Kritik an Bestellung des Filmbeirats: „Schlag in die Magengrube“

Erhielt Preis auf der Diagonale und wurde vom BKA gefördert: Innovative Doku „Sie ist der andere Blick“ (derzeit im Kino)
Scharfe Kritik aus der Branche am neu bestellten Filmbeirat ist für Ministerium „nicht nachvollziehbar“.

Der österreichische Film hat international einen starken Namen, allerdings nicht, wie manche vielleicht irrtümlicherweise meinen, nur im Bereich des Spielfilms. Noch viel weiter als bis zu den traditionell großen Autorennamen wie Michael Haneke und Ulrich Seidl reicht die Erfolgskurve des österreichischen Experimentalfilms zurück. Persönlichkeiten wie Peter Kubelka, Kurt Kren oder Valie Export zu Peter Tscherkassky und Martin Arnold begründeten und bestärken seit den 50er-Jahren eine weltweit renommierte Traditionslinie, die sich bis heute in den Bereich des experimentellen Kinos verlängert.

Die sogenannte „kleine Filmförderung“ im Bundeskanzleramt ist für diesen innovativen Filmbereich zuständig und verfügt über ein Budget von 2,2 Millionen Euro. Sie ist damit essenzielle Stütze in der kontinuierlichen Weiterentwicklung erfolgreicher Filmförderung.

Genau diese Kontinuität sehen nun Vertreter der Filmbranche gefährdet. Kulturminister Gernot Blümel (ÖVP) hat – nach langer Zeitverzögerung – neue Beiratsmitglieder bestellt. Seine Liste sorgte innerhalb der Filmszene für Kritik, weil die Kandidaten kaum bis keine Kompetenz im Bereich des innovativen Kinos vorweisen könnten.

Der neu berufene Oliver Auspitz beispielsweise profilierte sich als erfolgreicher TV-Produzent mit Serien wie „Vorstadtweiber“ und produzierte den TV-Dreiteiler „Maximilian“, laut Eigenaussage der österreichische Lieblingsfilm Blümels. (Eine Anfrage des KURIER zu seiner Bestellung wies Auspitz mit „kein Kommentar“ ab.) Weiters zählen zu den Neuberufungen der Produzent Alexander Glehr und Schauspieler und Regisseur Hannes Fretzer.

Brigitta Burger-Utzer von Sixpackfilm sieht in diesen Berufungen die Aufgabe des Beirats gefährdet, den innovativen Film zu fördern, weil „die neuen Mitglieder eher für den kommerziellen Spielfilm aufgestellt sind.“ Zur Bestellung sagt sie: „Wenn eine erklärte Absicht dahintersteht, dann richtet sie sich gegen die im Ausland sehr erfolgreiche österreichische Filmkunstszene. Dann ist es ein Schlag in die Magengrube.“ Auch Barbara Pichler, Ex-Diagonale-Chefin und Produzentin der KGP-Filmproduktion, bezweifelt die fachliche Ausgewogenheit des Beirats, „die derzeit vor allem im experimentellen Bereich“ nicht gegeben sei.

Offener Brief

Gemeinsam mit Burger-Utzer, Regisseurin Katharina Mückstein, Doku-Filmemacher Sebastian Brameshuber und zahlreichen anderen Branchenmitgliedern wurde die Plattform IG Filmkultur ins Leben gerufen. In deren Rahmen wurde ein offener Brief an den Kulturminister verfasst und die Forderung erhoben, die Berufung zu überdenken.

Doch das Büro Blümel weist dieses Ansinnen zurück. Auf KURIER-Nachfrage bezeichnete man die Kritik an den neuen Beiräten als „absolut unverständlich und nicht nachvollziehbar“. Es handle sich um „erfahrene, qualifizierte und engagierte Persönlichkeiten“.

Im Falle von Hannes Fretzer etwa wies man darauf hin, dass dieser vor allem seine Erfahrungen mit „ Low-Budget-Produktionen“ einbringen könne.

Einer der neu in den Beirat Berufenen, der Filmproduzent Alexander Glehr, sagt gegenüber dem KURIER, dass seine Expertise von den vielfältigen Förderzielen im Experimentalbereich „am geringsten ist, doch Kompetenz kann man generieren.“ Zu den anderen neuen Mitgliedern könne er sich nicht äußern. Seiner Ansicht nach lenke die Beiratsdiskussion davon ab, dass die Filmförderung „katastrophal unterdotiert ist“. Er werde sich dafür einsetzen, dass man sie erhöhe.

Kommentare