Kärntner Theater: "Genug politische Brisanz"

Kärntner Theater: "Genug politische Brisanz"
Florian Scholz, neuer Chef des Stadttheaters Klagenfurt, eröffnet seine erste Saison. Kärnten ist für ihn nicht chaotischer als Wien.

Seine Bewerbung, meinte Fachjury-Vorsitzender Ioan Holender sei "eine der dünnsten gewesen". Er habe eben nie versucht, "mehr aus sich zu machen, als er tatsächlich kann".

Florian Scholz reagiert, erstmals mit diesem Statement konfrontiert, amüsiert-irritiert. Der neue Intendant des Stadttheater Klagenfurt hat seinen Fünfjahresplan – so lange dauert fürs Erste sein Vertrag – nämlich schon fix im Kopf:

"Ich möchte, dass Klagenfurt ans internationale Theatergeschehen andockt."

Keine SPÖ-Stimmen

Starke Worte, die ein ebenso starker Spielplan untermauern soll.

Scholz, der sich gegen 90 Mitbewerber durchsetzte und schließlich im Theaterausschuss mit sieben von zehn Stimmen (keine Zustimmung der SPÖ) gewählt wurde, nennt Klagenfurt seine "Liebe auf den ersten Blick". Ein "Bündnis mit der Kärntner Bevölkerung und seinen Zuschauern" wolle er als Theatermacher eingehen.

Wie aber macht man Theater in einem Bundesland, in dem nicht nur die Sonne für immer untergegangen ist, sondern das beinah täglich durch einen Politik-Skandal auf"scheuch"t?

Scholz denkt lange über diese Frage nach. "Ich schaue gerade aufs Landesgericht, während wir telefonieren", sagt er. Und: "Der Kärntner Alltag besteht nicht nur aus Skandalen. In Wien wird thematisiert, wie chaotisch hier alles sein soll. Dieser Fokus könnte auch ein Ablenkungsmanöver von größeren Zusammenhängen sein. Ich finde nicht, dass die Verhältnisse hier mehr in Unruhe sind als andernorts."

 

Jelinek und Haderlap

Was er diesbezüglich zu sagen habe, soll sein Spielplan übernehmen. "Die Stücke entpuppen genug politische Brisanz." Etwa die Eröffnungspremiere "Der Freischütz" (13. 9.) – "das Sinnbild einer Gemeinschaft, die sich in der Krise neu strukturieren muss." Oder "Winterreise" von Elfriede Jelinek (23. 9.). Die darin enthaltene Beschäftigung der Literaturnobelpreisträgerin mit der Hypo Alpe Adria "sei ja wohl selbsterklärend".

Auch Kärntens kritische Stimme, Bachmann-Preisträgerin Maja Haderlap, holt Scholz zurück ans Haus. Unter Vorvorgänger Dietmar Pflegerl war sie Chefdramaturgin. Nun hat sie die "Carte blanche" für ein erstes Projekt; f ür nächste Saison hofft Scholz, sie zu einem Auftragswerk überreden zu können.

19,6 Millionen Euro Subvention stehen Scholz zur Verfügung. Zehn fixe Ensemblemitglieder hat er engagiert. Noch zugesagt von FPK-Landesrat Harald Dobernig, "mit dem die Zusammenarbeit immer einwandfrei lief". Dessen ÖVP-Nachfolger Wolfgang Waldner kennt Scholz noch nicht.

"Aber ich bin zuversichtlich, dass man mit einem Mann, der das Wiener MuseumsQuartier leitete, gut auskommen kann."

Dobernig ließ Waldner kürzlich ausrichten, er möge sich endlich in seinen neuen Job einarbeiten. Kultur in Kärnten bleibt spannend.

Zur Person: Ein Impresario für alle

Anfänge: Florian Scholz, geboren 1970 in Heidelberg, wurde an der Berliner "Ernst Busch"-Schule als Schauspieler ausgebildet. Er trat u. a. am Gorki Theater und an der Schaubühne auf. Zuletzt war er an der Bayerischen Staatsoper unter Nikolaus Bachler für internationale Projekte und Sonderprojekte zuständig.

Zukunft: Scholz nennt Bachler sein großes Vorbild. Wie er will er "Impresario" sein und nicht – wie seine Vorgänger Pflegerl und Köpplinger – selbst inszenieren: "Emotionen sollen auf der Bühne stattfinden, hinter den Kulissen bin ich für Ruhe zuständig." Mit Bachler gibt es ab 25. 10. die Koproduktion "Das schlaue Füchslein".

www.stadttheater-klagenfurt.at

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