Hellen van Meene: Jugend jenseits der Lieblichkeit

Hellen van Meene: Jugend jenseits der Lieblichkeit
Die Galerie OstLicht zeigt zeitlose Fotos eines flüchtigen Lebensabschnitts.

"Alte Männer oder alte Frauen", sagt Hellen van Meene, "erzählen Geschichten, die in der Vergangenheit liegen. Junge Menschen haben noch so viele Optionen offen."

Es ist der Reiz des Unbestimmten, der die niederländische Fotografin dazu bewog, sich auf das Abbilden von Kindern und Jugendlichen - vor allem Mädchen, vereinzelt auch Buben - zu spezialisieren. Wobei die Aufnahmen, die mal in Europa, mal in Asien, mal in Amerika entstehen, alles andere als Schnappschüsse sind, wie die aktuelle Schau "Portraits" in der Wiener Galerie Ostlicht (bis 9.6.) zeigt: Van Meene kleidet ihre Modelle in Gewänder, die teils aus dem Fundus ihrer eigenen Großmutter stammen ("Ich möchte damit eine zeitlose Qualität erreichen"); Sie bespricht mit den jungen Leuten, wie sie sich fotografieren lassen wollen, und gelangt dabei oft zu seltsamen Posen: Mal steckt der Kopf in einem Drahtkorb, mal unter den Pölstern eines Sofas; mal fliegt das Haar, mal wird es in eine Wasserschüssel getaucht.

"Fotografie als Bühne" lautet das Schlagwort; 2009 veranstaltete die Kunsthalle Wien eine Porträt-Schau mit eben diesem Untertitel, bei der auch van Meenes Bilder zu sehen waren. Der mittlerweile abgetretene Kunsthallen-Chef Gerald Matt gestaltete daran anschließend nun die aktuelle Schau bei Ostlicht; es ist sein erster größerer Auftritt als Kurator in Wien seit seiner Ablöse.

Impressionen der Ausstellung

Hellen van Meene: Jugend jenseits der Lieblichkeit

Hellen van Meene: Jugend jenseits der Lieblichkeit

Hellen van Meene: Jugend jenseits der Lieblichkeit

Hellen van Meene: Jugend jenseits der Lieblichkeit

Hellen van Meene: Jugend jenseits der Lieblichkeit

Hellen van Meene: Jugend jenseits der Lieblichkeit

Hellen van Meene: Jugend jenseits der Lieblichkeit

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Hellen van Meene: Jugend jenseits der Lieblichkeit

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Hellen van Meene: Jugend jenseits der Lieblichkeit

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Hellen van Meene: Jugend jenseits der Lieblichkeit

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Auch wenn van Meene sehr genaue Vorstellungen von der Komposition, der Ausleuchtung und dem Format ihrer Bilder hat, beteuert sie, ohne viel intellektuelles Rüstzeug an ihre Arbeit heranzugehen: Anders als viele Künstler zitiert sie nicht bewusst historische Vorbilder und lässt ihren Inszenierungen keine lange Recherche vorangehen. Um so verblüffender ist es, dass sich aus den Gesichtsausdrücken, den Gewändern und Posen allerhand Anknüpfungspunkte an historische Kunst ergeben: Das Bild des blonden Mädchens mit den zittrigen Locken, das van Meene 2008 in St. Petersburg aufnahm, könnte einem Infantinnen-Porträt von Diego Velázquez (1599 - 1660) nachempfunden sein; Die Assoziation zu den geheimnisvollen Bildern von Jan Vermeer (1632 - 1675) drängt sich in der Schau gleich bei mehreren Bildern auf: Gern fotografiert van Meene versonnen blickende Mädchen im Licht, das durch ein Fenster einfällt.

Eine Beobachtung, die van Meene bei alter Kunst machte, war, wie häufig Mädchen gemeinsam mit Hunden abgebildet wurden. Auf dieser Parallele baut ihre 2012 entstandene Serie "Dogs and Girls" auf, die in der Schau breiten Raum einnimmt. Die Tiere überragen dabei manchmal ihre menschlichen Gegenüber an Größe und Selbstbewusstsein, sie wetteifern mit ihnen um Aufmerksamkeit. In Summe schlagen die Bilder einen Ton der Emanzipation an: Hunde müssen keine Schoßhündchen, Mädchen keine lieblich-schwachen Geschöpfe mehr sein.

Info: Hellen van Meene, Portraits. Bis 9.6., Ostlicht, Galerie für Fotografie, Absberggasse 27, 1100 Wien (ehem. Ankerbrotfabrik).
Öffnungszeiten Mi-Sa 12 - 18 Uhr. Die meisten gezeigten Bilder sind käuflich, Preise je nach Format 4.400 - 6.600 Euro.
www.ostlicht.at

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