Auch die Corona-Nachrichten waren oftmals nährstoffarm: Es gab neben einer unerahnten Masse an Gesellschaftsveränderndem auch viel hochtourigen Leerlauf. Die Erwartungshaltung einer sehnsüchtig auf Besserung wartenden Bevölkerung kollidierte insbesondere mit den Zeithorizonten der wissenschaftlichen Forschung. Zwar ließ sich endlos angstscrollen, aber nicht immer ließ sich daraus Eindeutiges destillieren.
Die Übermacht von historischen Nachrichten – historische Arbeitslosenzahlen, historisches Hilfspaket etc. - übertönte jedoch das, was zuvor in den Bann zog. Das anhaltende Abschreiten jener Gräben, die sich in der Gesellschaft aufgetan hatten. Eine der Bruchlinien war dabei der Humor. Zumeist streng nach Ideologie zerfiel die Online-Bevölkerung in jene, die sich über Dieter Nuhrs Thunberg-Witze oder die WDR-”Umweltsau”-Oma herzhaft, mit gezücktem Schwert empörten, oder eben nicht. Humor wurde hier zur Verhandlungsfläche dessen, was man gerne gesellschaftspolitisch durchsetzen bzw. kleinhalten wollte. Bis diese Debatte virusbedingt abriss. Hat sie wer vermisst?
Der darf beruhigt sein: Es ist wieder soweit, dass Humorversagen zu einem gesellschaftspolitischen Affront hochgejazzt wird. Die jüngste Verhandlungsfläche ist ein Video eines Schauspielers. Der machte sich über seine Haushälterin lustig, entschuldigte sich dafür, und steht nun auf Twitter im Sturm. Sie finden das, wenn Sie es wirklich sehen wollen. Man muss aber nicht.
Es ist ein kleiner Anlass – und eine große Diskussion, wie man es von den Sozialen Medien kennt. Klein nicht im erwähnten Humorversagen, sondern klein in jeder Kategorie des Nachrichtlichen: Keines der involvierten Ereignisse – ein misslungenes Online-Video, ein Schauspieler, den mancher noch rasch vor der Empörung erst googlen musste – überspringt normalerweise die Relevanzhürde.
Außer, es ist einpassbar in eine Identitätsfrage – diesfalls ein vermeintliches Oben gegen ein Unten, ansonsten in anderen Kategorien ein Neu gegen Alt oder, wenn es ganz brachial wird, ein Links gegen Rechts. Dann kann jeder Anlass herhalten für ein Schreiduell über den Graben, für ein Bekräftigtwerden (“bestätigt mich”), für ein Markensetzen in dem, was nun wieder verhandelt wird: Wo sich nämlich allerlei Grenzen neu ziehen (oder bereits lange gezogene Grenzen sich einer Neuverhandlung gegenüber sehen).
Die Bewertung dessen? Die fällt unterschiedlich aus. Inhaltliche Einordnung muss man keine vornehmen, die Arbeit ist online gemacht. Der Kulturkritiker sieht ein allseits mageres, plumpes Schauspiel. Man kann aber auch ein wenig Erleichterung hineinlegen: Es ist hier eine Normalität wiederhergestellt. Und mit der Frage, ob nicht genau diese Normalität keiner vermisst hätte, ob es nicht andere, fruchtbringendere Kanäle der Identitätspolitik braucht, können, nein: müssen wir uns die nächsten Jahre weiterbeschäftigen.
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