Die Farm der Arbeitstiere

Von Mäusen und Menschen / Herrenseetheater
John Steinbecks Drama "Von Mäusen und Menschen" am Herrensee in Litschau.

Sie träumen von einer eigenen kleinen Farm. Von Früchten, die sie für sich selbst ernten können. Von Tieren, die ihnen gehören und nicht einem fremden Herrn, dessen Leibeigene sie sind: Die Landarbeiter George und Lennie hören trotz ihrer widrigen Lebensverhältnisse nicht auf zu hoffen. Ein besseres Leben ist doch nur ein paar Erntesaisonen entfernt.

Wenn alles gut ginge.

Doch es geht nicht gut, wenn der Autor, von dessen Stück hier die Rede ist, John Steinbeck heißt. Der pflegte zeitlebens die Kunst der gnadenlosen Sozialkritik an den Zuständen in den USA der Depressionszeit. In seiner Roman-Trilogie „Von Mäusen und Menschen“, „Stürmische Ernte“ und „Früchte des Zorns“ beschrieb Steinbeck die hoffnungslose Lage kalifornischer Landarbeiter. Steinbeck verfasste die Bücher in den Dreißigerjahren des vorigen Jahrhunderts, doch wer „Von Mäusen und Menschen“ im idyllischen Herrenseetheater im Waldviertler Litschau sieht, staunt über die Aktualität des Themas. Arbeiter in schäbigen Massenquartieren, die um einen Hungerlohn schuften, doch, die gibt es auch heute noch zuhauf.

Ensembleleistung

Margit Mezgolich, die die Leitung des Herrenseetheaters von dem nach Stockerau abgewanderten Zeno Stanek übernommen hat, beweist in ihrer Inszenierung des Steinbeck-Dramas vor allem ein gutes Gespür für Schauspieler. Die sind nicht nur gut gecastet, sondern auch gut geführt und gehen in ihren Rollen förmlich auf. Gottfried Neuner als George und Erol Raymond Ünsalan als der geistig zurückgebliebene Lennie sind berührende, aber keineswegs pathetische Archetypen geknechteter Menschen. Clemens Berndorff ist als „Koarli“, Sohn des Farmbesitzers, ein hitzköpfiger Fiesling wie aus dem Bilderbuch. Elisabeth Veit als Koarlis Frau gibt das gelangweilte Flittchen mit sichtlichem Amüsement.

Die Leistung des Ensembles macht einige kleine Schwächen der Inszenierung (wie den überflüssigen Erzähler im plüschigen Hasenkostüm) locker wett und den Abend insgesamt zu einer Bereicherung.

Es lohnt sich also, von Wien aus die zweistündige Fahrt ins Waldviertel anzutreten – schließlich ist neben dem Theater- ja auch noch das erfrischende Bade- und Erholungserlebnis am Herrensee mit eingeschlossen.

KURIER-Wertung: **** von *****

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