Der amerikanische Süden beginnt in Simmering

Kritik. Lynyrd Skynyrd rockten den Gasometer.

Mama, bügel die Südstaatenflagge auf, heute gemma zu die Lünnat Skinnert...

Das dürfte in vielen Haushalten das Motto gewesen sein – denn selten sah man die Gasometer-Halle so beängstigend voll wie beim Konzert von Lynyrd Skynyrd: Motorrad-Gang-Mitglieder; in Ehren ergraute Outlaws, für die der amerikanische Süden in Simmering beginnt; aber auch Menschen, die sichtlich im bürgerlichen Leben angekommen sind, die sich aber noch erinnern, dass da doch einmal irgendwas war ... was war das noch? Aja, Freiheit!

Sie alle erlebten ein erstklassig gespieltes Southern-Rock-Konzert. Southern Rock: Jenes Genre, in dem die Volksmusik des US-Südens ein Echo im Rock ’n’ Roll findet – Fluchttendenzen Richtung Hardrock sind dabei strengstens erlaubt.

Obwohl es auch andere große Bands dieser Spielart gibt – Allmann Brothers Band, Molly Hatchet, 38 Special, oder als zeitgenössische Vertreter Black Stone Cherry und Kings Of Leon – verkörpert niemand diese Musik so stark wie Lynyrd Skynyrd. Die Band steht fürs Durchhalten, fürs Überleben. Bandmitglieder starben bei einem Flugzeugabsturz, bei Verkehrsunfällen oder an zu viel Rock ’n’ Roll, aber die Gruppe ist immer noch da. Als einziges Originalmitglied ist Gitarrist Gary Rossington geblieben, am Mikrofon steht heute Johnny Van Zandt, der kleine Bruder des Originalsängers Ronnie. Die meist führende von drei Gitarren spielt heute Rickey Medlocke, der selbst einmal eine sehr interessante Band anführte: Blackfoot.

Die Truppe, die heute Lynyrd Skynyrd verkörpert, spielt hervorragend zusammen. All die herrlichen Bier-Freundschaft-Freiheit-Sturheit-Schlager wie "Simple Man", "That Smell", "Gimme Three Steps", "Call Me The Breeze" und natürlich "Sweet Home Alabama" (die Band stammt eigentlich aus Florida...) klingen nie wie Dienst nach Vorschrift. Dementsprechend geht die Stimmung sehr rasch Richtung Volksfest. Und natürlich hat ein amtliches Skynyrd-Konzert mit "Workin’ For MCA" zu beginnen und mit "Free Bird" zu enden.

Ein wenig irritierend: Obwohl die Band nach wie vor Alben aufnimmt, und zwar keineswegs schlechte, stammte der jüngste gespielte Song aus 1977.

Das ganze Theater mit den Südstaaten-, US- und Österreich-Flaggen muss man, naja, mögen. Die Musiker haben in vielen Interviews versichert, dass sie keineswegs die unverbesserlichen Rednecks sind, als die sie gelten.

Fazit: Ein gutes und sehr sympathisches Rockkonzert.

KURIER-Wertung:

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