Leonardo-Hype befeuert Streit um "zweite Mona Lisa"

Leonardo-Hype befeuert Streit um "zweite Mona Lisa"
Ein britisches Ehepaar beansprucht einen Viertel-Anteil an jenem Gemälde, das angeblich vom Renaissance-Genie stammen soll.

Kommende Woche wird im Pariser Louvre die große Jubiläums-Schau zu Leonardo da Vinci eröffnet, dessen Tod sich heuer zum 500. Mal jährt. Und während das Museum den Präsentationssaal für die "Mona Lisa", das berühmteste Bild des Renaissance-Genies, renoviert und neu gestrichen hat, wurde auch jenes Bild abgestaubt, von dem hartnäckig behauptet wird, es sei die "originale", früher angefertigte Version des Damenbildnisses. Wie die BBC auf ihrer Website berichtet, ist ein neuer Streit um Besitzanteile an dem Bild ausgebrochen, der nicht nur Licht auf die Zuschreibung, sondern vor allem auf die Interessenslagen am Kunstmarkt wirft.

Die Fachwelt kennt das betreffende Gemälde schon seit längerem, es firmiert auch als "Isleworth Madonna". Bereits sein vormaliger Besitzer, der Kunsthändler Henry Pulitzer, versuchte einen Konnex zu Leonardo herzustellen. Nach Pulitzers Tod 1979 wurde es lange ruhig um das Gemälde, das offenbar in einem Banksafe lagerte. 2012 wurde das Bild mit großem Medienecho präsentiert - und zwar von einer in Zürich ansässigen Stiftung, der so genannten "Mona Lisa Foundation". Sie präsentierte einen Wust an Literatur, von Stilanalysen bis hin zu technischen Untersuchungen, die beweisen sollte, dass das Gemälde ein eigenhändiges Werk Leonardos sei. Führende Experten - allen voran der Oxford-Professor Martin Kemp - blieben aber ungerührt. Gegenüber der BBC bekräftigte Kemp seinen Standpunkt: So würden Infrarot-Untersuchungen der "Isleworth Madonna" einen Malprozess offenbaren, der eher für eine Kopie typisch sei: In einem Originalgemälde werden gewisse Striche vom Künstler typischerweise verworfen und übermalt, während eine Kopie meist "in einem Zug" gemalt sei.

Leonardo-Hype befeuert Streit um "zweite Mona Lisa"

Dass eine umstrittene Zuschreibung hohe Erlöse nicht verunmöglicht, zeigte der Fall des (mit vergleichsweise stärkerem Expertenkonsens) ebenfalls Leonardo zugeordneten Gemäldes "Salvator Mundi", das 2017 um 450 Millionen US-$ den Besitzer wechselte. Dass man im Fall der "frühen Mona Lisa" auf eine ähnliche Wertsteigerung spekuliert, ist naheliegend. Allerdings hielt sich die Zürcher Stiftung allerdings stets zu der Frage bedeckt, wer denn die Eigentümer des Bildes seien: "Ein internationales Konsortium", hieß es stets.

Der Brite Andrew Gilbert beansprucht nun gemeinsam mit seiner Frau 25 % der Eigentümer-Anteile an dem Bild. Wie er gegenüber der BBC dokumentierte, habe seine Familie mit dem ehemaligen Besitzer Henry Pulitzer Geschäfte gemacht und im Jahr 1964 einen Anteil an dem Bild erworben.

Die "Mona Lisa Foundation" hält diese Ansprüche für haltlos, doch die Gilberts zogen gegen die Stiftung vor Gericht. Dort wurde aktenkundig, dass eine "Mona Lisa Inc" mit Sitz auf der Karibikinsel Anguilla, der Eigentümer des Bildes ist. Damit hat das Ehepaar Gilbert nun zumindest ein Gegenüber - ein Gerichtstermin im kommenden März soll ihre Ansprüche klären oder, geht es nach der Mona Lisa Foudnation, abschmettern. Ob sich der Aufwand für die Gilberts und die Stiftung lohnt, steht freilich auf einem anderen Blatt: Denn ob die "Isleworth Madonna" tatsächlich Millionen wert ist, ist alles andere als geklärt.

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