zu Hause. Je nachdem, wo gerade Platz ist, es ruhig ist. Wir könnten das eigentlich überall machen, denn wir haben das ganze Aufnahmezeug in einem großen Koffer. Damit könnten wir verreisen. Eine Folge haben wir schon mal im Freien aufgenommen. Eine Urlaubsfolge. Da hört man im Hintergrund das Lagerfeuer knistern, was seinen Charme hat. Wichtig ist es, dass es sauber klingt. Weil eine schlechte Tonqualität erhöht, den Abschaltreflex enorm.
Wird die Aufnahme noch geschnitten?
Rubey: Wir schicken die Aufnahmen unserer Produktionsfirma, die sitzt in Deutschland. Die säubern das Material ein bisschen. Also es wird gemastert, also die Soundqualität verbessert und ein paar Kleinigkeiten rausgeschnitten, wie Huster oder andere störende Geräusche. Eine Bedingung war es: Ich will das nicht selbst schneiden und auf die Plattformen hochladen. Diesen Stress wollen wir uns nicht auch noch antun. Eine andere Bedingung war: Wenn ich einen Podcast aufnehme, dann will ich im selben Raum, am selben Ort wie Simon sein. Also ich will keine Skype-Gespräche oder Videocalls führen. Ich möchte meinem Gesprächspartner in die Augen schauen – und nicht mit einem Bildschirm reden.
Wie fällt bislang das Feedback aus?
Rubey: Wir bekommen eine Flut an Reaktionen und es wird immer mehr. Das alles zu beantworten, schaffen wir nicht mehr.
Schwarz: Es gehen Türen auf, die man nicht für möglich halten würde. Man könnte theoretisch von jeder Folge ein Spin-off machen. Es melden sich viele Hörerinnen und Hörer, die zu einem Thema etwas beizutragen haben, durchaus auch mit ihrem Wissen prahlen. Aber wir wollen keinen Wissenschafts-Podcast machen, sondern unterhalten.
Rubey: Wir wollen eine schöne Zeit schenken, ein Lächeln, ein bissl Hoffnung. Man sollte sich nach dem Hören ein bisschen besser fühlen. Wir liefern in der Regel eine Stunde Zerstreuung.
Schwarz: Mit mir macht das auch was. Ich bin total reingekippt, recherchiere, beschäftige mit Themen, die mir bislang egal waren. Es ist alles sehr neu und sehr spannend. Wenn wir mit unserem Podcast jemanden inspirieren können, die Welt ein kleines Stück besser zu machen, sich selbst besser zu fühlen, dann haben wir schon viel erreicht. Deshalb auch die Rubrik „Gute Nachrichten“ reingenommen.
Rubey: Der Simon hat zum Beispiel ein Anliegen, das ihm wirklich wichtig ist: die Umwelt. Das wird auch im Podcast immer wieder aufgegriffen, was einigen Leuten auf die Nerven geht.
Schwarz: Das kümmert mich nicht.
Rubey: Ich kenne Kollegen, die sich zu diesem Thema bewusst nicht äußern, weil sie damit 50 Prozent ihres Publikums vergraulen würden.
Schwarz: Mir ist es aber wichtig. Ich bin der Meinung, dass man den Umweltschutz, das Thema mit dem Klimawandel nicht der Politik überlassen sollte. Darum sollten sich Experten, wir als Gesellschaft kümmern.
Ihr macht nicht nur den Podcast, sondern habt auch ein Kabarettprogramm geschrieben. Wie kam es dazu?
Schwarz: Ich wurde tatsächlich oft gefragt, ob ich nicht Kabarett machen möchte. Das hat mich aber bislang nie interessiert. Der Manuel hat mich vor zwei Jahren einfach im richtigen Moment gefragt.
Welcher Moment war das?
Schwarz: In einem Moment, wo ich mir gedacht habe, dass ich einen anderen Weg einschlagen muss, um nicht so zu werden, wie viele andere, die ihr ganzes Leben immer das Gleiche machen, nach 104 Filmen immer wieder dasselbe Interview mit Journalisten führen, das zehnte Mal in Cannes davon erzählen, wie schwer es ist, Arthouse-Filme zu drehen. Es war für mich die Zeit gekommen, Neues auszuprobieren. Das ist natürlich mit Risiko verbunden. Aber wenn man einen Bauchfleck macht und wieder aufsteht, hat man einen wichtigen Schritt im Leben gemacht.
Rubey: Ich glaube, der größte Unterschied zur Schauspielerei ist, dass wir das alles selber in der Hand haben, wir unsere eigenen Produzenten sind. Das ist im Schauspieler-Alltag ja keineswegs der Fall, denn da ist man immer weisungsgebunden. Mit dem Podcast und dem Kabarettprogramm haben wir die Planungshoheit über unser Berufsleben.
Schwarz: Ich will auch nicht mehr mit Menschen zusammenarbeiten, die mit mir viel Geld verdienen, von meiner Kreativität leben und mit meinen Ideen Profit schlagen. Darauf habe ich keine Lust mehr.
Rubey: Schauspielerei ist ein Handwerk und kein künstlerischer Beruf. Deswegen produzieren in Amerika alle Schauspieler, sobald sie einen Namen haben, Filme mit. In Österreich und Deutschland ist das durch das Fördersystem etwas anders. Außerdem sind die österreichischen Produzenten auch nicht daran interessiert, dass Schauspieler coproduzieren.
Schwarz: Alles, was du als Schauspieler an Ideen der Regisseurin oder den Autor lieferst, wird als selbstverständlich angesehen. Dann machst du auch noch Werbung für das Ganze, weil das auch dazu gehört, aber dafür bekommt man kein Geld. Man ist an diesem Tag nicht einmal versichert.
Rubey: Simon hat zwar zugesagt, aber mit einer Bedingung: Ich muss dafür einen Podcast mit ihm machen.
Schwarz: Mir war schnell klar, dass wir uns für die Entwicklung des Kabarettprogramms viel Zeit nehmen müssen. Ich habe ja keine Ahnung, was ein Kabarettprogramm überhaupt ist. Wir haben dann erstmal einen Termin für die Premiere fixiert. Mit dieser Deadline im Rücken haben wir angefangen, zu schreiben.
Hat der Podcast irgendwas mit dem Kabarettprogramm zu tun?
Rubey: Nicht wirklich. Man muss sich den Podcast also nicht anhören, um das Kabarettprogramm zu verstehen.
Schwarz: Wir dachten uns am Anfang, dass wir unsere Fortschritte beim Schreiben des Programms irgendwie auch zum Thema machen. So wie das bei US-Serien und Filmproduktionen gerades angesagt ist. Dort begleitet man Dreharbeiten mit einem Podcast, der einen mit vielen Randinformationen und Insiderwissen versorgt. So wollten wir das auch anlegen. Wir sind dann aber schnell in eine andere Richtung abgebogen, haben aus dem Podcast was Eigenständiges gemacht.
Rubey: Das mit dem Abbiegen ist überhaupt so ein Problem von uns. Wir haben zwar bei jedem Podcast ein Thema, das sich einer von uns beiden im Vorfeld überlegt, aber spätestens nach fünf Minuten sind wir schon wieder ganz wo anders.
Schwarz: Es gibt zwar immer ein Konzept, einen Plan, aber den verwerfen wir oft ganz schnell. Es ist wie bei einem Gespräch mit einem guten Freund. Man kommt von einem zum anderen.
Wie geht sich das wöchentliche Podcast-Machen und die Kabarett-Termine mit der Schauspielerei aus, musste man dafür Dreharbeiten für 2024 absagen.
Schwarz: Für 2024 ist es eh schon viel zu spät. Bei den Planungen für die Filmprojekte sind wir gerade im Jahr 2025. Und da ist auch nicht mehr viel möglich.
Rubey: Aufgrund der geplanten Kabarett-Auftritte habe ich bereits bei zwei Filmen abgesagt. Die wären sich einfach mit unserer geplanten Tour nicht ausgegangen.
Schwarz: Durch den Podcast und unser Kabarettprogramm müssen wir einfach noch längerfristiger planen. Also, liebe Filmproduzenten, Regisseure und Regisseurinnen da draußen: Wenn jemand mit uns was machen will, dann sollten sie früh mit uns das Gespräch suchen.
Sie sehen sich seit Monaten manchmal drei bis vier Mal die Woche. Hat darunter bereits die Freundschaft gelitten?
Schwarz: Nein, im Gegenteil. Sie wurde noch intensiver.
Rubey: Es ist die erste Zusammenarbeit, die bis jetzt komplett friktionsfrei abläuft. Wir haben noch nichts gefunden, worüber wir hätten streiten können. Und ich streite sehr gerne.
Wer von Ihnen ist harmoniebedürftiger?
Schwarz: Sicherlich der Manuel. Denn ich scheue keine Konfrontation. Wenn ich mit einem Arschloch zusammenarbeite, dann verabschiedet sich meine Harmoniebedürftigkeit. Ich gehe durch Wände, wenn ich das Gefühl habe, ich bin hier im Recht. Letztens habe ich zwei Polizisten aufgefordert, dass sie ihren Job machen sollten, weil da vor ihrer Nase jemand gegen die Einbahn gefahren ist. Sie sind einfach herumgestanden und haben nichts gemacht. Ich habe Sie dann gefragt, was mit ihnen los sei, warum sie ihren Job nicht machen.
Rubey: Ich ärgere mich stattdessen still vor mich hin. Das ist auch nicht gesund.
Das Stück heißt „Das Restaurant“. Worum geht’s?
Schwarz: Zwei Schauspieler führen ein Restaurant, was bereits eine bescheuerte Idee ist. Es funktioniert auch nicht, obwohl sich diese zwei patscherten Deppen von früh bis spät abstrampeln. Als dann etwas passiert, läuft der Laden von allein. Die Geschichte hat einige Parallelen zu unseren Biografien.
Rubey: Es ist ein Stück, das auch schauspielerische Elemente, Doppelconférence-Szenen hat. Mir hat kürzlich ein 90-jähriger Mann erzählt, dass er sich schon auf unser Stück freut, weil er aus der Zeit Farkas/Waldbrunn komme, er dieses Solistentum nicht verstehe, da es zum Spielen mindestens zwei brauche. Das habe ich schön gefunden. Ich kenne mittlerweile beides: das Duo mit Thomas Stipsits und mein Solo. Beides hat Vor- und Nachteile. Aktuell genieße ich es wahnsinnig, mit Simon auf der Bühne zu stehen.
Haben Sie die gleiche Vorstellung von Humor?
Rubey: Es gibt natürlich keine 100-prozentige Übereinstimmung. Aber wenn ich mit Simon Zeit verbringe, haben wir es meistens lustig.
Mussten Sie Witze verteidigen?
Rubey: Da wir lange Zeit keine Witze im Programm hatten, gab es auch nichts zu verteidigen. (lacht) Aufgefallen ist mir das beim Lesen der ersten Bühnenfassung: Darin gab es keine einzige Wuchtel. Ich dachte mir: Oje, das wird noch ein steiniger Weg. Aber wir sind ihn gegangen – und jetzt gibt es Wuchteln.
Schwarz: Wir werden das Stück von Termin zu Termin weiterentwickeln, ständig ein bisschen verändern. Im Jahr 2025 wird das ein ganz anderes Stück sein als jetzt.
Rubey: Sie können sich also für jetzt und für einen Termin im Jahr 2025 Karten kaufen. Sie werden zwei unterschiedliche Stücke sehen. Vielleicht heißt das dann auch anders. „Das große Restlessen“ wäre ein möglicher Titel.
Herr Schwarz, haben Sie Geschmack am Kabarett gefunden?
Schwarz: Das kann ich noch nicht wirklich sagen. Aber ich hatte bislang eine sehr gute Zeit mit Manuel. Es macht wahnsinnig Spaß. Es ist erfüllend, bereichernd. Und bei den ersten Probeabenden hatten wir auch das Gefühl, dass das Publikum das gut annimmt, eine gute Zeit hat.
Podcast und Kabarett: Manuel Rubey und Simon Schwarz veröffentlichen seit Juni jeden zweiten Donnerstag eine neue Episode ihres Podcasts. In einer Stunde wird viel geredet – über Urologenbesuche, das Leben als Hypochonder, über Honigbienen und Selbstzweifel. Den Podcast gibt es überall, wo es Podcasts gibt. Die Premiere von „Das Restaurant“, dem ersten gemeinsamen Kabarettprogramm, gibt es am 10. Jänner 2024 im Wiener Stadtsaal. Termine unter manuelrubey.com
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