"Arcimboldo - Bassano - Bruegel": Im Märzen der Bauer das Museum besucht

"Arcimboldo - Bassano - Bruegel": Im Märzen der Bauer das Museum besucht
Die neue KHM-Schau widmet sich der Darstellung von Zeitabläufen und Naturphänomenen: Ein interessantes Thema, leider holprig umgesetzt
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 „Jedem Winter folgt der Frühling.“

Die Worte des buddhistischen Gelehrten Nichiren Daishonin (1222–1282) vermögen immer wieder Zuversicht zu spenden, auch wenn der meteorologische Winter gerade in eine diplomatische Eiszeit zu münden scheint und manches Pflänzchen der Hoffnung zertrampelt wird.

Sie sehen schon: Der Menschheit steht seit jeher eine reiche Bildsprache zur Verfügung, um das Werden und Vergehen zu beschreiben und das, was einen unmittelbar beschäftigt, in einen größeren Zusammenhang einzufügen. Sehr oft speist sich das Vokabular aus dem Fundus der Natur, greift auf Pflanzen, Jahreszeiten, aber auch den Lauf der Gestirne zurück. Womit wir im Kunsthistorischen Museum angelangt wären.

Sein und Zeit

„Die Zeiten der Natur“ lautet der Untertitel der neuen Sonderausstellung (ab Dienstag, 11. 3.; bis 29. 6.), die das Bildrepertoire der Renaissance im frühen 16. Jahrhundert auf seine Besonderheiten abklopft. Die drei Künstlernamen „Arcimboldo, Bassano, Bruegel“ sind dabei die Ankerpunkte, denn ihre Werke sind in den Sammlungen des KHM stark präsent.

"Arcimboldo - Bassano - Bruegel": Im Märzen der Bauer das Museum besucht

Besonders Giuseppe Arcimboldo (1526–1593), der für seine aus Pflanzen, Früchten oder Tieren zusammengesetzten Köpfe berühmt war, wurde als Hofkünstler von drei Habsburger-Generationen geschätzt: Seine Kunst ließ staunen, speiste sich aber direkt aus dem neu erwachten Wissensdurst der Epoche.

So empfangen auch Globen, Sternkarten und Giorgiones Bild der „Drei Philosophen“ am Beginn der Schau.

Dass die einst streng nach Objektbereichen getrennten Abteilungen des Museums im Dienste eines größeren Epochenbilds zusammenwirken, ist man im KHM mittlerweile gewöhnt. Das Problem dieser an sich begrüßenswerten Entwicklung ist, dass sie dazu zwingt, zwischen vielen Registern zu wechseln: Große und kleine Formate, Kunstkammer-Objekte neben Gemälden und Büchern, viele Details – das geht nur mit einer Inszenierung, die den Blick aufs Wesentliche lenkt.

"Arcimboldo - Bassano - Bruegel": Im Märzen der Bauer das Museum besucht

Quo vadis?

Gerade diese Blickführung bleibt die Schau allerdings schuldig: Der Parcours springt zwischen sehr vielen Unterthemen hin und her und illustriert diese nicht immer mit den stärksten Objekten – allzu oft sind es aufgeschlagene Bücher. Und wo ein solches tatsächlich aussagekräftig wäre – das sogenannte „Liechtenstein Tacuinum Sanitatis“ bildet eine Brücke von mittelalterlichen Handbüchern zu Pieter Bruegels Jahreszeitengemälden –, ist es so ungeschickt in einer Ecke platziert, dass es die wenigsten Besucher bemerken werden.

Überhaupt ist der Saal mit den zugkräftigen Werken von Arcimboldo und Bruegel mit Vitrinen und den unbeweglichen Klimageräten und Bänken derart vollgestellt, als erwarte man gerade hier die wenigsten Gäste.

In den folgenden Kabinetten ist dann wieder Themen-Hopping angesagt: Es geht um Darstellungen der Lebensalter, um Anleihen bei der Antike, aber auch um Immobiliendeals venezianischer Kaufleute. Diese erwarben nämlich gern Villen auf dem Festland, was sich in Kunst und Lyrik in einer neuen Natursehnsucht niederschlug.

Heureka!

Gerade als man sich denkt, dass diese Ausstellung auch eine KHM-Themenführung sein könnte, entdeckt man den Grund für die ungeschickte Raumaufteilung: die Monats- und Jahreszeitenbilder der Malerdynastie Bassano. Viele davon waren einst permanent im „Bassano-Saal“ im Obergeschoß platziert, nun brauchen sie den großen Schauraum.

"Arcimboldo - Bassano - Bruegel": Im Märzen der Bauer das Museum besucht

Wie Bruegel stellte Jacopo Bassano (1510/12–’92) Jahreszeiten als Abfolge landwirtschaftlicher Tätigkeiten dar, doch er fügte als Detail biblische Szenen, später Tierkreiszeichen hinzu. Sein Sohn Leandro malte im selben Stil Bilder zu jedem einzelnen Monat.

Die Werke sind der eigentliche Kern der Schau, der Name Bassano ist nur weniger geläufig. Die Idee, durch Hereinnahme weiterer Ideen und Namen mehr Breite zu erreichen, geht aber nicht auf: Es überwiegt der Eindruck, dass die Schau diverse Forschungen (nachzulesen im Katalog) bloß illustriert.

Dieser „forschungsbasierte“ und „sammlungsbasierte“ Ansatz wurde zuletzt von Direktoren gern betont. Er kann aber keine Ausrede dafür sein, Ausstellungen nicht mehr aus der Perspektive des Publikums zu konzipieren.

  • Die Ausstellung "Arcimboldo-Bassano-Bruegel" ist ab dem 11. 3. für Publikum zugänglich und läuft bis 29. Juni 2025.
  • Gezeigt werden zahlreiche Gemälde, Grafiken, Kunstkammer-Objekte und Bücher. 
  • Die Ausstellung wurde mit eigenen Labels für Kinder ausgestattet. Ein Begleitfolder ermuntert das junge Publikum, selbst zum "Naturforscher" zu werden.
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