Licht, Projektion und großes Kino: Große Turner-Werkschau in München

Licht, Projektion und großes Kino: Große Turner-Werkschau in München
Die Bilder des britischen Malers William Turner faszinieren bis heute. Eine Ausstellung legt Gründe für den Ausnahmestatus des Künstlers dar

Fast ganz weiß strahlt das Bild aus dem hinteren Winkel der Ausstellung hervor. Farbliche Differenzierungen sind zu erkennen, rote Schlieren, aber man muss schon ein paarmal hinschauen, um die Kuppel der venezianischen Kirche Santa Maria della Salute auszumachen. In konventionellen Stadtansichten thront die Kirche stets an der Einfahrt des Canal Grande.

Ist das Gemälde ein Fragment, gar nur Hintergrund für eine nie ausgeführte weitere Ausarbeitung? Oder wollte Joseph Mallord William Turner (1775–1851) etwas ganz anderes erzielen, als er das Bild im Jahr 1833 malte? Man wird es kaum je ganz sicher wissen können.

Nicht nur das beinahe weiße Bild, das ganze Leben und Werk Turners ist eine große Projektionsfläche. Zu Lebzeiten arriviert, wurde der Maler gegen Lebensende als verwirrt belächelt, ja mit Spott überzogen. Später erblickten Impressionisten und Maler der Abstraktion in ihm ihren Vorläufer. Der im 20. Jahrhundert aufblühende Kult der reinen, unbeirrbaren Kunst sah in ihm ein Musterbeispiel der Kompromisslosigkeit. Es gibt also nicht einen Turner, sondern viele – und immer wieder andere.

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