KHM: Kulturminister wusste seit Tagen von Eike Schmidts Absage

Der deutsche Kunsthistoriker beteuert hingegen in einer SMS, "(noch) nicht abgesagt" zu haben. Eine rätselhafte Geschichte.

Am Dienstag gab Kulturminister Alexander Schallenberg über Die Presse, konkret über Chefredakteur Rainer Nowak, bekannt, dass Eike Schmidt das Kunsthistorische Museum (KHM) nicht leiten werde. Der deutsche Kunsthistoriker, derzeit Direktor der Uffizien, habe ihm telefonisch abgesagt.

Gerüchteweise soll der Kulturminister aber schon in der Woche zuvor informiert worden sein – und geschwiegen haben. Der KURIER richtete eine Anfrage an das Büro von Schallenberg. Die Antwort kam von Ulrike Baumgartner-Gabitzer, der Vorsitzenden des KHM-Kuratoriums: „Ich habe Eike Schmidt am 25. September persönlich in Wien getroffen. In diesem Gespräch hat er mich darüber in Kenntnis gesetzt, dass er die Geschäftsführung des KHM nicht antreten wird, sondern in Florenz bleiben wird.“

Laut dessen Aussage habe er, so  Baumgartner-Gabitzer, die scheidende Generaldirektorin Sabine Haag bereits am Vorabend  ebenfalls in einem persönlichen Gespräch über diesen Sachverhalt informiert. Die Kuratoriumsvorsitzende habe daraufhin das Kabinett  von Alexander Schallenberg informiert.

Falls diese Darstellung stimmt, stellt sich die Frage, warum der Minister nicht reagiert – und nicht die Öffentlichkeit informiert hat.

Sonderbarerweise stellt Eike Schmidt die Sache anders dar. Am Dienstagvormittag hatte der KURIER mit ihm telefoniert. Aus diesem Gespräch war die Absage nicht heraushörbar:  Schmidt beteuerte, er stünde ab 1. November für ein Interview zur Verfügung. Nach der Presse-Meldung von der Absage   fragte  der KURIER ihn in einer SMS, warum er nicht die Wahrheit gesagt hätte. Schmidt antwortete: „Ich wüsste nicht, in welcher Hinsicht ich gestern Ihnen gegenüber nicht die Wahrheit gesagt hätte. Ich habe mit keinem Ihrer Kollegen gesprochen, und übrigens bislang ja auch (noch) nicht abgesagt.“

KHM: Kulturminister wusste seit Tagen von Eike Schmidts Absage

Er hat (noch) nicht abgesagt? Wie das?

Update Mittwoch, 20 Uhr: Die Erklärung lieferte Schmidt erst am Mittwochabend bei einer Pressekonferenz in Florenz: „Ich war vergangene Woche in Wien und habe dem KHM meinen Verzicht auf die Generaldirektion mitgeteilt.“

Allerdings habe es kein telefonisches Gespräch mit Schallenberg gegeben. Folglich hat er ihm persönlich „(noch) nicht abgesagt“.

Er hoffe aber, den Minister zu treffen, um ihm seinen Verzicht mitzuteilen. Und er betonte, das KHM nicht im Stich gelassen zu haben. Er habe alle Ausstellungen für 2020 geplant.

Schmidt bestätigte, dass er für eine zweite Amtszeit als Uffizien-Direktor kandidiere. „Ich will meine Arbeit in den Uffizien fortsetzen, mein Herz ist in Florenz.“ Hinzu kommt, dass seine Familie in Florenz lebt – und nicht (schon wieder) übersiedeln will. „Meine Arbeit in den Uffizien ist noch nicht zu Ende. Es gibt jetzt noch viel zu tun. Ich kann jetzt diese Arbeit nicht aufgeben. Ich hoffe, dass man mir die Chance zum Verbleib in Florenz gibt“, erklärte Schmidt.

"Sehr wichtige Projekte"

Auf die Frage, warum er erst einen Monat vor Amtsantritt verzichtet habe, gab Schmidt zu verstehen, dass er dank des Regierungswechsels in Rom Ende August jetzt besser die Möglichkeit habe, „sehr wichtige Projekte“ umzusetzen. Nun ist der Sozialdemokrat Dario Franceschini wieder Kulturminister. Er hatte den Posten bereits zwischen 2014 und 2018 inne – und damals eine Museumsreform eingeleitet. In der Folge konnten sich ausländische Kulturmanagern wie Schmidt bewerben: Peter Assmann wurde 2015 Direktor  in Mantua und Peter Aufreiter in Urbino.

Franceschinis Nachfolger Alberto Bonisoli, von Juni 2018 bis August 2019 im Amt, machte die Reform jedoch zum Teil rückgängig, die Verträge einiger Direktoren wurden nicht verlängert. Assmann übernimmt im November die Leitung der Tiroler Landesmuseen,  Aufreiter ab 1. Jänner jene des Technischen Museums in Wien.

Nun also witterte Eike Schmidt Morgenluft. Das KHM dürfte ihm als Druckmittel nicht ungelegen gekommen sein. Allerdings wurde Eike Schmidt in Italien (noch) nicht im Amt bestätigt.

Für Auskünfte war Minister Schallenberg nicht erreichbar. Er teilte lediglich über die APA mit, dass das KHM „kein Spielball und keine zweite Wahl“ sei, und kündigte eine offene Ausschreibung an. Sabine Haag werde das KHM auch künftig interimistisch leiten – bis eine Entscheidung gefallen ist.

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