Unis reichen Beschwerde gegen Besetzung des ORF-Stiftungsrats ein

Der Sitzungssaal des ORF Stiftungsrats.
Gertrude Aubauer und Beatrix Karl hätten aufgrund Parteinähe nicht in ORF-Gremien entsendet werden dürfen. Medienministerium nimmt Beschwerde zur Kenntnis.

Zusammenfassung

  • Die Universitätenkonferenz hat bei der KommAustria eine Beschwerde gegen eine ihrer Ansicht nach falschen Besetzung des ORF-Stiftungsrats eingebracht.
  • Gertrude Aubauer und Beatrix Karl waren aufgrund ihrer politischen Nähe unzulässig im Publikumsrat, von wo Mitglieder in den Stiftungsrat entsandt wurden.
  • Beide haben sich bereits wieder zurückgezogen und uniko kritisiert die mangelnde parteipolitische Unabhängigkeit des Vorgangs.

Die Universitätenkonferenz (uniko) hat bei der Unabhängigen Medienbehörde KommAustria eine Beschwerde gegen die Zusammensetzung des ORF-Stiftungsrats eingebracht.

Als Grund wird eine falsche Besetzung des Publikumsrats bei dessen Entsendung von Mitgliedern in den Stiftungsrat genannt. Mit Gertrude Aubauer und Beatrix Karl hätten Publikumsrätinnen mitgestimmt, die aufgrund ihrer Parteinähe gar nicht in dieses Gremium hätten entsendet werden dürfen.

Sowohl Aubauer als auch Karl bekleiden Funktionen in ÖVP-Teilorganisationen. Das ORF-Gesetz schließt jedoch Personen mit politischen Funktionen für die ORF-Gremien aus. Karl war dabei von der Regierung für den Hochschulbereich bestellt worden.

Gremium bereits nachbesetzt

Mittlerweile haben sich beide "aus persönlichen Gründen" aus dem Publikumsrat zurückgezogen und wurden bereits nachbesetzt. "Aber wir können das Faktum nicht ändern, dass damit der Publikumsrat falsch besetzt war - er war alles andere als parteipolitisch unabhängig", meinte uniko-Präsidentin Brigitte Hütter bei einer Pressekonferenz am Montagabend.

Dabei gehe es darum, wer für den tertiären Sektor stehe. "Wir wollen feststellen lassen, dass ein Vorgang stattgefunden hat, der für uns nicht hinnehmbar ist."

Damit setzen die Universitäten einen Schritt, vor dem die FPÖ-Vertreter  bei der konstituierenden Sitzung des Stiftungsrates gewarnt und deren Vertagung beantragt hatten - was abgelehnt worden war. Mit dieser Vorgangsweise "gibt es das Damoklesschwert, dass jeder Beschluss des Stiftungsrates jedenfalls bekämpfbar, möglicherweise sogar nichtig ist", hatte der blaue Stiftungsrat und Uni-Professor Christoph Urtz am Rande der Sitzung erklärt.

Rechtliches Neuland

Bemerkenswert daran ist: Nach dem Rückzug von Beatrix Karl und der erfolgten Nachbesetzung für den Hochschulbereich im Publikumsrat ist die uniko nun doch vertreten: Markus Fallenböck war einer der Genannten auf dem ungereihten Dreier-Vorschlag. Er ist aktuell Vizerektor für Personal und Digitalisierung sowie Universitätsprofessor für Technologie- und Innovationsrecht an der Universität Graz. Er kennt die Medienbranche auch von der Managerseite, u. a. von der Styria Media Group und der VGN Medien Holding. Auch für Gertrude Aubauer gibt es mit Ex-Werbeagentur-Chef Heinz Kurt Becker bereits Ersatz.

Juristisch wird mit der uniko-Beschwerde Neuland betreten. Welche Konsequenzen es geben könnte, so Hans Peter Lehofer in einem Blog-Beitrag, darauf "gibt es derzeit nur eine ehrliche Antwort: wir wissen es nicht. Das ORF-Gesetz regelt diesen Fall nicht ausdrücklich, und es gibt auch keine Rechtsprechung dazu." Denkbar sei vieles, meint der Rundfunkrechts-Experte und Senatspräsident des Verwaltungsgerichtshofs. Durchaus möglich, dass der Fall einmal beim Verfassungsgerichtshof landet, der in den vergangenen Jahren für einige medienpolitische Weichenstellungen gesorgt hat.

Vieles ungewiss

Die Unwägbarkeiten beginnen allerdings schon bei der behaupteten Unvereinbarkeit - sowohl Aubauer als auch Karl sind aus persönlichen Gründen aus dem Publikumsrat ausgeschieden, eine Unvereinbarkeit wurde demnach nie festgestellt. Aubauer wurde zwar in den Stiftungsrat entsandt, war bei dessen konstituierender Sitzung samt Beschlüssen jedoch bereits nicht mehr dabei. Ihr Sitz blieb frei. Aubauer hatte in ihrer Stellungnahme gegenüber dem KURIER zudem darauf hingewiesen, dass sie „gewissenhaft bei Juristen recherchiert“ habe und aus ihrer Funktion bei den ÖVP Senioren "auch sachlich keine leitende Funktion ableitbar“ sei. Die wäre Voraussetzung für eine etwaige Unvereinbarkeit.

Die Entsendungen aus dem Publikumsrat ins oberste ORF-Aufsichtsgremium wurden zudem mit großen Mehrheit und ohne Gegenstimmen beschlossen. Das Votum von Aubauer und Karl war also für die Entscheidungsfindung nicht maßgeblich. Das ist jedenfalls gesellschaftsrechtlich relevant.

Die uniko verfolgt in ihrer Beschwerde, die noch nicht veröffentlicht ist, einen grundsätzlicheren Ansatz. 

Zweifel ausräumen

Hütter meint nun in der Presseaussendung: „Die Regierung wäre gut beraten, alle Zweifel an der Legitimität der ORF-Spitzengremien auszuräumen.“ Das könnte man auch damit erledigen, dass man in den ORF-Gremien eine "Ehrenrunde" dreht und alle wesentliche Beschlüsse wiederholt.  

Was die uniko vor allem verärgert und was auch schon Lehofer mehrfach kritisiert hat war, dass deren Vorschläge aus parteipolitischer Taktik (der ÖVP) zunächst erneut ignoriert wurden: "Die Regierung hat erst infolge des Unvereinbarkeitsproblems auf den Dreiervorschlag der uniko zurückgegriffen", so die uniko-Präsidentin.

Formell zuständig für die Entsendungen der Bundesregierung ist das Medienministerium unter Andreas Babler (SPÖ). Dort hieß es auf Nachfrage: "Wir nehmen die Beschwerde der Universitätenkonferenz zur Kenntnis."

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