"Liliom" in St. Pölten: Wenn Freiheit nur eine bitterböse Utopie ist

"Liliom" in St. Pölten: Wenn Freiheit nur eine bitterböse Utopie ist
Molnárs „Liliom“ hadert am Landestheater NÖ wie ein Popstar im Versace-Outfit mit seinem Schicksal.

Mit Ferenc Molnárs so großartiger „Vorstadtlegende“ namens „ Liliom“ kann man vieles machen. Man kann darin ein poetisches Märchen, eine leider tragisch endende Liebesgeschichte, eine bitterböse Sozialstudie oder eine folkloristische Milieubeschreibung sehen.

Denn die Geschichte rund um den Hutschenschleuderer Liliom und seiner Unfähigkeit, die ihm so ganz ergebene Julie zu lieben, ist von zeitloser Gültigkeit, hat auch dank Alfred Polgars fantastischer Übersetzung eine enorme Sprengkraft, bietet viele Möglichkeiten der Interpretation, der Dekonstruktion.

Schablonen

Zu viele vielleicht für Regisseur Rudolf Frey, der sich am Landestheater Niederösterreich nicht entscheiden kann, in welche Richtung es gehen soll. Reduktion ist bei Frey Trumpf, die Protagonisten bleiben – mit Ausnahme von Liliom – simple Schablonen, Zerrbilder ihrer selbst.

Weg mit der Folklore, weg mit dem Märchen, weg mit der Liebe – hin zu einem, der frei sein will. Das scheint auf der rot-weiß-rot-gestreiften Bühne (Vincent Mesnaritsch zeigt ganz zuletzt eine Amtsstube) wie eine Versuchsanordnung. Liliom und Julie sind bei Frey eine Art Bonnie und Clyde, die sich gegen eine grell geschminkte und grell kostümierte (Aleksandra Kica) Ordnung stemmen.

So weit, so gut. Nur zieht Frey das nicht durch. In den knapp zwei Stunden – es fehlen einige, nicht unwichtige Szenen – hadert dieser Liliom wie ein Popstar im Versace-Outfit mit seinem Schicksal. Lilioms Rückkehr auf die Erde nach 16 Jahren Fegefeuer (bei Frey ein Dampfbad) findet nur in Form einer Erzählung statt. Das ist fein gelöst.

Popstar

Wie auch Tim Breyvogel einen herrlich fahrigen, an Jim Morrison gemahnenden, bis zur absoluten Selbstentäußerung gehenden Liliom gibt. Breyvogels Spiel ist fantastisch und entfesselt. Dagegen mutet Hanna Binders nur duldende Julie bieder an. Josephine Bloéb (als Marie), Patrizia Pfeifer (Frau Muskat), Dennis Cubic (Ficsur) sowie Sven Kaschte (Polizeikonzipist) machen aus ihren Rollen noch das Beste.

Star der Aufführung aber sind die Strottern (Klemens Lendl und David Müller) sowie Drehleierspieler Matthias Loibner, die diesen Molnár mit dem richtigen Tonfall versorgen.

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