Vorarlberger Kulturszene kritisiert unkonkrete Ankündigungen

VORARLBERG: BREGENZER FESTSPIELE 2017 / "CARMEN"-BÜHNENBILD AUF DER SEEBÜHNE
IG-Kultur-Geschäftsführerin Steinbock zeigt sich "äußerst irritiert" von den Öffnungsplänen. Auch Theater Kosmos und Symphonieorchester ratlos.

Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) konnte am Dienstag noch keine Details zum Kultur-Neustart in seinem Bundesland am 15. März nennen. Nach der Grundsatzeinigung am Montag brauche man dafür nun "zwei, drei Tage Zeit", sagte er nach der Sitzung der Landesregierung. Die Öffnung des Kulturbereichs habe für Vorarlberg "größte Bedeutung", widersprach Wallner, dass es vorrangig um die Gastronomie gehe: "Der Eindruck täuscht."

Wallner unterstrich, dass ab 15. März auch Indoor-Veranstaltungen wieder möglich sein sollen. Die Größenordnungen seien aber noch völlig unklar. Mit Sicherheit werde es aber Zutrittstests geben. Wie diese gestaltet werden, müsse noch ausgearbeitet werden.

IG Kultur: Zu geringer Planungshorizont

Die IG Kultur Vorarlberg fühlt sich angesichts der Ankündigunen "äußerst irritiert". Für einen soliden Planungshorizont fehlten die notwendigen Details, kritisierte IG-Geschäftsführerin Mirjam Steinbock gegenüber der APA. Ratlos zeigte man sich seitens des Symphonieorchesters Vorarlberg und des Theater Kosmos.

Im Zuge der Neuöffnung von "ein bisschen Musik und ein bisschen Kultur" (Landeshauptmann Markus Wallner) zu sprechen, werde der permanenten Arbeit der Vorarlberger Kulturszene bei weitem nicht gerecht, so Steinbock. Die Informationen seien viel zu rudimentär, um daraus etwas Konkretes ableiten zu können. "Bis die politisch Verantwortlichen die Details ausgearbeitet haben, bleiben uns in diesem Fall vielleicht noch sieben Tage Zeit zur Umsetzung. Das ist viel zu knapp, so kann man vielleicht Politik machen, Kunst und Kultur aber nicht", stellte Steinbock fest. Gesundheitspolitisch vertretbare Veranstaltungskonzepte lägen vor, "wir haben unsere Hausaufgaben gemacht", betonte die IG-Geschäftsführerin.

Symphonieorchester: Keine verfrühte Jubelstimmung

Der Geschäftsführer des Symphonieorchesters Vorarlberg, Sebastian Hazod, sprach angesichts der angekündigten "Modellregion Vorarlberg" mit Öffnungsschritten für die Kultur von einem "sehr schönen Zeichen", wollte aber nicht verfrüht in Jubelstimmung ausbrechen. "Weder im Land noch im Bund weiß man, was das konkret bedeutet", stellte Hazod auf APA-Anfrage fest. Für das Symphonieorchester werde relevant sein, unter welchen Voraussetzungen Konzerte möglich werden oder nicht.

Ab einer gewissen Besucher-Reduktion seien die Veranstaltungen nicht mehr wirtschaftlich. Somit könnten erste Schritte "vielleicht nicht weitreichend genug sein, um tatsächlich spielen zu können". Hazod hoffte, dass zumindest ab April/Mai wieder Konzertveranstaltungen durchgeführt werden können, "das ist die interne Annahme".

Theater Kosmos: "Haben bestimmte Vorlaufzeit"

Gegenüber der Neuen Vorarlberger Tageszeitung reagierte der Co-Leiter des Theater Kosmos, Augustin Jagg, verhalten. Ob Theaterhäuser unter die angekündigten Öffnungsschritte fallen, sei ebenso unklar wie die Frage, ob ab 15. März auch am Abend gespielt werden könne. Genaue Angaben zu Eintrittstests, erlaubten Zuschauerzahlen und Hygienebestimmungen würden außerdem fehlen. Die Theaterhäuser seien überhaupt nicht erwähnt worden, was den Bregenzer irritiert. Von Planungssicherheit fehle weiterhin jede Spur. "Wir haben eine bestimmte Vorlaufzeit, wir müssen zum Beispiel Proben für die aktuelle Produktion organisieren und die Schauspieler informieren", so Jagg.

Nicht nur "Schlüsselumdrehen"

Fraglich sei etwa, für welches Zielpublikum die Kulturöffnung gelte: "Getestet, geimpft und mit Abstand? Lediglich Kinder und Jugendliche in Kulturveranstaltungen?", fragte IG-Kultur-Chefin Steinbock. Die Unklarheit betreffe auch viele rechtliche und organisatorische Fragen. "Selbst bei der kleinsten Kulturinitiative steckt ein Riesenapparat dahinter, bevor die Künstler die Bühne betreten. Das ist nicht lediglich ein Schlüsselumdrehen, damit verkennt man die Arbeitsabläufe in der Kultur total", so Steinbock.

Zwar habe Bundeskanzler Sebastian Kurz davon gesprochen, dass Österreich ein Tourismus- und Kulturland sei und ein großer Teil der Wertschöpfung an diesen Branchen hänge. "Gemessen an der Berücksichtigung des Kultursektors während der Pandemie ist das jedoch nichts weiter als ein Feigenblatt", bemängelte Steinbock. Da müssten schon weitreichendere Maßnahmen und Schritte kommen. "So wird die Kulturnation jedenfalls eher niedergebügelt als wieder hochgefahren", fand die Interessensvertreterin.

Auch bei Landeshauptmann Wallner vermisste sie den Willen, ein vielfältiges Kulturleben zu erhalten. Die Vorarlberger Kulturszene sei schon im Jahresbudget 2021 mit fehlenden Investitionen und Kürzungen im Förderwesen abgestraft worden. Den von Wallner kommunizierten Mut könne man angesichts der aktuellen Ankündigungen jedenfalls nicht bestätigen. "All die zukunftsorientierten Konzepte der Kultureinrichtungen und die permanenten Vorschläge zum Neustart zu ignorieren und sich nun mit diesen vagen, sehr unkonkreten Aussagen selbst als mutig zu bezeichnen, ist schon verwegen", so Steinbock.

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