Daher sei es jetzt ganz besonders wichtig, die Zahl jener Filme zu erhöhen, „die man gesehen haben ,muss‘. Und da sind internationale Erfolgsmeldungen natürlich sehr hilfreich.“
Tatsächlich beklagt die heimische Kinobranche einen Besucherschwund zwischen 20 und 30 Prozent im Vergleich zu den Vor-Corona-Zeiten, die übrigens ganz besonders gut waren: „Das Kinojahr 2019 war das beste weltweit“, bekräftigt Christof Papousek, Geschäftsführer der marktführenden Cineplexx-Kinokette: „Derzeit liegen unsere Besucherzahlen etwa um 25 bis 26 Prozent hinter dem Jahr 2019. Wenn man allerdings den Zeitraum von April bis Ende September dieses Jahres mit den Zahlen von 2019 vergleicht, fehlen uns nur 17 Prozent gegenüber damals. Das ist schon wichtig dazuzusagen.“
Trotzdem muss auch Papousek zugeben: „Der Erfolg der mittleren und kleineren Filmprodukte ist noch nicht zurückgekommen. Das liegt daran, dass auch die Zielgruppe im älteren Publikumssegment noch nicht zurück ist.“
Gründe dafür lassen sich etwa in der größeren Vorsicht finden, die dieses „ältere“ Publikum im Zeichen der Pandemie walten lässt. Zahlreiche Streaming-Angebote zu Hause und zeitaufwendige Serien sind für das Kino natürlich auch starke Konkurrenz.
Gerald Knell, Betriebsleiter von Filmcasino und Polyfilmverleih, kann auf ein treues, oft auch junges Publikum zählen, für das er gezielt spezifisches Programm – wie „Anime“-Reihen, Musikfilme und dergleichen – macht, beziehungsweise Events rund um einen Film organisiert; eine Strategie, die allgemein sehr gut angenommen wird. Aber auch er weiß: „Die Gruppe 50 + ist schwerer abzuholen. Ohnehin lässt sich beobachten, dass wir uns alle ein bisschen auf das häusliche Leben umgestellt und ,verlernt‘ haben, auszugehen. Da muss man erst wieder ,hineinkommen‘“.
Ähnliche Beobachtungen im Bereich des schwächelnden Arthouse-Sektors macht auch Michael Stejskal. Große Filme wie „Top Gun: Maverick“ oder Marvel-Blockbuster fahren gute Besucherzahlen ein und drücken die Gesamtstatistik nach oben. Doch das Problem beginnt beispielsweise bei den „Crossover“-Produktionen: Dazu zählt Stejskal Arthouse-Filme, die auch in anspruchsvollen Multiplex-Kinos gut laufen. Ein typisches Beispiel dafür wäre Emma Thompsons Besuch vom Callboy in „Meine Stunden mit Leo“: „Das sind die Brotfilme für den Arthouse-Sektor“, so Stejskal: „Von denen gibt es in der Wahrnehmung derzeit viel weniger. Besonders sogenannte Mittelprodukte und anspruchsvolle Filme leiden stärker an Besucherschwund.“
„Anspruchsvoll“ ist derzeit ohnehin ein schwieriges Wort: Zwischen Corona, Krieg, Energiekrise und Klimakatastrophe ist das Publikum weniger bereit, sich auf schwierigere Stoffe einzulassen: „Alle Filme, die fordernder sind, haben es derzeit nochmals schwerer“, sagt Knell: „Eskapismus ist höher im Kurs denn je.“
Dem Winter und den damit verbundenen explodierenden Energiekosten blicken alle Kinobetreiber mit Sorgen entgegen. Derzeit hat man sich auf eine Saaltemperatur von 21,5 Grad in den Kinos geeinigt: „Es wird viel von Preisentwicklungen und Stimmungslagen abhängen, ob Leute wieder gerne ausgehen“, sagt Christof Papousek: „Aber es gibt keinen Grund, nicht positiv in die Zukunft zu schauen.“
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