Dafür verwandelt sich die Bühne im Wiener Rabenhof in eine schicke Wiener Altbauwohnung (inklusive Foto von Sigmund Freud, so viel Klischee muss sein), die einem Psychotherapeuten als Ordination dient. Dort therapieren sich Grissemann und Stachel abwechselnd und gegenseitig. Grissemann macht dabei einen auf sich selbst gerne reden hörenden Psychologen und erinnert damit (nicht nur stimmlich) an den aus Funk und Fernsehen bekannten Gerichtspsychologen Reinhard Haller. Ihm gegenüber sitzt sein Proband, ein etwas verunsicherter Robert Stachel als Robert Stachel, der an seiner Arbeit als Teil des Synchron-Duos Maschek zweifelt. Er wolle nämlich endlich nicht mehr nur drüberreden, die Leute nicht mehr nur unterhalten, sondern auch berühren, einen eigenen abendfühlenden Abend gestalten, Schauspieler sein. Berühren heißt aber nicht begrapschen, wie der Grissemann als Psychologe fälschlicherweise annimmt.
Missverständnisse
"Rouladen" plätschert gemächlich bis einschläfernd vor sich hin. Man schaut den beiden gerne beim Spielen und Scheitern zu – vor allem wenn Grissemann den Faden verliert oder Stachel die Pointe unabsichtlich vorwegnimmt, ist das (unfreiwillig) komisch. Man merkt, dass die beiden seit Jahren viel Zeit vor und nach der Aufzeichnung von "Willkommen Österreich" verbringen. Der Schmäh rennt - auch wenn der Text einmal vergessen wird.
Die Pointen in "Rouladen" entstehen dabei oft nach dem selben Muster: Der eine redet über seine Probleme, der andere versteht eigentlich gar nicht, worum es geht: Da reden also zwei aneinander vorbei. Das kennt man. Es ist ein Problem der Zeit. Die daraus entstehen Missverständnisse, Irrtümer und Verwechslungen werden dann zu Pointen geformt, die zwar streckenweise gut einschlagen, aber auch etwas zu vorhersehbar, zu aufgelegt und zu seicht ausfallen. Es sind Wortwitze wie Opium bringt den Opi um. So auf diesem Niveau.
Praktikantinnenschreck
Der auffällig unpolitische Abend ist auch ein Wiedersehen mit alten Bekannten: Christoph Grissemann spielt den "Österreich"-Herausgeber Wolfgang Fellner, den "Praktikantinnenschreck aus dem Großraumbüro. 179 Kilo konzentrierter Revolverjournalismus. Nur wer grapscht, gewinnt“ gewohnt großartig. Diese Parodie kennt man aus "Willkommen Österreich". Ist also nichts Neues.
Neu ist hingegen die Rolle als kroatischer "Wunderheiler" Braco. Dazu setzt sich Grissemann eine Langhaarberücke herrlich schief auf und amüsiert das Publikum mit seinem "gebenden Blick". Ob an diesem Abend Krankheiten geheilt wurden, ist nicht bekannt. Grissemann spielt dann noch einen in sich selbst verliebten wie cholerischen Schauspieler, der auf dieser griechischen Insel (Zykanthos, nein Zakynthos!) untalentierte Schauspieler anschreien darf – ein Seitenhieb auf die vor Kurzem bekannt geworden Vorwürfe gegen Josefstadt-Chef Föttinger.
Wenn Robert Stachel mit Baseballkappe und Trainingsjacke zur Therapie geht, weil er ein psychologisches Gutachten wegen seines Führerscheinentzugs (6,8 Promille!) braucht, dabei aufgezuckert über seine Erfolge als Kabarettist, Schauspieler, Podcaster, Influencer, seine ungefähr 420 Auftritte im Jahr schwadroniert, dann erinnert das Christopher Seiler.
Helene Fischer
Grissemann und Stachel ziehen sich gefühlt öfters um als Helene Fischer bei ihren Konzerten. Apropos Helene Fischer. Sie zieht sich auch wie ein roter Faden durchs Programm. Man hört am Anfang und am Ende ihren Song „Wunden“ und im zweiten Teil des Abends wird es auch noch einen herrlich komischen Whatsapp-Schriftverkehr zwischen Grissemann und der von ihm angebeteten Schlagersängerin geben. Im angesprochenen zweiten Teil des Abends treffen sich die beiden Freude im Wartezimmer der Ordination ihres Psychotherapeuten. Der gerne schlecht gelaunte und angriffslustige Grissemann trifft also auf das „Stachelbärchen“, wie Grissemann Stachel abfällig (oder liebevoll?) nennt. Stachel revanchiert sich bei "The Voicechen" (eine Anspielung auf seinen Vater Ernst Grissemann, der gerne als "The Voice" bezeichnet wird) und erntet dafür einige Sympathiepunkte aus dem Publikum. Überhaupt hat der zweite Teil des Abends mehr Schwung als der erste, weil die beiden auch bissiger agieren. Ansonsten bekommt man das, was man von den beiden Schmähbrüdern seit Jahren kennt und gewohnt ist: solide Satire. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
INFO: Nächster Termin: 19. Oktober im Wiener Rabenhof. Weitere Termine finden Sie auf der Homepage.
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