"Liliom" an der Burg: Die Liebe als großes Abenteuer

"Liliom" an der Burg: Die Liebe als großes Abenteuer
Eine überaus zärtliche Inszenierung, die aussieht wie ein Film von Wim Wenders, als berührender Theaterabend.

„Liliom“ von Ferenc Molnár ist eigentlich die Geschichte  einer missglückten Selbstermächtigung. Liliom, Ringelspiel-Ausrufer auf einem Rummelplatz, möchte seinem Elend entkommen, ein ungeschickt geplanter Raubüberfall geht schief und Liliom findet von eigener Hand den Tod, den er vielleicht sogar gesucht hat.

Zärtlich

Regisseur Philipp Stölzl interessiert am Burgtheater etwas anderes. Er erzählt die unter all der Brutalität verborgende Liebesgeschichte. So erlebt man eine fast zärtliche Inszenierung. Dieser „Liliom“ sieht beinahe so aus wie ein Film von Wim Wenders.

Es beginnt mit zwei schwarzen Engeln, die den toten Liliom in Kenntnis setzen: So sieht sein Jenseits aus.

So, das ist eine deprimierende G’stätten, mit dürrem Gras bewachsene Sandhügel, die die Bühne (Bühnenbild: ebenfalls Philipp Stölzl) dominieren. Die beiden Engel führen Liliom noch einmal durch sein schrecklich missglücktes Leben.

"Liliom" an der Burg: Die Liebe als großes Abenteuer

Liliom ist ein Vorstadt-Casanova, der mit der Ringelspiel-Besitzerin Frau Muskat zusammenlebt. Als ihm die junge Julie begegnet, wird er mit etwas konfrontiert, das er nicht kennt, und mit dem er nicht umgehen kann: die Liebe.

Er  behandelt die Liebe so, wie er alles behandelt: mit Brutalität. Julie liebt ihn dennoch, ehrlich und tief und sprachlos. Obwohl er spürt, dass sich hier eine große Chance öffnet, reagiert er hilflos und misshandelt Julie und seine eigenen Gefühle.

Vorsichtig

Philipp Stölzl, der bekannt wurde als Regisseur von Musikvideos für Madonna oder Rammstein, von Werbespots und von Kinofilmen, inszeniert diese Geschichte vorsichtig und, wie gesagt, zärtlich. Es gelingen ihm großartige Momente, etwa, als Julie bei dem toten Liliom sitzt und in ihrer tiefen Verzweiflung erstmals zurückschlägt.

Oder die stets gefährliche, schwierige Schlussszene, als Liliom noch einmal zurück auf die Erde darf und seiner Tochter begegnet, wieder die Liebe spürt und wieder nur Brutalität als Antwort findet.

"Liliom" an der Burg: Die Liebe als großes Abenteuer

Männerrolle

Stefanie Reinsperger ist ein wunderbarer Liliom (dass hier eine Frau eine sehr intensive Männerrolle spielt, vergisst man sofort). Sie zeigt einen Menschen, der nie gelernt hat, mit Gefühlen umzugehen.

In all ihrer plumpen, ungeschickten, bemitleidenswerten  Gewalttätigkeit berührt diese Figur zutiefst.

Mindestens ebenso gut ist Maresi Riegner als sprachlose Julie, die an ihrer tiefen Liebe zu Liliom festhält, auch wenn sie instinktiv spürt, dass sie ihn nicht retten kann.

Das Ensemble spielt großartig. Etwa Franziska Hackl als Frau Muskat, Norman Hacker und Tilman Tuppy als Engel, Sebastian Wendelin als Stutzer, Robert Reinagl in mehreren Rollen oder Fabia Matuschek als Lilioms Tochter.

Das Schlussbild berührt zutiefst: Auf zum Trocknen aufgehängte Wäsche wird ein Film projiziert, der glückliche Augenblicke aus dem Leben von Liliom und Julie - wie es sie hätte geben können - zeigt.

Am Ende gibt es großen Jubel und viele Bravos für eine (bis auf ganz wenige flache Momente) geglückte Aufführung, die die Liebe als großes Abenteuer zeigt, welche in diesem Fall ein Leben dennoch nicht retten kann.

Oder vielleicht doch?

KURIER-Wertung: Viereinhalb Sterne
 

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