Blümel: „Wichtig, Kunst und Kultur vom Sparen auszunehmen“

Blümel: „Wichtig, Kunst und Kultur vom Sparen auszunehmen“
Der Kulturminister über Wünsche, dialektische Zugänge zum Haus der Geschichte und nicht nachvollziehbare Fetische.

KURIER: Sie haben sich bisher sehr rar gemacht…

Gernot Blümel: Das muss ich zurückweisen. Wir haben anlässlich der ersten 100 Tage der Regierung eine Liste erstellt – mit einem Überblick, was in dieser Zeit passiert ist. Wenn Sie sich die bilateralen Termine, die Ausstellungseröffnungen u.s.w. ansehen, werden Sie feststellen: Das Gegenteil ist der Fall.

Die Opposition ist erbost, weil Sie erst am 3. Mai für eine Kulturausschuss-Sitzung Zeit haben. Thomas Drozda von der SPÖ schlug daher vor, Ihren Termin mit den Kultursprechern am 5. April in eine Sitzung des Ausschusses zu verwandeln. Was haben Sie geantwortet?

Es hat mich gewundert, dass jetzt mit Briefen agiert wird. Ich war bis jetzt neun Mal im Parlament – also definitiv nicht selten. Wir hatten auch schon für März einen Kulturausschuss-Termin angeboten. Dieser ist daran gescheitert, dass Thomas Drozda keine Zeit hatte. Ich habe ihm geantwortet: Die Stunde im April ist für die Kultursprecher reserviert – sehr gerne auch als „Kulturausschuss“ im Parlament. Da gibt es überhaupt kein Problem. Anmerken möchte ich noch: Es gibt, wie ich gehört habe, bereits seit einem Jahr keine Sitzung des Kulturausschusses – davon bin ich für maximal drei Monate verantwortlich.

 

Blümel: „Wichtig, Kunst und Kultur vom Sparen auszunehmen“

Ihr Kanzler, Sebastian Kurz, kündigte an, dass im Bereich der Förderungen gespart werden soll. Das sorgte für Verunsicherung, denn gerade im Kulturbereich gibt es viele Förderungen. Aber es wird doch nichts so heiß gegessen wie gekocht.

Wir haben uns dazu bekannt, Schluss mit der Schuldenpolitik zu machen. Das heißt, dass in allen Bereichen gespart werden muss. Mir war aber wichtig, die Kunst und Kultur vom Sparen auszunehmen. Das bedeutet, dass wir in anderen Bereichen hier im Kanzleramt ein bisschen mehr sparen müssen, vor allem in der Verwaltung. Ich bin froh, dass das gelungen ist: Es gibt nicht nur nicht weniger Geld, es gibt sogar ein bisschen mehr. Dass es immer noch ein wenig mehr sein könnte, das kann ich natürlich nachvollziehen.

Die Opposition verlangt die automatische Valorisierung der Förderungen. Ihre Meinung?

Im Zuge der Budgetverhandlungen habe ich miterlebt: Auch diese Forderung ist kein Spezifikum des Kulturbereichs. Da es in den letzten elf Jahren unter SPÖ-Kulturministern auch nicht zu einer automatischen Valorisierung gekommen ist, nehme ich an, dass es bei der SPÖ ein Verständnis dafür gibt, warum manches nicht geht. Die Valorisierung wäre eine zusätzliche budgetäre Bindung. Und wenn es sie in einem Bereich gebe: Warum nicht auch in den anderen?

Es gibt Verpflichtungen, die Bundeseinrichtungen, die Salzburger Festspiele und andere große Institutionen zu finanzieren. Was bedeutet das jetzt für die kleinen Initiativen?

Sie haben recht, ein sehr großer Teil ist gebunden. Aber aufgrund der kleinen Budgetsteigerung haben wir die Möglichkeit, da oder dort etwas Neues zu machen. Und wir halten natürlich alle Zusagen im Bereich der Förderungen.

Und wenn es die nicht gibt?

Was nicht zugesagt ist, kann nicht automatisch gehalten werden.

Was wird es Neues geben?

Aufgrund der budgetären Möglichkeiten sind wir relativ eingeschränkt. Wir wollen daher auch Dinge realisieren, die wenig kosten, aber viel bringen. Mir wäre es zum Beispiel wichtig, das Bundesdenkmalamt in der Wahrnehmung zu einer Serviceeinrichtung weiterzuentwickeln. Etwa, dass man auf Expertise zurückgreifen kann, wenn es um Renovierungen geht. Oder: Wir haben uns im Regierungsprogramm dazu bekannt, Kindern und Jugendlichen die Auseinandersetzung mit Kunst und Kultur zu erleichtern. Als ersten Schritt wollen wir eine Datenbank mit allen Vermittlungsangeboten online stellen.

Die Bundesmuseen gewähren Gratiseintritt bis 19 Jahre. Das Leopold Museum, eine Stiftung, würde das Goodie auch gerne anbieten – und bekäme es gerne von Ihnen finanziert.

Das ist ein Wunsch – auf einer langen Wunschliste.

Was wünscht man sich noch?

Ich will jetzt nichts herausgreifen. Aber viele Wünsche gehen vom Volumen her weit über den Gratiseintritt für Kinder und Jugendliche bis 19 hinaus.

Dem Grazer Franz Morak, Kunststaatssekretär der ÖVP von 2000 bis 2006, war die Umverteilung wichtig – vom „Wasserkopf“ Wien in die Bundesländer. Ist das auch Ihr Anliegen?

Das fällt für mich in die Kategorie: Jeder hätte gerne mehr Geld – von möglichst allen Förderstellen. Ja, es gibt ausgezeichnete Kulturinitiativen in ganz Österreich. Aber jemandem etwas wegzunehmen ist, glaube ich, nicht im Sinne von Kunst und Kultur. Dass es aufgrund der Bundeseinrichtungen, die mehrheitlich in Wien sind, ein Ungleichgewicht gibt, ist klar.

Man könnte aber neue Einrichtungen anderswo realisieren.

Daher hat mich Landeshauptmann Wilfried Haslauer gebeten, Salzburg als Standort für ein Fotomuseum zu prüfen. Wir schauen uns an, ob das sinnvoll ist – was Besucherströme und räumliche Möglichkeiten betrifft.

Was halten Sie grundsätzlich von einem Fotomuseum?

Ich kann der Idee einiges abgewinnen. Ohne die Fotografie hätte sich die abstrakte Kunst nie entwickeln können. Eben weil sie die Aufgabe, die Welt abzubilden, übernommen hat. Und auch wie sich die Kunstform Fotografie selbst entwickelt hat, wäre es wert, dargestellt zu werden. Aber vorrangig ist die Einhaltung des Budgets.

Wie sieht die Zukunft der Bundesmuseen aus?

Mit dem vor einem Jahr präsentierten „Weißbuch“ gibt es eine Diskussionsgrundlage. Ich habe mit den Direktoren darüber gesprochen. Was augenscheinlich war: Es gibt keinen Konsens über die Maßnahmen, die gesetzt werden sollen.

Die Idee einer Holding – analog zu den Bundestheatern?

Die Begeisterung dafür ist gering. Mir ist wichtig, Verbesserungsschritte gemeinsam zu setzen, um möglichst viel Geld für Kunst und Kultur zu haben. Es geht um Effizienz; aber Veränderung nur der Veränderung wegen: Das ist ein Fetisch, den ich nicht nachvollziehen kann.

Laut Koalitionsabkommen soll das Haus der Geschichte evaluiert werden – hinsichtlich Konzept und Standort. Im Budgetvoranschlag aber wird die „Umsetzung des Projekts Haus der Geschichte Österreich“ im November angeführt. Was nun?

Das ist ein dialektischer Zugang (lächelt). Wir stehen zum HdGÖ. Mir war wichtig, dass die Eröffnung im heurigen Gedenkjahr stattfindet – eben im November. Über die mittel- und langfristige Ausgestaltung gibt es aber noch Gespräche.

Standort Heldenplatz? Oder präferieren Sie einen Neubau?

Wenn die Entscheidungen gefallen sind, werde ich sie Ihnen gerne präsentieren. Es wäre unfair, wenn ich den Beteiligten etwas über die Medien ausrichtete.

Ex-Staatssekretär Harald Mahrer (ÖVP) wollte das HdGÖ am Heldenplatz durch ein „Haus der Zukunft“ ergänzt wissen. Wie geht es damit weiter?

(Gernot Blümel schaut fragend zu seiner Beraterin Felicitas Herberstein ) Nicht alles, was in der letzten Regierung diskutiert oder angedacht wurde, wird jetzt umgesetzt.

Themenwechsel – zu den GIS-Gebühren. Können Sie sich eine Abschaffung vorstellen?

Das ist nicht die relevante Frage. Die Rahmenbedingungen haben sich in den letzten zehn Jahren fundamental geändert, die Diskussion in Österreich ist aber immer noch dieselbe: Braucht es die GIS-Gebühren – und wer wird ORF-Generaldirektor? Das Problem ist, dass es so etwas wie einen strukturierten medienpolitischen Diskurs in Österreich derzeit nicht gibt. Wir wollen daher einen solchen anstoßen – in Form einer Medienenquete, die im Juni stattfinden wird. Da sollen die Fragen diskutiert werden, die wirklich den Medienmarkt betreffen, darunter die Kooperation von Öffentlich-rechtlichem und Privaten oder gemeinsame Vermarktungsmöglichkeiten im digitalen Raum.

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