Manfred Deix gestorben: Der Beach Boy unter den Zeichnern
Keiner konnte die Spezies Österreicher in ihren charakteristischen Ausprägungen so genau beobachten und bis zur Kenntlichkeit so überzeichnen, dass man diesen Figuren tatsächlich immer wieder begegnet. Oder einer den anderen unter fettleibigen, glubschäugigen Gestalten plötzlich erkennt: "Franz, das bist ja du!"
Die Reaktionen zum Tod des Karikaturisten
Er wollte bei seiner Arbeit immer möglichst viel Spaß haben und sagte, er habe bei all seinen Bildern herzhaft gelacht. Er nahm lustvoll das menschlich Abgründige ins Visier: pädophile Priester und Neonazis ebenso wie pickelige Spießbürger und Freaks aller Art.
Manfred Deix: Ein Leben in Bildern
Kurzum: Er war die brennende Lunte zwischen bissigster Karikatur und schonungsloser Gesellschaftskritik. "Man hat mir oft Geschmacklosigkeit und Brutalhumor vorgeworfen", sagte er. "Aber wer, wenn nicht der Satiriker, soll die Dinge beim Namen nennen?"
In der Vorhölle
Im September 2014 hatte der Kettenraucher einen Herz-Kreislauf-Zusammenbruch erlitten. Nun hat Manfred Deix seinen Zeichenstift für immer aus der Hand gelegt. Er starb am Samstag, 25. Juni, im Spital.
"Die Welt ist ja noch viel grauenhafter als meine Zeichnungen. Die sind eher behübschend und verharmlosend", meinte der Karikaturist und Autor zahlreicher Bücher. "Im Vergleich zur Realität sind meine Bilder Oasen des Friedens und der Höflichkeit."
Dabei sah sich der Mann mit dem bösen Strich keineswegs als unbequemer Künstler. Nur die Realität, die er abbilde, sei unbequem. Für ihn war Spott und mitunter derber Humor Notwehr.
Mit sechs Jahren verkaufte er seine Nackertenzeichnungen für 10, 15 Groschen an Klassenkameraden. Mit neun malte er ein erotisches Daumenkino. Hundert Zeichnungen über eine Frau, die sich auszieht. "Das Höschen hat sie anbehalten", erzählte er später, "weil ich nicht wusste, wie es darunter aussieht."
"Für immer Deix": Karikaturen des großen Manfred Deix
Als Elfjähriger bekam er eine wöchentliche Comic-Strip-Serie in der Niederösterreichischen Kirchenzeitung. An der Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt in Wien studiert er ab 1965 u.a. mit dem späteren Roncalli-Gründer Bernhard Paul und Gottfried Helnwein.
Ab 1972 gab es erste Veröffentlichungen seiner Blätter u. a. in Profil, Trend, später auch in Stern, Spiegel und Pardon. Seine Signatur schmückt statt eines i-Punktes eine kleine Königskrone.
Die Untiefen und Bodenlosigkeiten der österreichischen Seele lotete das Enfant terrible der heimischen Zeichnerszene schonungslos aus. Die von ihm dargestellten Typen wurden als "Deixfiguren" sogar in den Duden aufgenommen, wobei für den schadenfrohen Betrachter natürlich immer die anderen gemeint sind.
Menschenabbilder
Der Hollywood-Regisseur Billy Wilder war ein großer Fan von Deix. Und U2-Frontmann Bono verglich 1993 die Texte seiner Band mit den Bildern von Deix.
Das Material ging ihm nie aus. Denn solange es Menschen gibt, solange gibt es auch Makel. Also konnte er stets aus dem Vollen schöpfen.
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