Kultursommer in Niederösterreich: Das große Fragezeichen
Auch Niederösterreichs Kultursommer wackelt: Nach den Vorgaben der Bundesregierung im Rahmen der Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus sind etablierte Veranstalter wie Musikfestival Grafenegg und Theaterfest NÖ verunsichert. Alle geplanten Premieren und sonstigen Events bis Ende Juni sind jedenfalls abgesagt. Wie es weitergehen soll, war vorerst nicht geklärt.
"Die am Freitag, 17. April, bei der Pressekonferenz der Vertreter des Bundesministeriums für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport verlautbarten Möglichkeiten haben in der Kulturszene und bei uns Veranstaltern leider mehr Fragen als Lösungen aufgeworfen", erklärte Werner Auer, Intendant der Felsenbühne Staatz und Obmann des Vereins Theaterfest NÖ. "Es ist uns bewusst, dass es für unser Publikum, aber auch für unsere Künstlerinnen und Künstler derzeit einen sehr unbefriedigenden Zustand darstellt, nicht genau Bescheid zu wissen, ob die Vorstellungen wie geplant stattfinden werden. Wie sich die Situation für den restlichen Sommer entwickelt, ist derzeit noch nicht absehbar."
Wie Franz Brenner, Vorstandsmitglied im Verein Theaterfest NÖ, und Michael Garschall, Intendant der operklosterneuburg, bestätigten, soll eine Entscheidung über die Realisierbarkeit der geplanten Produktionen an den 20 Spielorten noch vor Monatsende - und damit in dieser Woche - getroffen werden. Aus Klosterneuburg verlautete: "Die Vorbereitungen für 'Macht des Schicksals' laufen auf Hochtouren. Weil uns die Gesundheit des Publikums und aller Mitwirkenden besonders wichtig ist, beobachten wir die Entwicklungen um das Coronavirus sehr genau und nehmen alle gesetzten Maßnahmen sowie Empfehlungen sehr ernst. Selbstverständlich halten wir uns an die Vorgaben der Regierung. Spätestens Anfang Mai werden wir eine erste Entscheidung treffen, ob die Vorarbeiten für die operklosterneuburg 2020 weitergehen oder gestoppt werden müssen."
In diesem Sinne verharren die meisten Standorte noch im Abwartemodus. Etliche Intendanten wiesen darauf hin, dass ihre Produktionen noch über die Bühne gehen könnten. Marcus Strahl von den Wachaufestspielen Weißenkirchen: "'Göttin in Weiß', 'Der Wachauer Jedermann' und 'Three Magic Voices' sind derzeit noch nicht abgesagt. Da auch andere Sommerfestivals (z.B. Salzburger Festspiele, Bregenzer Festspiele) bisher nicht abgesagt haben, warten auch die Wachaufestspiele - so wie derzeit auch viele niederösterreichische Sommerbühnen mit Spielzeit im Juli und August - noch die weitere Entwicklung der Coronakrise bzw. die damit verbundenen Maßnahmen der Bundesregierung ab, zumal wir noch etwa drei Monate Zeit bis zu unserer Premiere am 21. Juli haben."
"Dies ist die schlimmste und längste Theatersperre seit 1944 und ist natürlich eine schwere Belastung für die Existenz unseres Betriebes. Zwei fertig geprobte Produktionen werden jetzt erst im Herbst gezeigt werden können. Für das Kernensemble heißt das Kurzarbeit oder Vertragsauflösung mit Wiedereinstellungsgarantie, für andere Kollegen, deren Produktionen gar nicht erst an den Start gehen können, existenzbedrohende Arbeitslosigkeit", ließ Bruno Max, Leiter des Theaters zum Fürchten am Stadttheater Mödling, wissen. Und setzte optimistisch fort: "Es wird weitergehen! Intensivbetten brauchen die Kranken, die Gesunden brauchen Theater! Wir starten mit größter Wahrscheinlichkeit noch im August im Theater im Bunker, auf jeden Fall im Herbst im Stadttheater zu einer neuen, regulären Saison."
Andere Veranstalter haben hingegen bereits Konsequenzen gezogen. Die Festspiele Reichenau verschieben ihre Spielzeit kurzerhand auf kommendes Jahr. "Wir werden alle bezahlten Karten (abzüglich der Servicegebühr) auf dem Überweisungsweg zurückerstatten und keine Gutschein-Lösung anbieten", versprach das Intendantenpaar Loidolt. Die Sommerspiele Sitzenberg, ebenso wie Reichenau nicht Mitglied im Theaterfest-Verein, hätten mit "Hin und Her" von Ödön von Horvath die Saison am 5. Juni starten wollen, vertrösten aber mittlerweile ebenfalls auf 2021. Auch das Festival Retz könnte mit seinem Motto "Offene Grenzen" heuer an seine Grenzen stoßen.
Von den Bestimmungen betroffen sind u.a. die Juni-Premieren der Sommerspiele Melk, die Nestroyspiele Schwechat (die bereits definitiv ihre Saison abgesagt haben), der Bühne Baden und des Kultursommers Laxenburg. Die Sommernachtskomödie Rosenburg hingegen wirbt auf ihrer Homepage noch unverdrossen für die Premiere "Ein Käfig voller Narren" am 25. Juni. Der Filmhof Wien4tel prescht indes vor und verlautbart die Verschiebung seiner Premiere "Pension Schöller - reloaded" vom 23. Juni auf 1. Juli, während die Raimundspiele Gutenstein bis Mitte Mai abwarten wollen. Von einer einheitlichen Vorgangsweise scheint man innerhalb der Theaterfest-Mitglieder also sichtlich entfernt zu sein.
Beim Musikfestival Grafenegg will man noch bis Mitte Mai zuwarten, wurde der APA seitens der Presseabteilung mitgeteilt. Abgesagt sind jedenfalls die Sommernachtsgala und die ersten Sommerkonzerte. An einer "coronakompatiblen Neukonzeption" des Schrammel.Klang.Festivals (10. bis 12. Juli) arbeitet Zeno Stanek in Litschau, wo er im August auch die dritte Auflage von "Hin&Weg - Tage für zeitgenössische Theaterunterhaltung" realisieren will.
Die Perspektiven dürften insgesamt allerdings wenig ermutigend sein, hatte doch Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) bereits in einer Aussendung vor einer Woche erklärt: "Aufgrund der strengen Sicherheitsbestimmungen erscheinen aus jetziger Sicht Theateraufführungen und Konzerte im Sommer kaum möglich. Wir werden diesbezüglich in Niederösterreich unsere Entscheidung bis Anfang Mai treffen."
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