Lieblingsplatten des Jahres 2012

Lieblingsplatten des Jahres 2012
Das sind die Lieblingsplatten der KURIER Kultur-Redaktion. Mit dabei: The xx, Santigold, Hot Chip, Neil Young u.v.m.

Das waren die packendsten Alben des Jahres 2012. Der KURIER wählte – auch hier wieder streng subjektiv – die besten Platten. Die Wahl war überaus schwer und hat mit Sicherheit auch die eine oder andere Überraschung parat.

Frank Ocean – "Channel Orange"

Diese Stimme, diese Songs: Frank Ocean ist zweifelsohne einer DER Höhepunkte des Jahres 2012. Der US-amerikanische Sänger hat sich auf "Channel Orange" dem R’n’B angenommen, also jenem Genre, das einst von Größen wie Curtis Mayfield oder Marvin Gaye dominiert wurde und nun von diversen leichtbekleideten Bitches und Möchtegern-Gangstern, den immergleichen Beats und seichten Lyrics überflutet wird. Dem setzt Ocean eine wunderschöne Mixtur aus Soul, HipHop, Pop und Funk entgegen – dargebracht mit Köpfchen, Stil und Leidenschaft.

Soap & Skin – "Narrow"

Mit der zweiten CD hat die Steirerin Anja Plaschg den Tod ihres Vaters verarbeitet, macht die Verzweiflung, Lähmung und Not, die sie danach empfand, körperlich spürbar. So, dass es fast weh tut. Und fasziniert wie sonst nichts in diesem Jahr.

John Talabot – "Fin"

Der Katalane John Talabot veröffentlichte nach zahlreichen Tracks für renommierte Labels sein Debütalbum "Fin". Darauf vermischt er sonnendurchfluteten Melodien mit verschlafenen Discobeats, Slow-Motion-House und Afterhour-Depression. Und es fehlt dem Album auch nicht an potentiellen Dancefloor-Krachern: "Oro Y Sangre“ ist zum Beispiel so ein Track für die Primetime im Club – herrlich wie da die Synthesizer gen Himmel eiern und für den nötigen Groove sorgen. (mawe)

Grimes - "Visions"

Bereits Ende Jänner veröffentlichte Grimes alias Claire Boucher ihr drittes Studioalbum. Der Hype um die zierliche Kanadierin sollte das ganze Jahr anhalten. Zu Recht: Tragende Synthie-Klänge gepaart mit feenhaftem Gesang ließen einnehmende Songs wie das verträumte "Oblivion" entstehen. Ihren sphärischen Sound erzeugte Grimes mittels Auto-Tune. So verzerrte, verhallte, verdoppelte sie ihre Stimme. 2012 war sie zwar nicht die einzige Künstlerin, die sich dieser Technik bediente. Im vergangenen Jahr machte das aber keine so eindrücklich wie Grimes.

Rodriguez - "Searching for Sugar Man" (Soundtrack)

Er ist eine der Neuentdeckungen des Jahres – und für manche eine Wiederentdeckung. Denn Sixto Rodriguez aus Detroit war in den 70ern ein Star – zumindest in Südafrika. Während sich seine dylanesk-folkigen Platten in den USA kaum verkauften, wurden sie im Apartheid-Staat zur heißen Ware. Songs voller Drogenreferenzen („Sugar Man“) und grimmige Liebeslieder („I wonder“) wurden durch Mund-zu-Mund-Propaganda hunderttausendfach verbeitet. Rodriguez selbst bekam davon gar nichts mit. Lange Zeit war auch nicht sicher, ob der Folksänger überhaupt noch am Leben ist. Für die Doku „Searching for Sugar Man“ machten sich zwei Wegbegleiter von früher auf die Suche nach Rodriguez. Auf dem Soundtrack zum Film, der derzeit in Österreichs Kinos läuft, sind die Songs der beiden Alben „Cold Fact“ und „Coming from Reality“ zusammengefasst. Blues, Protest und ein bisschen Psychedelik.

Alt-J – "An Awesome Wave"

Die Lieblingsplatte aller Hipster aus East-London. Das Quartett benannte sich nach der Tastenkombination, mit der auf englischen Mac-Tastaturen das Delta-Zeichen dargestellt wird. Das kontrastreiche Debütalbum hat aber weit mehr zu bieten als fast schon biedere Anspielungen auf das Hipster-Symbol: Clevere Folksongs mit mal schwermütigen, mal euphorischen Akustikgitarren. Zu einem der besten Alben des vergangenen Jahres wird "An Awesome Wave" aber durch den Gesang von Joe Newman. Seine markante Falsettstimme definiert Songs wie "Fitzpleasure" und das ausgefeilte "Taro".

The xx – "Coexist"

Das britische Trio The xx bleibt mit ihrem zweiten Album auf den Spuren der Sounds des drei Millionen Mal verkauften Debüts von 2009. Die minimalistische Gitarre von Sängerin Romy Madley Croft verschmilzt mit dem zarten Bass von Oliver Sim und raffiniert gesetzten Sound-Akzenten und Percussion-Beats von Produzent Jamie Smith. So muss Pop anno 2012 klingen.

Hot Chip – "In Our Heads"

Der Londoner Band sind auch auf ihrem fünften Album nicht die Ideen ausgegangen. Klar: Auf "In Our Heads" ertönt wie zu besten Nullerjahren-Zeiten tanzbarer Elektropop. Doch so gut wie in "How Do You Do?" oder "Night and Day" gelang das den Routiniers von Hot Chip schon lange nicht mehr. An den Erfolg von "Ready for the Floor" konnten sie damit trotzdem nicht mehr anschließen. Aber: Die verspielte Gute-Laune Songs animieren hervorragend zum sorglosen Tanzen.

Neil Young – "Psychedelic Pill"

Das hätte man von Neil Young in dieser Dringlichkeit nicht mehr erwartet. Die Rock-Legende würgt auf seinem aktuellen Studioalbum "Psychedelic Pill" mit jugendlichem Griff die Gitarre. Dabei generiert er Songmonster, die gerne mal 27 Minuten vor sich hin fauchen. Die Begleitband groovt im Hintergrund unermüdlich, umsichtig und hält ihm dabei den Rücken frei. Hin und wieder ist es auch nötig, den abdriftenden Young ("I’m driftin’ back...") auf die Erde zurückzuholen. Ein Meisterwerk.

Die Antwoord – "Ten$ion"

Mit dem Album "Ten$ion" feierte sich die südafrikanische Kombo Die Antwoord wieder selbst und lieferte nicht unbedingt ein schönes, aber definitiv außergewöhnliches Album ab. Darauf mischen Yo-Landi Vi$$er, Ninja und DJ Hi-Tek schrecklichen 90er-Jahre Techno-Trash mit ihren Raps und kreiern so ihren eigenen Sound. Den möchte man eigentlich verabscheuen, aber er geht so ins Ohr geht, dass man ihn plötzlich irgendwie doch mag. Schlussendlich kann man nur dem zweiten Song und seinem Text "I fink u freeky and I like you a lot" zustimmen.

Santigold – "Master Of My Make-Believe"

Mit ihrem zweiten Longplayer "Master Of My Make-Believe" sucht und findet die US-amerikanische Sängerin Santigold erneut ihre afrikanischen Wurzeln: Sie schleißt Buschtrommel-Beats mit auffrisierten Punk-Gitarren und treibenden Bassläufen kurz. Das ist einerseits poppig und formatradiotauglich. Andererseits fordernd und alles andere Schonkost. Damit bedient sie die Subkultur, aber auch den global ausgerichteten Telekommunikationskonzern Vodafone, der sich den Song "Disparate Youth" für seine TV-Spots gesichert hat. Die Lyrics lassen Spielraum für Interpretationen - mal von "Look At These Hoes" abgesehen. Darin redet sie nämlich Klartext und richtet den "bitches" aus, dass mit ihr nicht gut Kirschen essen ist. Ansonsten gibt es ein "Oh-ah" oder ein "Ay, ay, ay" für den Weltfrieden.

Funny van Dannen – „Fischsuppe“

Im vergangen Jahr brachte auch der deutsche Liedermacher seine 13. Platte (!) mit dem klingenden Titel "Fischsuppe" auf dem Markt. Darauf finden sich 22 Livesongs, allesamt von der Gitarre begleitet, die den Hörer in eine Welt zwischen himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt führt. Van Dannen singt wieder über die kleinen Absurditäten des Lebens und die große Politik ohne dabei dem Pathos zu verfallen oder den Zeigefinger zu heben. Die Höhepunkte finden sich in den Songs "Fang den Pudding" und "Was Krieg Ist", bei dem er das auf den Punkt bringt, was sich viele denken: "Alle wissen, wie wichtig Öl und wie wertvoll die Musik ist. Aber niemand hat den deutschen Soldaten gesagt, was Krieg ist."

Alex Clare – "Lateness Of The Hour"

Mit „Too Close“ rangierte der Newcomer aus England wochenlang in den Austria-Top-40. Doch auch der Rest seines Debütalbums „The Lateness Of The Hour“ ist hörenswert. Denn der Ex-Freund von Amy Winehouse hat mit einer Symbiose aus Dubstep-Verfremdungen, Gitarren, Klavier und souligem Gesang einen innovativen Sound kreiert, der aber niemals Song und Melodie übertrumpft.

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