Kontinent Oberhuber: Ein Schlaraffenland der Ideen
„Er war immer vorhanden“, sagte Belvedere-Chefin Agnes Husslein, als sie am Dienstag vor Journalisten, Sammlern und dem Künstler selbst zu einer ungewohnt persönlichen Dankesrede auf Oswald Oberhuber anhob.
Dass aber im ständigen Jonglieren mit Ideen, im Ausprobieren und Verwerfen nicht nur immense Vitalität, sondern auch Konsequenz steckt, macht die lustvoll arrangierte Schau, die nun bis 26. 6. im 21er Haus zu sehen ist, deutlich. In einer raffinierten Architektur aus ineinander verschränkten Rahmen, Stellwänden und Vitrinen lassen sich hier die vielen Facetten von Oberhubers künstlerischem Tun aus mehr als 60 Jahren vergleichen.
Auf Augenhöhe
Gerade das frühe Werk der 1940er und 1950er, das sonst in Museen nur spärlich präsentiert wird, verblüfft: Mit Gemälden aus Farbspritzern oder mit Arrangements aus gefundenen Materialien schuf Oberhuber durchaus ähnliche Werke wie jene, die US-Größen wie Jackson Pollock, Claes Oldenburg oder Robert Rauschenberg zu Ruhm verhalfen.
Auch spätere Arbeiten reißen Ideen an, auf denen andere Künstler ganze Karrieren aufbauten: Man denkt bei Oberhubers Skulpturen aus Pappe und Draht an Isa Genzken, bei seinem Baumstammobjekt „Hochzeitsschleier“ (1952) an Berlinde de Bruyckere, die Ähnliches – nur größer – bei der Biennale Venedig 2013 zeigte.
Es geht aber nicht darum, festzunageln, wer wann wen inspirierte: Vektoren der Inspiration zeigen oft in beide Richtungen, ähnliche Ideen tauchen in der Kunst durchaus mehrfach auf.
Die Schau im 21er Haus ist nun aber mehr als eine späte Würdigung eines Übergangenen: Sie feiert Kunst als einen ungewohnten, nicht-verfestigten geistigen Aggregatszustand, der sich in Bildern und Objekten ablagern kann, aber auch bloß als rasch formulierte Idee oder als bloße Inspiration für Andere Bestand und Berechtigung haben kann. Oberhubers Werk als Künstler, aber auch als Lehrer und Kurator zehrt von dieser Quelle.
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